Die unwillige Braut (German Edition)
Fragen aufdrängten, und sie erwachte aus ihrem Traum. "Nun, Frau?" sagte er. "Was an Euch zieht die Männer so an? Seid Ihr eine Hexe? Gebt Ihr ihnen allen Liebestränke?" Keine dieser Fragen konnte sie wahrheitsgemäß beantworten, denn sie wollte ihm ja einen Liebestrank einflößen, damit er irgendwann dafür leiden musste. Doch zum Glück erwartete er keine Antwort, und seine nächste Frage war eine Spur unfreundlicher, als wollte er die Leidenschaft abwerten, die er so eben erfahren hatte. "Und befriedigt es Euch nun, Rhoese of York, dass zwei Männer tot sind und zwei weitere die Folter, Verstümmelung oder gar die Hinrichtung erleiden müssen? Gefällt Euch das, Lady Rhoese, die von niemandem erobert werden kann? Plant Ihr für mich dasselbe Schicksal, meine Schöne? Nun, spart Euch die Mühe. Ihr werdet feststellen, dass Ihr einen ebenbürtigen Gegner gefunden habt. Heute Abend werden wir im Palast heiraten."
Heute? So bald? "Nein", flüsterte sie, noch erschrocken von dem Kuss und der eigenen Unfähigkeit, sich zu beherrschen. "Nein, nicht heute, bitte. Es geht zu schnell."
"Für was?" fragte er und streifte noch einmal mit seinen Lippen ihren Mund. "Zu schnell, um einen Trank vorzubereiten? Wollt Ihr das? Mich auf die Liste Eurer Opfer setzen?" Er fühlte die Panik, die in ihrem angespannten Körper aufstieg.
Sie wehrte sich gegen ihn. "Ich führe keine Liste, Normanne. Warum glaubt Ihr mir nicht? Kein Mann bedeutet mir etwas, nicht einmal genug, um ihm den Tod zu wünschen. Ich vermag nicht zu ändern, was die anderen getan haben. Ihr Schicksal habe ich nicht beeinflusst, warum also mir einen Vorwurf daraus machen?" Es lag ihr auf der Zunge zu sagen, dass es ihr Leid täte, aber dann fiel ihr ein, dass es nicht zu ihrer Strategie gehörte, Mitleid zu fühlen, weil ein Mann Schmerz empfand. Doch eigentlich sollte sie bei seinen Anschuldigungen auch nicht solchen Schmerz empfunden haben, denn ihr Herz war dagegen immun. Und bei seinem Kuss hatte sie kühl bleiben wollen, ganz gewiss jedenfalls sollte sie kein Glück empfinden. Doch zu ihrer Schande musste sie sich eingestehen, dass genau das der Fall gewesen war. "Bitte", sagte sie und versuchte, sich seinen Lippen zu entziehen, "lasst es nicht so bald geschehen. Gebt mir ein wenig Zeit, um des Anstands willen."
"Die Entscheidung liegt nicht bei mir, Lady, sondern beim König. Sicher habt Ihr bemerkt, dass er sich nicht gerade übermäßig darum schert, ob zwischen einem Gedanken und seiner Ausführung eine standesgemäße Pause liegt oder nicht. Er handelt impulsiv und erwartet von jedem anderen, da mitzuhalten. Wir müssen zu ihm und zum Erzbischof gehen. Ehe noch etwas anderes schief gehen kann, will er diesen Fall geklärt wissen. Das ist nichts Ungewöhnliches bei ihm."
"Und danach?" fragte sie und fürchtete doch seine Antwort.
Er lächelte in der Dunkelheit. "Nun, danach, Mylady, werdet Ihr in der Lage sein, Vergleiche zu ziehen, nicht wahr? Ich werde mein Bestes tun, um Euch nicht zu enttäuschen, aber Ihr solltet Eure Erwartungen nicht zu hoch stecken."
"Das ist barbarisch", flüsterte sie. "Lasst mich heimgehen, Sir."
Er packte ihr feuchtes Haar, damit sie aufhörte, sich gegen ihn zu wehren. "Ist es das wirklich, Lady?" höhnte er. "Habt Ihr das gerade eben auch schon gedacht? Habt Ihr? Ich glaube nicht. Wisst Ihr, Ihr könnt nicht beides haben. Ihr könnt Euer Herz nicht in einer eisenbeschlagenen Truhe verschließen und dann behaupten, es wäre von etwas harmloser Barbarei verletzt worden. Ihr müsst Euch entscheiden, ob Ihr es auf natürliche Weise heilen lassen oder den Schlüssel fortwerfen und Euch von nichts mehr berühren lassen wollt, weder von Gutem noch von Schlechtem. Wobei ich Euch gerade gezeigt habe, dass Euch das gar nicht möglich ist, sonst hättet Ihr meinen Kuss nicht erwidert, oder?"
"Bitte … sagt nichts mehr."
"Ich habe nicht die Absicht, nur noch, dass diese kleine Episode mir alles gezeigt hat, was ich wissen muss über Eure Abneigung gegen Männer. Ihr macht denselben Fehler wie alle anderen, weil Ihr glaubt, alle Männer sind gleich, was genauso dumm ist wie der Glaube, alle Frauen seien gleich. Zufällig weiß ich genauso gut wie Ihr, dass dies nicht so ist. Ich werde meinen Weg schon finden, Mylady, glaubt mir das."
"Wenn es mein Herz ist, von dem Ihr sprecht, Sir, dann stehen Eure Worte im Gegensatz zu Eurer Behauptung, dass Ihr kein Interesse daran hättet. Was hat sich seither geändert?"
"Ihr",
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