Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
Vom Netzwerk:
Schwarm von Menschen in seinem Rücken. Er suchte Fiet und Suleman. Er begann zu laufen, als er sie entdeckte.
    »Fiet!«
    Die Augen des kleinen Mannes leuchteten rot vor Erschöpfung aus dem rußgeschwärzten Gesicht. Suleman folgte ihm auf dem Fuße. Sein Turban hatte sich schmutzig grau gefärbt, sein Schnurrbart war versengt. Für große Worte waren die beiden zu müde.
    »Sie haben gesagt, dass du kommst«, sagte Fiet, als Jonas ihn erreicht hatte. »Lunette hat den Hermes geschickt, damit er es ausrichtet.«
    Suleman zog seinen Neffen an sich und streichelte zärtlich über Oles roten Schopf.
    Fiet begrüßte Ruben und fasste ihn am Arm. »Du bist zurück«, sagte er leise. »Das ist gut.«
    Als Jonas die beiden in stummem Einverständnis dastehen sah, stellte er sich vor, wie sie einander zum ersten Mal begegnet waren – es konnte ja nur wenige Stunden her sein. Er stellte sich vor, wie sich die brennenden Pfeile auf das Dach der Kaserne gesenkt hatten, wie die ersten Flammen aus dem Gebäude schlugen und die Luft in den Kerkern drinnen knapp wurde. Dann hatten die Jünger Faramunds, die so lange für unbesiegbar gegolten hatten, die Flucht ergriffen, und kaum, dass sie von der brennenden Kaserne zum Schloss hinübergehastet waren, waren die Rebellen geduckt aus dem niedergemähten Wald über den gepflasterten Platz gelaufen. Fiet, stellte Jonas sich vor, war dabei gewesen, Suleman, Tanger und der große Fängge. Er war es, der das Tor eingetreten und die Zellentüren gesprengt hatte. Dann waren Hände gereicht und ergriffen worden, die Gefangenen waren durch die Korridore gerannt. Der Rauch war immer dichter geworden, es war so heiß gewesen. »Hierher! Raus!«, hatte jemand gebrüllt. Die ersten Balken waren zerborsten, es hatte Funken geregnet. Und irgendwo in diesem Tumult, in einem dieser Augenblicke, da jede Bewegung einfriert und der Lärm selbst für Stille sorgt, waren Ruben und Fiet sich begegnet. Nur wenige, schnelle Worte hatten sie gewechselt, um gleich darauf weiterzuhetzen. Fiet zu seinen Leuten, Ruben zum Schloss. Fiet und Ruben, dachte Jonas, waren aus dem gleichen Holz. Sie brauchten nur wenige Worte, um sich zu verstehen.
    »Wir haben getan, was wir konnten«, sagte Suleman.
    Jonas sah zu ihm auf.
    Suleman schluckte. »Krempel ist verletzt. Schlimm.« Er sah über die Schulter zur Palisade hinüber.
    Walrider kniete dort, Trut, sein Vater, war schon bei ihm. Krempel lag am Boden, halb an die Palisade gelehnt. Ein Häuflein Elend mit einem blutigen Verband um den Kopf.
    »Er stirbt«, sagte Fiet leise und sah schnell zu Boden.
    Ole vergrub sein Gesicht in Sulemans Kaftan.
    Jonas berührte Fiet an der Schulter und ging zu Krempel hinüber.
    Der Wicht war bei Bewusstsein, seine lange, gewundene Nase jedoch war spitzer denn je, die riesigen Augen wirkten stumpf, die Haut war fahl. Ein schwaches Lächeln rann durch Krempels Bart, als er Jonas erkannte, doch es versickerte gleich.
    »Ich wär schon hinüber ohne …« Der Wicht tastete nach Walriders Hand. Seine Stimme war schwach. Er war kaum zu verstehen.
    »Der Brunnen«, flüsterte der Alb. »Er ist uns nur so um die Ohren geflogen. Ein großer Brocken hat ihn getroffen.« Er sah auf Krempel hinab. Walriders Glanz war stumpf.
    »Tu was«, sagte Trut leise.
    Jonas kniete sich hin. Zum ersten Mal, seit er das Trabantendorf erreicht hatte, fühlte er sich unbeobachtet. Die Stellung der Rebellen wimmelte von Menschen, ehemaligen Trabanten, Fänggen, Faunen, Monokeln, Alben, Wichten. Nach einer Ewigkeit waren sie wieder vereint und umringten die letzten der Sieben – Lunette, Fiet, Suleman Mond, Leopold und den herbeigeeilten Grimbert. Sie hatten in einem Feldlager zusammengefunden, und doch sah die Szene so friedlich aus. Für den glücklichen Moment hatten sie Jonas ganz aus den Augen verloren. Sogar Tabbi, bemerkte er, stand jetzt abseits, staunend und unbeteiligt. Jonas hatte so lange das Gefühl gehabt, nicht dazuzugehören, und jetzt kehrte dieses Gefühl zurück. Etwas jedoch war anders. Es tat nicht mehr weh.
    Jonas dachte an Cai. Wie hatte sie damals ihre Leute beschützt? War sie aus den Himmeln des Spielzimmers zu ihnen hinabgeschwebt, um die Wunden der Verletzten zu heilen? Hatte Clara ein neues, winziges, in Tapete gebundenes Heft aufgeschlagen, um aufzuschreiben, wie am Ende doch alles gut wurde?
    Krempel zuckte, als Jonas die Hand nach seinem Verband ausstreckte. Dann schloss er die Augen. Seine Lider schimmerten

Weitere Kostenlose Bücher