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Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Titel: Die Unvorhersehbarkeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goliarda Sapienza
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einer gemeinsamen Zukunft zu unterschiedliche Vorstellungen haben – Braut und Bräutigam sollen ein einziger Gedanke, ein einziges Herz werden –, muß die Verlobung ohne Makel für ihn, für mich, für unsere oder seine Familie aufgelöst werden.«
    Beatrice und Quecksilber öffneten die große Truhe mit der Aussteuer und zählten die Bettücher, Bezüge, Decken und Überdecken so vorsichtig, als wären sie aus Glas. Dann verstauten sie sie in großen Koffern für den Tag des Abschieds vom eigenen Land und Blut.
    »Schau dir diese Decke an, Modesta! Die haben die Tata und ich gemeinsam gehäkelt. Es war die erste, deshalb erinnere ich mich daran; ich war erst sieben oder acht Jahre alt! Siehst du diese unregelmäßigen Maschen? Das sind meine …«
    Beatrice sprach sehr ernst mit Carlo, ohne ihm je in die Augen zu schauen wie früher. Sie erzählte ihm von sich, von ihren Fehlern und Vorzügen. Sie fragte ihn, ob er Kinder haben wollte. Carlo strahlte sie verzaubert an, stimmte allem zu und beantwortete jede Frage. Wurde sein Blick zu intensiv, erhob sich Beatrice mit verhaltener Strenge, hielt ihm die Schale hin und fragte, ohne ihn anzusehen:
    »Wünscht Ihr noch etwas Gebäck, Carlo?«
    Schlug es sieben Uhr, erhob sich Beatrice anmutig, egal, wovon man gerade sprach oder welche Musik man spielte, verabschiedete sich von Carlo, küßte mich auf die Stirn und verschwand.
    »Ich möchte, daß Quecksilber bei dir bleibt. Du wirst dich ohne mich sehr einsam fühlen.«
    »Aber Beatrice, mit dem Auto bin ich in zwanzig Minuten in Catania.«
    »Ich weiß, aber ich mache mir Sorgen. Ich darf gar nicht daran denken, daß du allein hierbleibst – behalte Quecksilber bei dir.«
    »Nie und nimmer. Sie ist dir treu ergeben und weint dir ununterbrochen hinterher. Außerdem weißt du doch, daß sie mit mir nicht redet. Sei nicht beleidigt, Beatrice, aber mir geht Quecksilber ein wenig auf die Nerven. Ich finde schon eine andere Köchin.«
    »Bist du sicher? Wenn dir das wirklich recht ist, wird sie mir in dem fremden Haus ein großer Trost sein.«
    Carlo durfte das von seiner Braut für ihn eingerichtete Haus nicht sehen, auch wenn ihm die Zimmereinteilung, die Anordnung der Möbel und sogar die Blumenvasen in den zwei Stunden im Salon beschrieben und zur Prüfung unterbreitet wurden.
    Ganz von diesen ruhigen Handlungen eingenommen, entfernte sich Beatrice von mir. Sie verjüngte sich auf ihrem einsamen Weg, ihre Augen wurden größer und staunender, und sie wusch alle durchlebten Gefühlen ab, um ihrem Bräutigam rein entgegenzutreten.
    Und nie hatte ich sie so strahlend und »lauter«, wie Carlo sagte, gesehen wie an jenem Morgen im Glanz der Sonne und des weißen Brautschleiers. Aber ich höre vor dem Kirchenportal auf, denn ich erinnere mich nur an große Langeweile wie bei allen Hochzeiten, Taufen und Firmungen, denen ich beiwohnen mußte. Gerade noch rechtzeitig kehre ich nach Hause zurück, denn der Überdruß an dieser langen Zeremonie weckt in meinem Geist erneut den latenten Haß, den ich in diesen Monaten voller Formalitäten, Traditionen und Riten irgendwie hatte unterdrücken können. Natürlich entschädigten mich dieSchönheit und Heiterkeit einer glücklichen Beatrice, aber noch zehn Minuten Weihrauch, Umarmungen und Tränen, und ich hätte sie mein Leben lang gehaßt.
    Kaum war ich durch das Tor gegangen, erschien mir der Park riesig groß und verlassen. Im Salon glitt Grabesstille über die Sofas, Sessel und das Klavier. Der große Kopf des Mohren auf dem Flügel war nichts weiter als ein Totenschädel. Ich mußte ihn mit Blumen füllen, wie es Beatrice immer getan hatte, oder die leblose Vase wegwerfen. Im Garten suchte ich nach Rosen und Weinlaub, aber die Dunkelheit hatte sich herabgesenkt und die Farben verborgen, so daß meine Finger nur Dornen fanden. Kein Laut drang aus dem ersten und zweiten Stock. Vielleicht war jemand in der Küche, aber das war weit weg. Und während ich das Blut von den Fingern saugte, weinte ich plötzlich kleine, schmerzlose Tränen … eine Laune der Gefühle! Ich wäre am liebsten zu Eriprando hochgelaufen, um mich von ihm umarmen zu lassen, ihn zum Lachen zu bringen und mit ihm zu spielen, aber um diese Zeit schlief er. Im Schlaf wurde er selbständig und entfernte sich von mir.
    Der Finger blutete nicht mehr. Modesta konnte sich endlich aus dem Abendkleid befreien und im Morgenrock das kleine Märchen von der Alge und dem Fisch zu Ende schreiben, das sie für Eriprando

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