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Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Titel: Die Unvorhersehbarkeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goliarda Sapienza
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Ihr, daß mittlerweile …«
    »Wenn es einmal möglich war, wird es auch ein zweites Mal gehen, keine Sorge! Immer vorausgesetzt, daß die nötigen Mittel vorhanden sind. Damals war ich in der glücklichen Lage, Alessandro in seiner Not unterstützen zu können, doch heute ist mir das nicht mehr möglich, unsere Mittel schwinden, und ich muß haushalten.«
    »Ach, daran soll es nicht liegen. Alessandro ist arm und hatte einen Auftrag in Italien. Mein Fall ist weniger erbaulich: Ich bin reich, und meine Entscheidung, nach Italien zu gehen, war rein emotionaler Natur und als solche falsch.«
    »Wenn Geld da ist, gibt es kein Problem. Dann müssen wir nur noch auf das passende Schiff warten.«
    »Wird es viel kosten? Ich sitze wie auf heißen Kohlen, und wenngleich ich Eure Diskretion zu schätzen weiß, habe ich doch ein so schlechtes Gewissen, glaubt mir, daß ich klarmachen möchte, wo ich stehe: Ich hatte trotz Joses Warnungen gehofft, das Land unbemerkt verlassen zu können. Der Umstand, daß ich keine Vorstrafen in Italien habe … ich meine: Ich lebe in Paris und bin erst vor zwei Jahren in die Partei eingetreten. Ich hatte geglaubt, an das Krankenbett meiner Schwester eilen zu können, die im Sterben lag. Ich hatte sofort wieder abreisen wollen, wie Jose es mir geraten hatte, doch Jolands Tod … Entschuldigt, Fürstin, es ist nicht meine Art, von mir zu reden, aber ich muß mich vor Euch rechtfertigen, da ich Euch durch meine Anwesenheit wohl oder übel in Gefahr bringe.«
    »Beruhigt Euch, Joyce! Jose weiß, sonst hätte er Euch kaum zu mir geschickt, daß die Lage hier auf Sizilien nicht ganz so angespannt ist.«
    »Das ändert nichts daran, daß ich sofort nach Jolands Tod hätte verschwinden müssen! Doch der Anblick ihres Leids, das Wissen um die Einsamkeit, in der sie im vergangenen Jahr ihre Krankheit erdulden mußte … oder vielleicht, ich weiß nicht … das alles hat mich wie in einen Schraubstock gezwungen, drei Monate war ich wahnsinnig vor Schmerz und Reue, ich konnte nicht mehr klar denken! Erst die Nachricht, daß ich gesucht wurde, hat mich wachgerüttelt, und die Angst vor meiner Schwäche. Mir wurde klar, daß ich, wenn sie mich ergreifen würden, nicht die Kraft hätte, ihren Methoden zu widerstehen. Und bedauerlicherweise kenne ich viele Namen und Fakten. Die Geheimpolizei konnte ich abschütteln, doch nuraus Angst, das sage ich Euch ganz offen. Allein diesem Gefühl verdanke ich es, der lähmenden Schwermut entronnen zu sein, in der ich zu versinken drohte und durch die ich viele wertvolle Menschen gefährdete.«
    »Doch die Angst, der Schrecken, die Ihr so zu verachten scheint, Joyce, bergen in sich das Samenkorn des Muts.«
    »Auch wenn dieser Gedanke mich nicht überzeugt, vermag er mich doch ein wenig zu beruhigen, Fürstin. Ich danke Euch.«
    »Ich sagte das nicht, um Euch zu beruhigen, ich habe kein Talent zum Trösten. Es ist nur so, daß ich nicht an Helden glaube.«
    »Genau wie Jose mir erzählt hat.«
    Schatten und Hutkrempe wurden eins, als ihre Lippen sich plötzlich zu einem ungeahnten Lächeln öffneten, das Licht in das Dunkel des Filzes, der Augen, des Schattens brachte. Stella hatte recht: Diese Frau konnte einen verwirren. Ich mußte Stella folgen und vor der tiefen Stimme fliehen, die voll warmer Pausen und langer, abwesender Blicke war, welche mir die Plumpheit meiner eigenen Gesten und meiner Ausdrucksweise vor Augen führten. Als sie wieder zu ihrem »Glaubt Ihr, Fürstin …« ansetzte, erschien mir dieser Titel angesichts ihrer Eleganz in einem Maße unpassend, daß ich mich am Stuhl festkrallte und mit schriller Stimme entgegnete:
    »Um Himmels willen, Joyce, nennt mich nicht Fürstin! Ich ertrage das schon kaum in der Bank und der Anwaltskanzlei.«
    »Das verstehe ich … Auch in meinen Ohren klang es unpassend, wenn Jose mir von Euch erzählte. Doch wie Jose sagte: ›Bei ihr verliert der Titel seine häßliche Konnotation, den Usus und Tradition dem Wort gegeben haben,um statt dessen alles Märchenhafte der Kindheit heraufzubeschwören.‹«
    Machte sie sich über mich lustig? Oder stand sie so unter Joses Einfluß – plötzlich glaubte ich ihn und die Macht, die er offensichtlich über sie besaß, zu hassen –, daß ihr meine abgewetzten Kleider, meine ungepflegten Haare, meine schreckliche Stimme nicht auffielen? Ich sah ihr ganz offen verstimmt in die Augen. Nein, sie machte sich nicht über mich lustig, doch dafür betrachtete sie mich wie ein

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