Die unwillige Braut (German Edition)
ein Liebespaar." Er deutete auf Rhoese. "Fragt sie selbst. Mehr als ein Jahr lang waren wir ein Paar. Sie wurde nur launisch. Ihr wisst doch, wie Frauen sind."
Als Warin mit seinen Ausreden fertig war, sah Jude zu Rhoese hinüber und begegnete einen Moment lang ihrem Blick, ehe sie die Lider senkte und die Stirn runzelte. Es stimmte also.
Warin erkannte seinen Vorteil und begann, in seiner Börse nach einer goldenen Flechte zu suchen, die er dann von seinem Finger herabhängen ließ. "Seht Ihr?" sagte er. "Ihre Liebesgabe. Vorletzte Nacht hat sie sie mir gegeben. Deswegen war ich in ihrer Kemenate. Ich hab's mit ihr getrieben."
Jude versetzte Warin einen Schlag auf den Mund, so heftig wie ein Peitschenhieb. "Dies", keuchte er und deutete auf Rhoese, "ist eine Lady. Du wirst das nicht erkennen, aber du wirst deine Sprache im Zaum halten, oder ich schlage dir die Zähne aus deinem Lügenmaul. Ich weiß, was du in der Nacht, in der Ralph de Lessay ermordet wurde, in der Kemenate der Lady getan hast, denn ich kann die gesamte Nachbarschaft als Zeugen beibringen, die gehört hat, wie du hinausgeworfen wurdest."
"Ich ging hinaus!" brüllte Warin. "Und außerdem ist sie keine Lady. Sie gehört jedem. Sie schickte nach mir, und ich kam, wie alle es tun. Auch Euer normannischer Spießgeselle. Fragt sie, wer heute Morgen da war! Murdac, der Händler. Er kam, um sie allein zu treffen. Und fragt sie, was er wollte, was sie alle wollen. Sie ist eine Hexe. Sie verabreicht uns Liebestränke. Sie …"
Wieder verlor Jude die Geduld. "Sie gehört mir", sagte er leise, packte Warin mit beiden Händen am Kragenaufschlag und schüttelte ihn. "Mir. Hast du das verstanden, du Schwein? Anders als du glaubst, hat sie nicht die Freiheit zu heiraten, wen sie will. Sie gehört mir. Du kannst zum Sheriff gehen und ihm alles gestehen, und wenn du eine Hand verlierst oder dein Augenlicht oder dein elendes Leben, dann hast du die Schuld daran nur dir selbst zuzuschreiben." Auf ein Zeichen von ihm kamen die Männer, die an der Tür gewartet hatten, herein und schleiften Warin aus Rhoeses Blickfeld, fesselten ihn grob und setzten ihn auf ein Pferd. Dann führten sie ihn weg, während er noch immer protestierte, das sei alles ihr Werk gewesen, sie hätte falsch gespielt, und er würde vom normannischen Sheriff niemals Gerechtigkeit erfahren.
Jude wandte sich wieder zur Hütte und hob ein goldenes Band auf, das sie vorhin aus ihrem Haar gelöst hatte. Er hielt es ihr entgegen. "Nun, Lady", sagte er. "Was hat das zu bedeuten?"
Rhoese zitterte, ihre Stimme bebte, und sie klang wenig überzeugend. "Es gehört mir", sagte sie. "Von meinem Haar. In jener Nacht …"
"Jene Nacht, in der er in Eure Kemenate kam. Wolltet Ihr das sagen? Habt Ihr es ihm gegeben? Habt Ihr ihn eingeladen?"
"Oh Gott", wisperte sie. "Nicht auch noch Ihr. Nein, natürlich habe ich das nicht getan. Er kam nur aus dem Grund, weil das Glücksrad sich für meine Stiefmutter gedreht hatte, und er dachte, es wäre sicherer, zurückzukommen …" Sie unterbrach sich, als sie bemerkte, was sie da zugegeben hatte.
"Zu Euch zurückzukommen. Ich verstehe. Also wart Ihr ein Liebespaar. Und wie passt Murdac, der Händler, in dieses Bild? Gehört er auch dazu? Der Priester? Auch er?"
Auf Grund seiner Worte sah sie ihn mit großen Augen an und versuchte, seine Gefühle zu erraten. "Für Euch kann es doch keine Rolle spielen, oder, Sir?" fragte sie. "Wenn Ihr Euch entschieden habt, auf mich und meinen Besitz zu bieten, ehe Ihr Erkundigungen über mich einzieht, dann müsst Ihr die Konsequenzen tragen, wie unerträglich sie auch scheinen mögen."
Doch jetzt hatte sie es mit jemandem zu tun, der sich von ihrer scharfen Zunge nicht so leicht einschüchtern ließ. Wie er es schon öfter getan hatte, stemmte er seine Arme rechts und links von ihr auf, und sie wusste, mit dieser Antwort würde er sich nicht begnügen. "Sprecht Euch aus", sagte er laut und deutlich. "Ich will mehr hören als das. Ich will die Wahrheit hören."
Es fiel ihr schwer, mit einem Mann zu sprechen, der einen eisernen Nasenschutz trug, dessen Augen in tiefem Schatten lagen, Augen, von denen sie wusste, dass sie so hart blickten wie die Schläge der Fäuste, die Warin umgeworfen hatten. Und der Mund, der sich so zart auf ihren Lippen angefühlt hatte, erinnerte jetzt in nichts an jenen Augenblick. "Ja. Warin und ich wollten heiraten, aber seit dem Tod meines Vaters hat er mit meiner Stiefmutter Ketti zusammengelebt",
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