Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Titel: Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
Vom Netzwerk:
die er damals gewesen war. An Lucia del Fuego, die als graue Jägerin in den Dienst von Manderley Manor getreten war. Die ihrer Mutter während der Whitechapel-Aufstände beigestanden hatte. Wie gut, fragte Emily sich erneut, hat Lucia del Fuego meine Mutter gekannt? Dass sich die graue Jägerin einen Vorteil durch die innige Bindung zu Manderley Manor hatte erschleichen wollen, stand selbst für das Kind außer Frage.
    »Werden Sie mir sagen«, traute sich Emily schließlich doch noch den Lichtlord zu fragen, »was es mit meiner Familie auf sich hatte? Mit Lord Brewster, meiner Mutter … und Lucia del Fuego?«
    Lycidas legte ihr die Hand auf den Kopf.
    Als wolle er sie segnen.
    Sagte: »Hören Sie mir genau zu.«
    Und Emily Laing tat genau das, was er von ihr verlangte.
    Sie lauschte seinen Worten.
    Wir alle lauschten seinen Worten.
    Denn das, was er sagte, würde hoffentlich Licht in die Geschehnisse bringen. Und außerdem war es an der Zeit, dass wir in klaren Worten zueinander sprachen. Dass wir sagten, was es zu sagen gab. Auf dass nichts zwischen uns stünde, wenn wir hinabstiegen, um dem Nyx entgegenzutreten.
    Denn das war es, weswegen wir hier waren.
    Wir hatten uns in St. Paul’s getroffen, um ein Palaver abzuhalten.
    Und so sprach Lycidas, der einst ein Engel gewesen war. Ließ uns teilhaben an den Dingen, die wir vielleicht ahnten und doch nicht wussten.
    »Es ist wahr«, begann er, »dass ich meine eigenen Ziele verfolgt habe. Aber tut dies nicht jeder von uns? Ist sich letzten Endes nicht jeder selbst der Nächste?« Emily hatte den scharfen Unterton in der dunklen Stimme wahrgenommen. »Einst habe ich den Black Friars gedient.«
    »Nur vorgegeben, ihnen zu dienen.« Miss Monflathers konnte sich noch an die graue Jägerin erinnern, der sie bei einigen Gelegenheiten begegnet war. Unten in der alten Abtei der Black Friars. An Lucia del Fuego, die Lycidas damals gewesen war.
    »Meine Absichten deckten sich nicht gänzlich mit denen der ehrenwerten Bruderschaft. Ja, Miss Monflathers, da pflichte ich Ihnen bei. Und doch heuerte Mylady Manderley mich an«, erinnerte sich der Lichtlord. »Als Leibwächterin ihrer Tochter.«
    Maurice Micklewhite beeindruckte dieses Geständnis wenig.
    »Das haben Sie uns bereits damals gesagt.«
    »Doch sagte ich Ihnen auch«, parierte Lycidas, »dass Mia Manderley den Mann ihres Herzens bereits kannte, als sie Lucia del Fuego zum ersten Mal vorgestellt worden war? Ja, dass es sogar schon ein Kind gegeben hatte?« Emily spürte, dass die nächsten Worte für sie bestimmt waren. Und sie bekam eine Gänsehaut, als er sagte: »Miss Emily Manderley.«
    Beim Klang des Namens wurde ihr unwohl.
    Verbesserte ihn schnell: »Emily Laing!«
    »Das erstgeborene Kind Mia Manderleys wurde fortgegeben. Ins Waisenhaus des alten Mr. Murdstones unterhalb von Rotherhithe. Als ich zum ersten Mal nach Manderley Manor kam, um Mia kennen zu lernen, da hatte sich dies alles schon zugetragen. In dieser Hinsicht, das muss ich zugeben, habe ich Sie damals allesamt belogen. Ich wusste nichts von einem Erben des Hauses. Zwar erzählte mir Mia später, nachdem wir uns näher standen, von dem Künstler, dem sie ihr Herz geschenkt hatte. Von Richard Swiveller, ihrem Vater.« Erneut sprach er direkt zu Emily. »Doch geschah dies erst viel später, vor der Vermählung mit Martin Mushroom.«
    Lucia del Fuego hatte ihre Mutter also gut genug gekannt, dass sie ein solches Geheimnis anvertraut bekam. Mia Manderley hatte der Jägerin von ihrer Liebe zu dem jungen erfolglosen Poeten und Komponisten erzählt. Die beiden Frauen – von denen die eine weder Frau noch Mann, sondern ein gefallener Engel war – waren so etwas wie Freundinnen gewesen.
    Irgendwie.
    Wie Aurora und sie selbst.
    Hatten Mia und Lucia Geheimnisse geteilt? Miteinander geredet, so wie Freundinnen es miteinander tun? Einander in den Armen gelegen und getröstet?
    »Warum haben Sie sich das Vertrauen meiner Mutter erschlichen?«
    »Weil es notwendig war.«
    »Sie hätten mit offenen Karten spielen können«, sagte ich.
    Die Antwort war ein entschiedenes: »Nein!« Emily erkannte die Endgültigkeit in der Stimme.
    »Warum?«
    »Wegen der Ratten!«
    Miss Monflathers sagte: »Die Ratten sind seit jeher unsere Verbündeten.«
    Niemals waren Ratten und Black Friars getrennte Wege gegangen.
    »Die Kaste der Ratten«, stellte Lycidas fest, »diente schon immer dem Ophar Nyx.«
    »Nicht Mylady Hampstead«, entfuhr es mir.
    »Ausnahmen bestätigen die

Weitere Kostenlose Bücher