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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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blauen Hosen. Die Schärpe. Das Fernrohr. Lunette!
    Und weiter?
    Denk nach, sagte er sich wieder. Du weißt es!
    Der König war Leopold; der Soldat war Grimbert; Fiet war der Junge; Core der Puppenspieler, der nicht mehr zu finden war. Jonas wurde vor Konzentration ganz steif. Zwei fehlten noch. Zwei der Sieben.
    Der türkische Reiter konnte nicht Faramund darstellen. War er ein Abbild Suleman Monds? Aber dann fehlte Faramund nach wie vor. Es ging nicht auf. Und doch gab es einen Zusammenhang. Warum konnte er ihn bloß nicht sehen?
    Der Wind pfiff jetzt über den dunklen Platz.
    Hatten Alma und Clara Abbilder der Sieben in Wunderlich verwahrt? Aber warum sollten sie das getan haben? Und wieso sollten sie diese Abbilder verstecken – unter Matratzen und Dielen? Jonas vergrub das Gesicht in den schmutzigen Händen. Er wusste nicht weiter.
    »Sie kommen!« Fiets heiseres Flüstern holte ihn in den zerstörten Tempel zurück.
    Mit einem einzigen Satz war er an Fiets Seite. »Wo?«
    »Da. Sie sind noch auf der toten Allee. Du kannst sie nicht sehen. Aber du kannst sie hören. Spitz die Ohren!«
    Jonas lauschte. Das Gebet der Jünger Faramunds mischte sich in den flüsternden Wind.
    »Sind wir, dann sind wir,
    Was Du uns heißt«
    Es schnürte Jonas den Hals zu. Er wollte sich diesen Jungen nicht anschließen. Er wollte vor ihnen weglaufen!
    Jonas sah zum Himmel hinauf. Der Wind trieb jetzt eine Herde düsterer Wolken vor sich her. Das Mondlicht flackerte, verschwand, kehrte noch blasser zurück als zuvor. Plötzlich lag Feuchtigkeit in der Luft.
    »Grundguter Hirte,
    Halt die Hand über uns«
    Die Stimmen kamen näher. Sie ritten auf dem Wind.
    »Komm!« Fiet gab ihm ein Zeichen.
    Sie verließen ihren Platz vor dem Altar, huschten über den Schutt und kauerten sich dann in den Schatten einer Säule unmittelbar neben der Treppe. Vor ihnen fegte der Wind den großen Platz. Oben am Himmel marschierten immer mehr Wolken auf.
    »Hör zu!« Fiet Finger presste die Worte zwischen den Zähnen hervor. »Unsere Wege trennen sich jetzt. Wenn ich dir einen Schubs gebe, läufst du los. Nicht zu schnell, hörst du? Sobald du sie erreicht hast, hängst du dich einfach dran. Mach alles so, wie sie es machen. Bete!«
    Jonas nickte aufgeregt.
    »Wenn du erst im Kloster bist, musst du selbst weitersehen. Viel Glück!« Fiet legte ihm eine Hand auf die Schulter. Sie warteten schweigend.
    Jonas sah in die Dunkelheit hinaus. Kaum mehr Mondlicht. Viel Wind.
    »Schalte, walte,
    Du willst, Du weißt«
    Da waren sie! Zwei, vier, sechs, zehn. Eine Prozession der Schatten. Die Jünger Faramunds. Jonas war wie ein Bogen gespannt. Fiets Hand lag auf seiner Schulter.
    »Sind wir, dann sind wir,
    Was Du uns heißt«
    Sie waren vorüber. Jonas spürte den Druck von Fiets Hand. Dann war er schon unterwegs. Die Stufen hinab. Auf den Platz. Sein Atem flatterte.
    »Grundguter Hirte,
    Halt die Hand über uns«
    Er hatte das Ende der Prozession erreicht. Er senkte den Kopf. Er faltete die Hände unter den langen Ärmeln.
    »Segne, schütze, schaffe uns«
    Und Jonas fiel ein.
    »Schalte, walte,
    Du willst, Du weißt,
    Sind wir, dann sind wir,
    Was Du uns heißt«
    Es kam wie von selbst von seinen Lippen. Ein Vers folgte dem anderen. Schritt folgte auf Schritt. Langsam ging sein Atem wieder ruhiger. Sie hatten ihn nicht entdeckt! Jonas hätte gern zum Tempel zurückgesehen, aber er traute sich nicht. Der Wind zerrte an seiner Kutte. Erste Tropfen schlugen in den Staub.
    » Grundguter Hirte «, murmelte Jonas. Es regnete jetzt. Das Wasser drang durch seine Kutte. Er spähte unter seiner Kapuze hervor. Die Jünger gingen tief gebeugt, stemmten sich gegen den Wind. Die Säume ihrer Kutten flatterten. Ihr Gebet wehte über den Platz.
    Das da, rechts, musste das Theater sein, ein undurchdringlich schwarzer Klotz; links der zerstörte Tempel Ais. Jonas’ Beine liefen wie von selbst.
    » Halt die Hand über uns «, murmelte er .
    Vor ihnen erhob sich das Kloster. Hinter seiner Mauer schimmerte Licht, vom Regen zu Schlieren verzogen. Jonas verengte die Augen zu Schlitzen. Das Wasser lief ihm jetzt über das Gesicht, der Regen wurde immer heftiger.
    » Segne, schütze, schaffe uns. « Jonas betete lauter als zuvor, die Verse wirkten seltsam beruhigend.
    Sie hatten die Klostermauer erreicht, das Gebet schwoll an, der Regen prasselte. Jonas war völlig durchweicht. Die Kapuze klebte an seinem Schädel.
    Das gewaltige Tor schwang wie von Geisterhand auf, völlig

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