Die unwillige Braut (German Edition)
Schimpfworte, mit denen sie ihn leise bedachte, blieben zum Glück ungehört unter dem Getrappel der Hufe und dem Rattern der Wagen.
Aber während Rhoeses frisch angetrauter Gemahl schweigsam blieb, gab es einen, der nur zu bereitwillig in die Bresche sprang, als Judes konsequente Abwesenheit sie mit Bruder Alarics Schweigen auf der einen und Els' pausenlosem Geplapper mit Pierre auf der anderen Seite allein zurückließ. Mühelos drängte Ranulf Flambard sich zwischen sie, gerade als Rhoese ihre Magd ermahnte. "Genug, Els", sagte sie auf Englisch. Augenblicklich verstummte die Magd, doch Rhoeses Miene veränderte sich nicht.
"Mylady, kann ich Euch helfen? Ihr wollt anhalten?" fragte Ranulf.
Ein weiteres Mal wand sie sich den flatternden Schleier um ihren Hals und zwang sich, der Höflichkeit des königlichen Beichtvaters mit einem Lächeln zu begegnen. Sie bemerkte den hellen Pelz am Saum seines Umhangs, die bestickten Ränder, das feine Leinen an seinem Hals und den Schmuck. Überall war Gold. Und Juwelen. Sein glattes Haar lag wie eine dunkle Schüssel um seinen Kopf, und die Stirnfransen berührten knapp die geraden Brauen, so exakt wie jedes andere Detail. Er bemerkte ihren prüfenden Blick und hielt ihm ohne jede Verlegenheit stand, blickte auch nicht rasch zur Seite, wie es andere heilige Männer taten. Seine Miene drückte nichts als Wohlwollen aus.
"Nein danke, Master Flambard. Ich sagte nur meiner Magd, sie solle aufhören zu plappern, das ist alles. Es ist das erste Mal, dass sie York verlässt."
"Und Ihr, Mylady? Seid Ihr schon so weit gereist wie Euer Vater?"
"Mein Vater nahm keine Frauen mit."
"Zu gefährlich?"
"Es wäre ein Verstoß gegen die Anstandsregeln gewesen. Handelsschiffe bieten keinen Platz für weibliche Reisende."
"Nein, natürlich nicht. Dennoch seid Ihr eine gute Reiterin. Ihr habt Übung."
"Anders ist es zu unpraktisch. Mein Vater war oft fern von zu Hause, und mein Bruder kann nicht weit reisen, also musste jemand die Aufgaben des Herrn übernehmen. Einige meiner Besitztümer …" Sie brach ab, als sie ihren Fehler bemerkte.
"Eure Besitztümer …?" erinnerte der Kaplan.
"Ich wollte sagen, sie liegen ein Stück weit von York entfernt. Jetzt muss ich mich daran gewöhnen, dass ich keine Besitztümer mehr mein Eigen nenne. Glaubt Ihr, ich werde jemanden finden, der mich lehrt, meine Tage mit Nichtstun zu erfüllen? Mit Weiberklatsch? Den neuesten Moden? Höfischen Skandalen? Gehen normannische Frauen auf die Jagd, Sir? Können sie Gedichte so gut lesen, wie sie sticken können? Ich werde wirklich einigen Unsinn lernen müssen, sonst werde ich sterben vor Langeweile."
Als Master Flambard darauf nicht gleich antwortete, fürchtete Rhoese, dass sie sich für ihn wie eine Närrin angehört haben musste, die ihren neuen Status bejammerte, ehe sie sich die Zeit genommen hatte, sich daran zu gewöhnen. Was in gewisser Weise sogar stimmte. Doch jetzt hatte sie keinen Haushalt mehr, und Jude hatte ihr noch nicht den kleinsten Hinweis darauf gegeben, was sie erwartete, wenn sie London erreichten. Gab es dort viele Bedienstete? Besaß er ein großes Anwesen? Würden sie irgendwo Quartier beziehen oder in einer der neuen Burgen wohnen, die die Normannen so schnell bauten, wie Pickel auf der Haut erschienen? Man hatte ihr gesagt, dass sie sich mit ihrem Gemahl bei Hofe zeigen sollte, aber was erwartete man dort von ihr, außer einem schmückenden Äußeren? Würde sie die endlose Langeweile ertragen, und würde sie verbergen können, wie sehr sie das lüsterne Verhalten des Königs verachtete und auch die Feindseligkeiten seiner Höflinge?
"Ich glaube, Mylady", sagte Master Flambard endlich, "dass Ihr für eine Weile froh sein werdet, einige Freunde zu haben. Wenn Ihr einverstanden seid, würde ich mich gern dazu zählen. Besser als viele andere kenne ich das Leben, in das Ihr hineinkommen werdet, und ich kann Euch jeden Rat geben, den Ihr wünscht. Jude ist einer der Besten, aber als Offizier wird er häufig mit seinen Pflichten beschäftigt sein, während ich die meinen etwas flexibler handhaben kann."
Bruder Alaric auf ihrer anderen Seite räusperte sich ausführlicher, als es gemeinhin üblich war, aber da Rhoese meinte, die Absicht, die sich hinter dem Angebot verbarg, zu erkennen, achtete sie nicht darauf. Hier war Judes engster Freund, ein weltgewandter und zweifellos ehrgeiziger Mann, der ihr seine Kameradschaft anbot zu einem Zeitpunkt, da sie sie am meisten brauchte. Judes
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