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Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Titel: Die Unvollendete: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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Herd schwitze und nicht über einem Bunsenbrenner?«
    »Was hat die Wissenschaft den Menschen schon eingebracht außer bessere Technik, um sich gegenseitig umzubringen?«, sagte Sylvie.
    »Das mit Cambridge ist jammerschade«, sagte Hugh. »Maurice will unbedingt eine Eins, und er ist ein kompletter Trottel.« Um Pamelas Enttäuschung zu mildern, kaufte er ihr ein Raleigh-Fahrrad, und Teddy fragte, was er bekommen würde, wenn er durch eine Prüfung fiele. Hugh lachte und sagte: »Vorsicht, so redet Augustus.«
    »Oh, bitte nicht«, sagte Teddy, dem jede Erwähnung des Buchs hochnotpeinlich war. Die Abenteuer des Augustus fanden zu aller, aber insbesondere zu Teddys Verdruss reißenden Absatz, verkauften sich »wie warme Semmeln« und waren bereits dreimal nachgedruckt worden, laut Izzie, die »einen dicken kleinen Tantiemenscheck« einkassiert hatte und in eine Wohnung am Ovington Square gezogen war. Sie war zudem für eine Zeitung interviewt worden und hatte ihren »Prototyp«, ihren »bezaubernden Rabauken von Neffen« erwähnt.
    »Aber hoffentlich nicht namentlich «, sagte Teddy. Er bekam von Izzie ein Versöhnungsgeschenk in Form eines neuen Hundes. Trixie war ein paar Wochen zuvor gestorben, und seitdem trauerte Teddy. Der neue Hund war ein Westie wie Augustus’ Hund – keine Rasse, für die sie sich selbst entschieden hätten. Er war von Izzie bereits getauft worden – Jock natürlich, der Name, der auf das Schildchen an seinem teuren Halsband graviert war.
    Sylvie schlug vor, ihn in Pilot umzubenennen. »So hieß Charlotte Brontës Hund«, erklärte sie Ursula. (»Eines Tages«, sagte Ursula zu Pamela, »werde ich mit unserer Mutter ausschließlich über die Namen von großen toten Schriftstellern kommunizieren«, und Pamela sagte: »Ich glaube, es ist jetzt schon so.«)
    Der kleine Hund hörte bereits auf Jock, und es schien falsch, ihn zu verwirren, und so blieb er Jock, und mit der Zeit liebten sie ihn alle mehr als jeden anderen ihrer Hunde, trotz seiner ärgerlichen Herkunft.

    Maurice stand eines Samstagmorgens vor der Tür, diesmal nur mit Howie im Schlepptau. Gilbert war wegen »eines Fehltritts« von der Universität verwiesen worden. Als Pamela fragte: »Was für ein Fehltritt?«, sagte Sylvie, die Definition von Fehltritt verbiete es, später noch darüber zu sprechen.
    Seit ihrer ersten Begegnung hatte Ursula des Öfteren an Howie gedacht. Das lag nicht so sehr an seiner physischen Erscheinung – extrem weite Hose, Hemd mit weichem Kragen, Brillantine im Haar – als vielmehr daran, dass er so rücksichtsvoll gewesen war und nach Teddys verlorenem Ball gesucht hatte. Sein freundliches Wesen relativierte sein außergewöhnliches, beunruhigendes dreifaches Anderssein  – er war groß, männlich und Amerikaner. Trotz ihrer ambivalenten Gefühle durchfuhr sie ein leichter Schauder der Aufregung, als sie ihn mühelos aus seinem Auto mit offenem Verdeck hüpfen sah, das er vor der Tür von Fox Corner abgestellt hatte.
    »He«, sagte er, als er sie sah, und ihr wurde klar, dass ihr eingebildeter Beau nicht einmal mehr ihren Namen wusste.
    Sylvie und Bridget brachten hastig eine Kanne Kaffee und einen Teller mit Scones. »Wir bleiben nicht«, sagte Maurice zu Sylvie, die sagte: »Gott sei Dank, ich habe nicht genug im Haus, um auch noch zwei schwergewichtige junge Männer zu füttern.«
    »Wir fahren nach London, um bei dem Streik auszuhelfen«, sagte Maurice. Hugh war überrascht. Ihm sei nicht klar gewesen, sagte er, dass er sich politisch auf die Seite der Arbeiter geschlagen habe, und Maurice seinerseits zeigte sich überrascht, dass sein Vater so etwas auch nur denken könne. Sie wollten Busse und Züge fahren und was immer sonst noch getan werden musste, »um das Land am Laufen zu halten«.
    »Ich wusste gar nicht, dass du einen Zug fahren kannst, Maurice«, sagte Teddy, der seinen Bruder plötzlich interessant fand.
    »Na ja, dann eben Heizer«, sagte Maurice gereizt, »das kann doch nicht so schwer sein.«
    »Heizer machen eine qualifizierte Arbeit«, sagte Pamela. »Frag deinen Freund Smithy.« Diese Bemerkung machte Maurice aus irgendeinem Grund noch wütender.
    »Du willst eine Zivilisation stützen, die sich im Todeskampf befindet«, sagte Hugh so beiläufig, als spräche er über das Wetter. »Es ist wirklich sinnlos.«
    An dieser Stelle verließ Ursula das Zimmer. Wenn es etwas gab, was sie noch langweiliger fand, als über Politik nachzudenken, war es, über Politik zu

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