Die unwillige Braut (German Edition)
erzählen. Noch weitaus verstimmter waren sie, als sie die gekrümmten Pergamentseiten sahen, schwarz wie die Unterseite eines Pilzes, die auf den brennenden Scheiten lagen. Der schöne Ledereinband schrumpfte zu einem Nichts zusammen. Ein Ehemann hatte wohl das Recht, so etwas zu tun, meinten sie, aber was für eine Verschwendung!
"Und geh ja nicht los und erzähl das alles seinem Knappen", sagte Hilda zu Els und reichte ihr Rhoeses Schuhe.
Diesmal besaß Els genug gesunden Menschenverstand, um nichts darauf zu erwidern.
Hatte Jude de Brionne bisher geglaubt, sie einschätzen zu können, so begann er allmählich, seine Meinung zu ändern. Tatsächlich hatte er angefangen, anders darüber zu denken, als der Bursche ihm das Buch gegeben hatte, das er in einer dunklen Ecke ihrer Kemenate gefunden hatte. Jude hatte es den ganzen Tag über bei sich getragen. Bis zum Abend hatte sich kein passender Moment ergeben, sie darauf anzusprechen, und selbst dann hatte er keine Tränen erwartet, sondern eine Auseinandersetzung, die zu ihrer beider Zufriedenheit hätte ausgehen können. Waren die Tränen ein Zeichen von Schuld? Er streckte einen Fuß aus, damit Pierre ihm den Stiefel ausziehen konnte. Hatte er sich getäuscht, als er glaubte, Zeichen von Entspannung zu erkennen, nachdem sie ihm gegenüber immer nur zornig ihr Missfallen geäußert hatte?
Er wusch sich Gesicht und Hals, tauchte dann seinen Kopf noch einmal ins Wasser, ehe er einen Arm nach dem Handtuch ausstreckte. Wasser rann in kleinen Rinnsalen über seine breite Brust, als er sich halb nackt aufrichtete. Nein, dachte er. Sie hatte auf ihn reagiert, und ihre Bemerkung am Morgen zeigte, dass sie ihre gemeinsame Nacht nicht als vollkommen abstoßend empfunden hatte. Warum bemühte sie also einen Zauber? Hatte sie das getan, als er beobachtet hatte, wie sie in der vergangenen Nacht im Garten kniete? Einen Zauber gesprochen? War sie deshalb so wütend gewesen?
All das war heidnischer Unsinn, aber was ihn am meisten beunruhigte, war nicht die Möglichkeit, dass vielleicht ein Zauber wirksam werden könnte, sondern dass sie offensichtlich mehr benötigte als den Beistand ihres Geistlichen, um diesen neuen Abschnitt in ihrem Leben zu bewältigen. Und es war bekannt, dass die Magie, die Engländer gegen Normannen einsetzten, niemals deren Gesundheit oder dem Glück diente. Der Gedanke beunruhigte ihn. Wie sollte er sie nach der vergangenen Nacht in Ruhe lassen können? Und was war mit Flambard? Seinem Charakter entsprechend hatte er keine Zeit verloren. Diese Situation würde man im Auge behalten müssen. Sehr genau.
Das Haar noch feucht, rollte er sich auf sein Bett und deckte sich mit Decken und Fellen zu. Hier oben im Norden waren die Nächte bereits kalt, und früher hätte er nicht allein geschlafen, wenn er eine hübsche Frau bei sich haben konnte, die ihn warm hielt. Jetzt wollte er nur noch Rhoese of York, und zum ersten Mal in seinem Liebesleben war er sich nicht sicher, dass seine bewährten Methoden ausreichen würden, um außer ihrem Körper auch ihr Herz zu gewinnen. Es dauerte lange, ehe er einschlief, gequält von Begehren und voller Verlangen nach ihr, wobei er sich Fragen stellte, auf die es zu viele Antworten gab, und nicht eine einzige, die ihn überzeugte.
Die Vernichtung des alten Rezeptbuchs ihrer Mutter war ein Gewaltakt, den Rhoese nur schwer akzeptieren konnte, ganz zu schweigen davon, ihn zu vergeben. Nichts konnte Hilda zu Judes Verteidigung vorbringen, das den Zorn ihrer Herrin linderte.
"Sag mir nicht schon wieder, dass ein Ehemann das Recht dazu hat", fuhr sie die friedfertige mütterliche Amme an. "Ich will davon nichts hören. Es war mein Buch, seit Generationen weiter vererbt, und es war das Letzte, das mich noch an meine Mutter erinnerte. Und wenn ich mich an den schlimmsten Zauber darin erinnern könnte, dann würde ich das verdammte Ding bei abnehmendem Mond auf ihn anwenden und ihm Natterzähne in sein Porridge mischen. Und er soll ja nicht glauben, dass ich noch einmal mit ihm schlafe."
Die Blicke von Els und Hilda trafen sich. Beide machten große Augen. Schon vor Tagesanbruch hatten sie sich erhoben, ihre Sachen wieder eingepackt und mehr schützende Kleidung gegen den unvermeidlichen Regen zusammengesucht. Dann hatten sie gefrühstückt, um sich auf die Unbilden des Tages vorzubereiten.
Hilda streckte Rhoese eine Hand hin. "Was ist damit?" fragte sie. "Auch dies stammt von deiner Mutter, erinnerst du dich? Du
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