Die Unvergänglichen: Thriller (German Edition)
Möbelstück, das man ausrangiert hatte.
»Ich fühle mich nicht jünger«, sagte Xander und schlug die rot umrandeten Augen auf.
»Das hatte ich auch nicht erwartet. Wenn überhaupt, müssten Sie sich aufgrund der ganzen Energie eher schlechter fühlen. Außerdem ist es gerade mal zwei Tage her. Die genetischen Veränderungen, von denen wir sprechen, brauchen ihre Zeit.«
Richard ging zu einem Arzneischrank, der wie ein Kleiderschrank aussah, und holte eine Spritze heraus. »Fühlen Sie sich erschöpfter als sonst?«
»Was zum Teufel reden Sie denn da?«, erwiderte Xander, aber seine Stimme klang nicht mehr so kraftvoll wie noch vor einerWoche. Es konnte jetzt nicht mehr lange dauern … einen Tag, einen Monat. Und Richard bezweifelte nicht, dass der gerissene Bastard hinsichtlich der Befehle, die er hinterlassen würde, die Wahrheit gesagt hatte.
»Was ist mit ungewöhnlichen Gelenkschmerzen?«, erkundigte sich Richard. »Die hätte ich erwartet.«
Xander dachte nach. »Meine Knie haben mich die halbe Nacht wachgehalten. Und mein Rücken …«
Richard nickte. Das war etwas, das er bei der Arbeit mit Krebspatienten gelernt hatte: Die Verzweiflung bewirkte, dass die Menschen äußerst empfänglich auf Suggestionen reagierten.
»Was ist das?«, wollte Xander wissen und deutete auf die Nadel.
»Ich werde Ihnen nur ein wenig Blut abnehmen.«
»Warum?«
Eigentlich war er nur besorgt, dass ihm Xander den Zugang zum Labor verweigern würde, und das wollte er verhindern. Noch brauchte er es.
»Ich will nach beschleunigter Zellerneuerung und hormonellen Veränderungen suchen – nach allem, was darauf hinweist, dass der Alterungsprozess umgekehrt wird und mir einen Hinweis darauf geben kann, wie lange es dauern wird. Aufgrund Ihres körperlichen Zustands wäre es hilfreich, wenn wir den Prozess und alle Probleme, die er bei Ihnen verursachen könnte, besser verstehen.«
Xander starrte ihn an, während er nach einer Vene suchte. »Wie geht es Ihrer Tochter?«
Mit dieser Frage hatte er bereits gerechnet. Er war überrascht, dass sie nicht schon früher gekommen war. »Sie ist krank.«
»Wird sie sterben?«
Die offenen Worte waren anscheinend gewählt worden, um Richard aus der Reserve zu locken, aber so leicht ließ er sich nicht aufs Glatteis führen. »Eines Tages, Andreas.
Genau wie wir alle.«
65
Irgendwo im Staat New York
27. Mai
Richard tat so, als würde er Xanders Blutprobe unter dem Mikroskop untersuchen, aber eigentlich sah er aus dem Augenwinkel auf die Uhr. Es war wenige Sekunden nach zwölf, und wenn Carly eines war, dann war sie pünktlich. Sie hatte schon Ewigkeiten damit verbracht, an der Tür zu stehen und darauf zu warten, dass Susie und er sich die Schuhe anzogen, ihr Portemonnaie fanden, Videospiele oder Buchkapitel beendeten oder die letzten Zeilen einer E-Mail schrieben.
Eine Minute nach zwölf kam sie schließlich durch die Tür und hatte sein Mittagessen auf einem Tablett dabei. Roastbeefsandwiches und Pommes frites, wenn er sich korrekt an den Speiseplan erinnerte, der neben der Küche hing.
Sie sah an diesem Tag besonders gut aus – ihr dunkles Haar fiel ihr in die Stirn, und sie trug die makellos weiße Kochjacke und eine Wollhose. Eigentlich sah sie so aus wie immer, wenn sie arbeitete, aber da ihm bewusst war, dass dies der letzte Tag sein konnte, den sie zusammen verbrachten, wurde alles, was er an ihr liebte, nur noch verstärkt.
Sie stellte das Tablett auf eine Sperrholztischplatte und gab ihm wie immer einen schnellen Kuss. Doch heute schob er die Arme unter ihre offen stehende Jacke, zog sie an sich heran und küsste sie erneut, während er ihr eine kleine Phiole in die Hosentasche steckte.
»Was ist das?«, flüsterte sie, als sich ihre Lippen voneinander lösten.
»Tu das heute Abend ins Essen. Aber sei vorsichtig. Zieh Gummihandschuhe an und wirf sie danach weg.«
Sie hatten nicht über die Einzelheiten des Plans gesprochen, da es aufgrund der verschärften Sicherheit zu riskant gewesen war. Er war sich nicht einmal sicher, ob sie nicht sogar in diesem Moment abgehört wurden, und wollte sich ihr entziehen.
»Das ist alles?«, meinte sie, hielt ihn fest und warf einen nervösen Blick zu einer der Überwachungskameras hinauf. »Du willst sie vergiften?«
»Carly …«, ermahnte er sie und versuchte erneut, sie loszulassen, aber sie hielt ihn fest.
»Glaubst du nicht, ich hätte darüber nachgedacht, wenn ich den ganzen Tag rumstehe und ihr Essen koche?
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