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Die Unzertrennlichen

Die Unzertrennlichen

Titel: Die Unzertrennlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Faschinger
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genug, um zu verstehen, dass dies keine Bitte war, sondern ein Befehl. Na ja, ich hatte ohnehin vorgehabt, zwei Tage später wieder in den Sausal zu fahren. Stefan hatte mich fast täglich in Wien angerufen, mir beteuert, wie sehr er mich vermisse, und mich beschworen, ihn wieder zu besuchen, sobald ich könne. Nach allem, was ich nun wusste, wäre es fraglos vernünftig gewesen, mich von ihm fernzuhalten, doch ich war nicht bereit, eine Beziehung, die sich endlich zum Positiven entwickelte und sexuell immer aufregender wurde, von einem Tag auf den anderen aufzugeben. Außerdem war ich neugierig. Bevor ich mich zu diesem Schritt entschloss, musste ich noch mehr über die Ehe meiner beiden Freunde herausfinden – und vor allem über das, was mit Regina geschehen war.
    Wie gesagt, ich kannte meine Großmutter. Für sie war absolute Sippenloyalität eine Selbstverständlichkeit, sie würde mich nicht in Frieden lassen, bevor ich mit den zuständigen Beamten gesprochen hatte. Den Anfang würde ich mit dem Amtsarzt machen. Vielleicht war es auch möglich, Einblick in die Fotos des Polizeifotografen zu nehmen. Es war zu hoffen, dass man auf dem steirischen Land einem Profi auf dem Gebiet der Rechtsmedizin, der an der Universität Wien arbeitete und lehrte, den ihm gebührenden Respekt bezeugte. Selbst wenn es sich bei diesem Profi um eine Frau handelte.
    Einmal mehr fuhr ich also in den Sausal. Diesmal mit Winterreifen.
    »Ach, deine Großmutter übertreibt«, sagte Stefan, nachdem ich ihm von ihrem Anruf berichtet hatte. »Klarerweise hoffen die Leute hier, dass es sich um ein Verbrechen handelt – oder wenigstens um einen Selbstmord. Ein Mord wäre natürlich die Krönung, auch wenn er schon länger her wäre. Dann stünde der Ort endlich einmal im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, und das nicht nur als Bezirkssieger im Blumenschmuckwettbewerb. Zeitungsjournalisten, Fernsehleute und Neugierige kämen hierher, noch dazu im Winter, wo sich jeder im Dorf unsäglich langweilt. Ein echter Gewinn. Aber ich wette, die Sache stellt sich als relativ harmloser Unglücksfall heraus.«
    Wir saßen in der Gaststube des örtlichen Kirchenwirts und aßen zu Abend. Ich hätte ein italienisches Restaurant vorgezogen, aber das nächste war einige Kilometer entfernt, und da viel Schnee gefallen war, wollten wir nicht mit dem Auto fahren. Stefan, der sich weiterhin von einer sehr einnehmenden Seite zeigte, bestand darauf, mich zum Essen einzuladen.
    Das Lokal prangte im schönsten Weihnachtsschmuck. Beim Betreten des Gasthauses hatten wir uns nur mit Mühe an einer monumentalen Krippe in Form eines alpenländischen Bauernhofs, ausgestattet mit bunt bemalten, nahezu lebensgroßen Holzfiguren, vorbeidrücken können, über der ein Stern von Bethlehem mit ausladendem Schweif in allen Regenbogenfarben blinkte. Mitten in der Stube stand eine hohe und breite Tanne, an deren Ästen lange, ebenfalls farbenfroh blinkende Ketten hingen. Aus dem dicken Bauch eines etwa einen halben Meter hohen Weihnachtsmannes mit lachendem Plastikgesicht, der auf einem Fenstersims in unserer Nähe stand, drang in regelmäßigen Abständen das Lied Jingle Bells. Auf dem weißen Plüschrand seiner roten Mütze blinkten unaufhörlich Sterne. All das Blinken, Leuchten, Schillern, Funkeln und Spiegeln machte einen ganz nervös. Ging man durch den Raum, musste man unter den silbern und gülden glitzernden Girlanden durchtauchen, die ihn kreuz und quer durchzogen. Wir hatten gerade eine Schilcherrahmsuppe zu uns genommen und waren vom Genuss des feuerfarbenen Weines der Sorte Blauer Wildbacher, der offensichtlich in großzügigen Mengen zu ihrer Zubereitung verwendet worden war, nicht mehr völlig nüchtern.
    »Weiß man inzwischen schon mehr über den Hergang des Todesfalles?«, fragte ich und ertappte mich dabei, wie ich Stefans Reaktion auf meine Frage einzuschätzen versuchte. Überhaupt beobachtete ich ihn nun genauer als sonst, musterte ihn öfter von der Seite, versuchte an seiner Miene abzulesen, was in seinem Kopf vorging. Doch falls er etwas zu verbergen hatte – und das hatte er höchstwahrscheinlich –, ließ er sich nichts anmerken.
    »Polizei und Gendarmerie schweigen. Aber ich bin sicher, dass es ein Unfall war, allenfalls noch ein Selbstmord. An ein Verbrechen glaube ich nicht.« Er legte seine Hand auf meine und streichelte sie sacht. »Nicht hier. Nicht in dieser ländlichen Idylle. Ich kenne fast alle Dorfbewohner, es sind einfache,

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