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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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gefallen.«
    Jonas nickte.
    Sie gingen weiter, mit dumpfen Schritten über den Steg, in ihrem Rücken alle, alle anderen. Peregrin Aber winkte. Er wurde immer größer. Zylinder, Oberhemd, Unterhose, alles.
    »Hab mich sonst nicht verabschiedet«, brummte der Wieflinger. »Ist nichts für mich, wie gesagt. Und wir sind doch fertig hier, oder?«
    »Fast«, sagte Jonas. »Fast fertig.« Er schluckte. »Willst du den Kiesel haben?« Der Kiesel war im Koffer.
    »Was?« Der Wieflinger schaute ihn verdutzt an.
    »Meinen Kiesel«, sagte Jonas. »Dich.« Er sah aufs Wasser hinaus. Er spürte eine leise Wehmut. Sie saß in seinem Hals, fest gepfropft wie ein Korken.
    »Ach so«, sagte der Wieflinger. »Nein. Ich glaube nicht, dass ich den will. Pass gut auf ihn auf. Bin gespannt, was mir so alles zustößt.« Er grinste breit und zwirbelte seinen Bart.
    »Und wenn dir nichts zustößt?«, fragte Jonas. Irgendwann würde er groß sein, erwachsen. Er würde nicht wie Clara spielen, nicht sein Leben lang.
    »Hm«, machte der Wieflinger. »Wie hat Arnon Blau das gesagt?« Er grinste noch breiter. »Die Geschichten gehen von selber weiter. So ähnlich hat er das gesagt, stimmt’s? Ich meine, wahrscheinlich hat er das mächtig viel schwieriger ausgedrückt, aber darauf läuft’s hinaus.«
    Jetzt grinste Jonas auch. »Hörst du eigentlich alles, was ich höre?«, fragte er.
    »So ziemlich.« Der Wieflinger legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Lebe wohl, Jonas Nichts«, sagte er.
    Jonas biss sich auf die Lippe und sah dem Wieflinger zu, wie er Vorsprung gewann und mit weit ausholenden Schritten aufs Ufer zuhielt. Das herrlich hohle Geräusch von Schritten auf Holz über Wasser – leiser werdend. Dann sprang der Räuber an Land, lupfte, als er Peregrin Aber passierte, den Hut, bog um die erstbeste Ecke und war fort.
    »Lebe wohl«, sagte Jonas, aber nur mit den Lippen.
    Bald darauf herrschte im Dorf der alte Trubel. Die Bänke unter der Eiche waren wieder voll besetzt und neue wurden herbeigeschafft. Wenn die Sonne erst sänke und auf der feinen Linie zwischen Himmel und See balancierte, würde das Fest in vollem Gange sein. Noch aber diskutierte man, was denn überhaupt geschehen war. Jonas hörte Kolmans Bass über den Dorfplatz dröhnen, seine Version der Geschichte war die lauteste. Am Ufer beratschlagte eine Gruppe ehemaliger Trabanten. Sie probierten Namen an sich aus und vielleicht erfanden sie sich auch Geschichten. Wie Lois, ein Bauer aus einem Dorf an der anderen Seeseite, einmal seine Sense verloren hatte und drei Jahre später beim Mähen bös über sie stürzte. Wie Meret, eine Fischersfrau, Kolmans Cousine dritten Grades, beim Ausnehmen einer Renke ausgerechnet auf den verlorenen Fingerring ihrer Großmutter stieß. Der Hermes redete am längsten. Eine Weile sah Jonas ihm zu, und manchmal erwischte er sich dabei, wie er ungläubig den Kopf schüttelte. Das Spiel war ein Spiel für sich. Manchmal war das schwer zu verstehen.
    Drinnen in dem kleinen, weißen Haus staffierten Tabbi und Tilla Peregrin Aber aus, Arnon Blau war ihnen hinterhergehinkt. Der Advokat hatte sich für seinen Aufzug allzu sehr geschämt. Er wollte Hosen.
    Seitab, rund um einen eckigen Tisch, den sie in den Schatten von Tillas Haus gerückt hatten, beratschlagten die verbliebenen Fünf. Der Marquis, Fiet und Grimbert, Suleman mit einem müden Ole Mond an seiner Seite. Nur Leopold saß ein wenig abseits im Staub, an die Hauswand gelehnt. Von irgendwoher hatte er einen Stummel von Stift und einen Bogen Papier besorgt und zog nun wilde, lange Linien. Auf Jupiter stürmte es wieder, aber diesmal war kein Zorn im Spiel. Eher war es eine haltlose Art Begeisterung.
    Leopold sah erst auf, als Jonas’ Schatten auf das Papier fiel.
    »Ach du, kleiner Froschkönig«, sagte er leutselig. »Hast du deine Familie wieder? Alle gesund? Hat dein Schwesterchen zu essen?«
    Jonas verschlug es die Sprache. Glaubte Leopold denn immer noch an das Märchen, das er sich für Jonas ausgedacht hatte? Damals im großen Saal, in dem der Prinz ganz allein getanzt hatte? War Leopold denn nicht eben noch auf der Insel gewesen und hatte Jonas, dem Achten von sieben, zugesehen?
    Plötzlich grinste Leopold schelmisch. »Hör mal, Hänselchen«, sagte er aufgeräumt. »Ich hatte mal ein Schloss. Ein Stadtschloss. In Callamaar.« Er hob den Zeigefinger und zog die Augenbrauen steil nach oben. »Große Stadt«, sagte er erklärend.
    »Ich weiß«, sagte Jonas.
    »Ja?« Leopold

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