Die unwillige Braut (German Edition)
tun sollen!" rief sie. "Er hätte es nicht tun sollen! Ich weiß, dass Warin lieber tot wäre als so ein halbes Leben zu führen."
"Jetzt denkt Ihr so", sagte er, "und vielleicht wird auch er das für eine Weile tun. Aber versucht, vernünftig zu denken. Er wird blind sein. Das ist Euer Bruder auch, und hat er nur ein halbes Leben? Ich denke nicht. Ich lebe im Zölibat, und ich versichere Euch, auch mein Leben ist erfüllt. Lasst ihm Zeit."
"Das hat Eric auch gesagt."
"Dann werden wir uns wohl nicht beide täuschen, oder?" Er beobachtete sie und sah, wie sie langsam den Kopf schüttelte. "Nun, gibt es noch etwas?"
Sie streckte die Hände aus, und das Buch fiel mit einem Knall zu Boden. "Alles", flüsterte sie. "Ketti, Warin und ihre Verwandten werden hier leben, und Ihr wisst, was da draußen liegt, außerhalb der Mauern." Sie deutete zu der Stelle, wo der Stein das kleine Grab markierte. "Was ist, wenn sie es findet? Oder ihr schrecklicher Sohn? Was, wenn …"
" Schsch!" machte Bruder Alaric. "Überlasst das mir. Ich werde ein paar von den Burschen veranlassen, alte römische Steine darauf zu türmen."
"Würdet Ihr das tun?"
"Ja, und ich werde dafür sorgen, dass sie den Schaft des alten keltischen Kreuzes dahin schaffen, so dass sie glauben werden, es sei ein heiliger Ort. Sie werden nicht wagen, daran zu rühren. So, und nun geht hinaus und tut so, als hättet Ihr keine Sorgen auf dieser Welt." Er stand auf und legte eine Hand unter ihren Ellenbogen. "Da draußen im Hof steht ein ziemlich interessanter Wallach, und mir scheint, er könnte für eine Lady gedacht sein. Am besten geht Ihr hin und seht einmal nach."
Jude war bei einer Gruppe von Männern, die neben einem schönen Braunen standen, doch kaum war Rhoese in Sichtweite gekommen, bemerkte er sie und wandte den Blick von keinem ihrer Schritte, bis sie herangekommen war. "Kommt mit mir, Lady", sagte er und nahm ihre Hand.
Sie war froh über diese kleine Geste, denn sie war nicht sicher, wie sie ihm nach den Erlebnissen der vergangenen Nacht gegenübertreten sollte. Es lohnte sich für sie, ihn anzusehen, denn im Gegensatz zu ihr am frühen Morgen wies er keine Spuren ihrer stürmischen Begegnung mehr auf. Er war sauber und frisch rasiert, sorgfältig gekleidet in Rot und Blau, mit einer sauberen geschnürten Hose und polierten knöchelhohen Lederstiefeln. Über der Schulter trug er lässig einen leichten wollenen Umhang, der von einer goldenen Fibel mit einem großen Amethysten in der Mitte gehalten wurde. An seinem Schwertgurt schimmerten noch mehr Juwelen, und sein Schwertgriff spiegelte die Sonnenstrahlen wider. Seine Hand fühlte sich warm und fest an, dabei zog er sie sanft ins Gespräch.
Eric strich über die Schulter und den Hals des Tieres, während Neal und Pierre es umrundeten und von allen Seiten bewunderten.
"Gefällt er Euch", fragte Jude. "Er hat beinahe dieselben Farben wie Ihr."
"Für mich?"
"Für Euch. Könnt Ihr ihn reiten?"
"Das kann ich, Sir. Aber ich besitze bereits eine Stute."
"Die habe ich gesehen. Eure Magd oder die Amme können das Tier nehmen. Euch sähe ich lieber auf etwas Schönerem. Sein Name ist Ar."
"Das bedeutet Kupfer auf Englisch."
"Tatsächlich? Dann ist das ein passender Name."
"Neues Zaumzeug auch?"
"Neues Zaumzeug für einen neuen Ritt. Neuer Herr und neue Herrin." Er lächelte viel sagend, und sie begriff, dass er nicht von dem Pferd sprach. "Nun, Lady? Werdet Ihr ihn annehmen?"
Bildlich gesprochen hatte er sie in die Ecke gedrängt, und jetzt gab es für sie keine Gelegenheit mehr, ihn zu brüskieren, wie sie es beabsichtigt hatte. Sie betrachtete die Hand, mit der er sie hielt, und war dann bereit, ihm die Antwort zu geben, die er hören wollte. "Ja, Sir. Ich danke Euch. Ich glaube, ich nehme ihn an."
"Er wird auf Euch aufpassen", sagte er ihr ins Ohr. "Vertraut ihm."
"Mir bleibt doch keine andere Wahl, oder?" fragte sie. "Vom Eigentümer zum Eigentum in weniger als einer Woche. Für die Tochter eines Lehnsmannes müsste das eine Art Rekord darstellen."
"Seltsam", sagte er. "Ich hätte schwören können, dass Ihr vor noch gar nicht langer Zeit keinen Gedanken an all das verschwendet habt. Ich habe wohl geträumt." Er ließ ihre Hand los und hob den Zügel an, als Eric gebückt unter dem Kopf des Pferdes hindurchging. "Eure Schwester mag ihn."
"Ich mag ihn auch", erwiderte Eric und tätschelte den schimmernden Hals des Tieres. "Ich denke, er wird bei uns bleiben."
"Genau das frage ich mich",
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