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Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Titel: Die Unvorhersehbarkeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goliarda Sapienza
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ich jetzt?«
    »Eine starke und gefährliche Frau … Nun schaut euch das an! So eine kleine Pfeife muß ich rauchen! Gib mir meine zurück!«
    »Warum hast du mir eine kleine mitgebracht?«
    »Die Pfeife muß Handgröße haben, Modesta. Meine Großmutter hat so eine an Sommerabenden unter dem Jasminbaum vor unserem Haus geraucht.«
    »Deine Großmutter hat geraucht? Das erstaunt mich.«
    »Ja, sie und ihre Schwestern. Ich weiß nicht, woher sie kamen, als sie, mit Gold und Edelsteinen beladen, zusammen mit ihrem Vater und ihren Brüdern auf unserer Insel landeten. Darüber weiß ich wenig, denn bei uns zu Hause wurde kaum davon gesprochen.«
    »Und dann?«
    »Dann waren mein Großvater und sein Bruder so schlau, zwei der Mädchen, die goldbeladen wie Madonnen waren, an dieses Land zu binden.«
    »Und die anderen, die Männer?«
    »Dem wenigen zufolge, was ich in langen Jahren aus meiner Mutter herausgebracht habe, gingen sie ihrer Wege … Nomaden, Händler … Diebe, wer weiß das schon? Mein Gott, die Pfeife steht dir wirklich gut! Sag mal, Modesta, warum hast du dieses Wort gebraucht? Liebe ist ein mächtiges Wort, damit geht man vorsichtig um.«
    »Um dich zu verletzen, Alter. Und das ist mir gelungen. Mindestens zwei Stunden lang haben dich Zweifel gequält, und du hast meinetwegen gelitten so wie ich, als du mich verlassen hast. Hast du das etwa nicht verstanden? Du bist gar nicht so stark, Carmine.«
    »Die Liebe schwächt, man wird wie Glas. Deshalb bin ich auf Carmelo vor dir geflohen. Wer ist mir damals bis zu meiner Türschwelle gefolgt?«
    »Ich, Carmine. Wärst du zu mir gekommen, wenn ich das nicht getan hätte?«
    »Wer kann von Dingen reden, die nicht passiert sind? Aber wie ich mich kenne, nicht, das ist beinahe sicher. Wie oft habe ich den Blick von einem Balkon voller Frangipani abgewandt, wo ich am Tag zuvor zwei feurige Augen angestarrt habe, und bin vor diesem Wort geflohen, das dein Leben schneller als Wein und Spiel zerstören kann.«
    »Also liebst du mich.«
    »Das habe ich dir doch schon gesagt.«
    »Nein! Du mußt es aussprechen: Ich liebe dich, Modesta.«
    »Ich sage dieses Wort nicht gern, mach mich nicht wütend.«
    »Es hat keinen Zweck, daß du aufstehst, ich lasse dich nicht gehen, bevor du nicht ›ich liebe dich‹ gesagt hast.«
    »Wenn du dich so an mich klammerst und mir deinen Lebensatem zwischen die Lippen hauchst, muß ich es dir sagen.«
    »Dann sag es.«
    »Ich liebe dich, Modesta.«
    »Wie oft hast du das in deinem Leben schon gesagt, Carmine?«
    »Zweimal vor dir, Figghia, mit dir dreimal. Und ich danke dem Schicksal, daß es mich diesen Mann nicht an deiner Seite hat finden lassen.«
    »Ich hatte Angst, du würdest nicht wiederkommen.«
    »Warum, Modesta?«
    »Gestern nacht hast du es angedroht.«
    »Nun schaut euch diese Picciridda an! Jetzt weint sie sogar.«
    »Aber du hast es angedroht.«
    »Zuerst ja, aber dann haben wir zusammen geraucht, weißt du nicht mehr?«
    »Also kommst du immer wieder, nicht wahr, Carmine?«
    »Natürlich! Wohin sollte ich sonst gehen? Ich könnte mir vorstellen, sogar als Toter zurückzukehren, um dich anzuschauen. Ich komme aus dem ewigen Schlaf zurück, schaue dich an, bringe Geschenke und passe auf, daß sich keiner zu dir gesellt.«
    »Du führst mich nicht mehr in die Irre, alter Fuchs, du stirbst nie.«
    »Möglich, alles ist möglich. Wir Menschen wissen nichts … Wieso umarmst du mich nicht? Das ist nicht gut. Ich habe mich daran gewöhnt. Picciriddi und Tiere muß man immer gleich behandeln, sonst verkümmern sie.«
    »Du bist weder Picciriddu noch Tier.«
    »Nein, wir alle, auch ich, sind Picciriddi und Tiere. Umarmst du mich?«
    »Ich will nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Weil du nicht zurückgekommen bist.«
    »Aber ich bin doch hier! Siehst du mich nicht? Oder ist das eine deiner Launen, daß du mit mir streiten willst?«
    »Ich will mit dir streiten, weil ich geträumt habe, wie du auf Orlando hier vorbeigekommen bist, den Blick von meinem Fenster abgewandt hast und deiner Wege gegangen bist.«
    »Was habe ich mit den Bildern zu tun, die dir deine Phantasie im Schlaf vorgaukelt?«
    »Hast du nicht gesagt, daß man vor der Liebe fliehen kann?«
    »Ich mag, wie du denkst, Modesta. Aber was du mir gerade gesagt hast, klingt nicht nach dir. Das sind dumme Weibergedanken, nicht die einer starken Frau wie du. Man kann vor allem fliehen, wenn man lernt, das zu erkennen, was einem nur schadet.«
    »Und was ist mit dem

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