Die Unvollendete: Roman (German Edition)
Dank an Pammy – Wunderbar! Wie ein Paket vom Roten Kreuz – und stellte sie neben Sylvies Uhr auf den Kaminsims. Neben Teddys Foto. Teddy und seine Halifax-Besatzung, aufgenommen an einem sonnigen Nachmittag. Sie saßen lässig auf einer Ansammlung alter Stühle. Für immer jung. Der Hund, Lucky, stand stolz wie eine Galionsfigur auf Teddys Knie. Wie schön es wäre, wenn sie Lucky noch hätte. Sie hatte auch Teddys militärische Auszeichnung, sie lehnte am Fotorahmen. Ursula hatte ebenfalls einen Orden, aber er bedeutete ihr nichts.
Sie wollte die Postkarte morgen zur Nachmittagspost legen. Wahrscheinlich würde es ewig dauern, bis sie in Fox Corner ankäme.
Fünf Uhr. Sie stellte den Teller in die Spüle zu dem anderen ungewaschenen Geschirr. Die graue Asche war jetzt ein Schneesturm am dunklen Himmel, und sie wollte den dünnen Baumwollvorhang zuziehen, damit sie ihn nicht sehen musste. Der Vorhang hakte hoffnungslos auf dem Draht, und sie gab auf, bevor sie die ganze Vorrichtung herunterriss. Das Fenster war alt und undicht und ließ einen eisigen Luftzug ins Zimmer.
Der Strom fiel aus, und sie tastete auf dem Kaminsims nach der Kerze. Konnte es noch schlimmer werden? Ursula trug Kerze und Whiskyflasche zum Bett, legte sich im Mantel unter die Decken. Sie war so müde.
Die Flamme des kleinen Feuers im Radiator flackerte bedenklich. Wäre es so schlimm? Wenn mitternachts sich aller Schmerz verlor. Es gab schlimmere Todesarten. Auschwitz, Treblinka. Teddys Halifax, die brennend abstürzte. Die einzige Möglichkeit, die Tränen einzudämmen, war, den Whisky zu trinken. Die gute alte Pammy. Die Flamme im Radiator flackerte und erlosch. Ebenso die Zündflamme. Sie fragte sich, wann das Gas wieder angestellt würde. Ob der Geruch sie wecken würde, ob sie aufstehen und den Ofen anzünden würde. Sie hatte nicht damit gerechnet, wie ein Fuchs in seinem Bau zu erfrieren. Pammy würde die Postkarte finden und wissen, dass sie sich über das Paket gefreut hatte. Ursula schloss die Augen. Sie fühlte sich, als hätte sie seit hundert Jahren und länger nicht geschlafen. Sie war wirklich todmüde.
Es wurde langsam dunkel.
Schnee
11. Februar 1910
W arm, milchig und neu, der Geruch war Sirenengesang für Queenie, die Katze. Streng genommen gehörte Queenie Mrs. Glover, allerdings war sie sich nicht wirklich bewusst, dass sie jemandes Eigentum war. Sie war eine riesige Schildpattkatze und in einer Teppichtasche mit Mrs. Glover angekommen und hatte sich neben dem großen Küchenherd auf ihrem eigenen Windsor-Stuhl häuslich niedergelassen, einer kleineren Version von Mrs. Glovers Windsor-Stuhl. Ihr eigener Stuhl hinderte sie nicht daran, ihre Haare auf jedem anderen verfügbaren Sitzplatz im Haus zu hinterlassen, einschließlich der Betten. Hugh, der kein großer Katzenliebhaber war, beschwerte sich ständig über das »räudige Biest«, das es auf mysteriöse Weise schaffte, seine Haare auf seinen Anzügen zu deponieren.
Bösartiger als die meisten Katzen, schlug sie einfach zu wie ein boxender Hase, wenn man ihr zu nahe kam. Bridget, die Katzen ebenfalls nicht sonderlich mochte, erklärte, die Katze sei von einem Dämon besessen.
Woher kam dieser köstliche neue Duft? Queenie trottete die Treppe hinauf in das große Schlafzimmer. Der Raum wurde von einem kräftigen Feuer erwärmt. Es war ein gutes Zimmer, die dicke, weiche Steppdecke auf dem Bett und das leise Atmen schlafender Personen. Und da – ein perfektes, kleines katzengroßes Bett, bereits angewärmt von einem perfekten, kleinen katzengroßen Kissen. Queenie trat mit den Pfoten auf das weiche Fleisch, plötzlich in ihre Katzenkindheit zurückversetzt. Sie machte es sich bequem, aus ihrer Kehle drang das tiefe Schnurren des Glücks.
Scharfe Nadeln in ihrer weichen Haut weckten sie. Schmerz war etwas Neues, Unangenehmes. Doch dann lag plötzlich etwas auf ihr, ihr Mund war voll von etwas, was ihn verschloss, sie erstickte. Je heftiger sie versuchte zu atmen, umso weniger gelang es ihr. Sie wurde festgehalten, hilflos, keine Luft. Und stürzte ab und fiel wie ein erschossener Vogel.
Queenie hatte sich bereits in einen friedvollen Schlaf geschnurrt, als sie von einem Schrei geweckt wurde. Sie wurde gepackt und durchs Zimmer geschleudert. Knurrend und spuckend verschwand sie zur Tür hinaus, da sie das Gefühl hatte, dass sie diesen Kampf verlieren würde.
Nichts. Schlaff und reglos, der kleine Brustkasten hob und senkte sich nicht. Sylvies Herz
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