Die unwillige Braut (German Edition)
flüsterte sie. "Und zu der Zeit bin ich fortgezogen. Ich schwöre, dass wir seither nicht mehr miteinander gesprochen haben. Was Murdac betrifft – er kam, um mir einen Antrag zu machen, doch ich sagte ihm, dass es zu spät wäre. Er war wütend. Warin und ich waren Liebende, aber mit Murdac war niemals etwas. Ihn hätte ich niemals akzeptiert."
"Warum? Weil Ihr bereits …"
"Weil ich keinen Mann will, Sir", fuhr sie ihn an. "Das sagte ich bereits. Mehrmals."
"Und der Priester? Pater Leofric?"
"Was ist mit ihm?"
"Er bekannte sich zu dem Verbrechen. Geschah das auch um Euretwillen?"
Wieder suchte sie unter dem Helm nach etwas, das ihr half, ihn zu verstehen, aber es gelang ihr nicht. "Wenn Ihr diesen verdammten Helm abnehmen würdet", stieß sie wütend hervor, "könnte ich mit Euch sprechen anstatt mit einer – einer Festungsanlage! Und jetzt", fuhr sie fort, als er gehorchte, "würdet Ihr bitte die Güte haben, mir zu erklären, wovon um Himmels willen Ihr sprecht? Warum sollte Pater Leofric sich zu etwas bekennen, das er unmöglich getan haben kann? Wann hat er das gesagt?"
"Vor kurzem. Er suchte Erzbischof Thomas auf, der ihn jetzt gefangen hält. Euer Bruder und seine Bewacher sollten inzwischen wieder zu Hause sein."
"Ihr wusstet es also?"
"Dass sie bei dem Priester waren? Natürlich wusste ich das, Mädchen. Zu wessen Vorteil also ist dieses Geständnis? Zu Eurem oder zu dem Eures Bruders?"
Sie schüttelte den Kopf und blickte an ihm vorbei in jene dunkle Ecke, in der Warin gegen die Wand gestürzt lag. Nie zuvor hatte sie ihn so geschlagen gesehen, und nichts hatte sie gespürt von der Befriedigung, mit der sie gerechnet hatte. "Ich habe den Eindruck", erklärte sie, "dass Ihr weit mehr wisst über das, was da vorgeht, als ich. Ich scheine nur ein Bauer zu sein, eine unbedeutende Schachfigur. Ihr könnt das Spiel ohne mich fortsetzen und mich einfach mitnehmen, ehe Ihr geht. Und wenn Ihr das glaubt, was Warin über mein Benehmen gesagt hat, dann kann ich Euch nicht daran hindern, aber ich will verdammt sein, wenn ich mich gegen einen solchen Unsinn verteidige. Ich habe Besseres zu tun an meinem Fest…" Rasch biss sie sich auf die Lippen, aber er hatte es bereits gehört.
"Oh?" Er beugte sich zu ihr herunter. "Es ist Euer Festtag?"
Um bei der Wahrheit zu bleiben, so hatte sie immer an diesem Tag gefeiert. Zwar hatte ihre Mutter gewusst, dass sie ihrer Tochter kurz nach dem St. Michaelistag das Leben geschenkt hatte, aber an welchem Tag genau, das wusste sie nicht mehr. Mit ihrem Vater war es noch schlimmer, denn er hatte sich nicht einmal merken können, wie alt sie und Eric waren, sodass sie ihr Leben lang darüber im Unklaren blieben. Doch dergleichen geschah häufiger, denn Todesfälle wurden sorgfältiger notiert als die gefährlichen Geburten. Niemand hatte damit gerechnet, dass Eric am Leben bleiben würde.
"Ja", sagte sie leise. "Das ist er. In diesem Jahr habe ich beschlossen, ihn zu übergehen." Wie als Antwort auf ihre düsteren Gedanken zuckte ein Blitz durch die Hütte und tauchte sie beide in ein weißliches Licht, und der Donner, der darauf folgte, war wie ein Sturmwind, der sie mit einem Aufschrei in Judes Arme trieb. Er fing sie auf, presste sie an sich und küsste sie, während die Götter ihnen von oben zürnten. Keiner von beiden hörte das angstvolle Wiehern des Hengstes oder den Warnschrei des Knappen. Nichts anderes bemerkten sie als diesen Kuss, der ihre Sinne ganz gefangen nahm, der so leidenschaftlich war, dass keiner von ihnen zu sagen vermochte, wer von beiden ihn am meisten brauchte. Sie schmiegte sich an ihn, und ihre Lippen verschmolzen mit den seinen, als hätte der Blitz sie zu einem einzigen Wesen gemacht, das noch glühte vor Hitze.
Diesmal war Judes Begehren stärker als seine Zärtlichkeit, und auf ihren stummen Schrei reagierte er mit einer Heftigkeit, die noch von seiner Begegnung mit Warin her rührte, als wollte er jeden anderen aus ihren Gedanken verdrängen und der einzige sein, an den sie sich erinnern konnte. Diesmal, nachdem sie die Ouvertüren hinter sich gelassen hatten, gaben sie sich ganz einander hin in der Abgeschiedenheit des Sturms, und während der Regen heftig auf das Dach trommelte, das ihnen nur einen spärlichen Schutz bot, schien der endlose Kuss wie eine Droge, von der keiner von ihnen loskommen konnte. Und es wollte auch keiner.
Doch etwas musste seine soldatische Disziplin angesprochen haben, denn sie spürte, wie sich ihm neue
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