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Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Titel: Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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ich die Emily, die mich unter dem Waschbecken kauernd gefunden hatte.«
    »Und danach?«
    Aurora überlegte.
    »Nichts.«
    Anubis hatte es vorhergesagt.
    »Ich habe alles vergessen. Die Lichter des Zuges blitzten auf, und im nächsten Moment befinde ich mich in der Pyramide unterhalb der Royal Albert Hall. Was immer dazwischen lag, ist fort.«
    Für Aurora, dachte Emily erleichtert, ist dies also ein neuer Beginn.
    »Was werden wir jetzt tun?«, fragte Emily.
    Unsicher.
    »Was meinst du?«
    »Wird das, was geschehen ist, zwischen uns stehen?«
    Aurora überlegte nicht lange, bevor sie antwortete: »Wir sind Freundinnen.«
    Nur diese Worte.
    Die alles sagten.
    So saßen die Mädchen eine Weile da und lauschten den Geräuschen, die sie umgaben. Dem Wind, der hoch oben heulte. Dem Getuschel der anderen Gäste. Den eigenen Gedanken.
    Sie mussten warten.
    Und Emily hasste es zu warten.
    Doch blieb ihr nichts anderes übrig. Nachdem wir St. Paul’s verlassen und die Mädchen ins Museum gebracht hatten, hatten Maurice Micklewhite, Miss Monflathers und ich einiges zu erledigen gehabt und hatten uns nun zu einer Besprechung in das Büro des Elfen zurückgezogen. Alle drei waren wir der Ansicht, dass es zu gefährlich sei, die Kinder in das, was uns bevorstand, mit einzubeziehen. Wann immer ich jedoch die Notwendigkeit betonte, Mara Manderley zu finden, und anführte, dass wir dazu auf die Hilfe Emilys angewiesen waren, hielt der Elf mir entgegen, dass es aussichtslos sei, das Kind zu retten. Zu lange schon sei Mara in der Gewalt des Aphroditen. Vermutlich bereits längst im Abgrund und fest in den Fängen des Nyx. Nein, wir müssten Manderley Manor von den Neuigkeiten in Kenntnis setzen, wurde auch Miss Monflathers nicht müde zu betonen. Einer von uns – meine Lehrerin von einst bot sich hierzu an – sollte dem Lichtlord in die Hölle folgen und ein Auge haben auf das, was sich dort tat.
    »Es war eine lange Besprechung«, würde Emily später bemerken.
    »Fragen Sie erst gar nicht.«
    Mehr gab es nicht zu sagen.
    Doch noch dauerte die Besprechung an.
    Und die beiden Kinder warteten im großen Lesesaal darauf, dass ihnen endlich jemand mitteilte, worüber sich die Erwachsenen denn so intensiv unterhalten hatten während der ganzen langen Zeit.
    »Was werden wir tun, wenn dies alles hier vorüber ist?« Eigentlich richtete Emily die Frage an sich selbst.
    Bereits in der U-Bahn hatte Aurora sich nach den Pflegeeltern erkundigt. Ein ganz schlechtes Gewissen hatte sie deswegen geplagt. Gewiss würden sich die Eheleute Quilp sorgen.
    »Die Polizei hat sie informiert«, hatte Emily ihrer Freundin erklärt.
    Erstaunt hatte Aurora feststellen müssen, dass die Quilps keinerlei Kontakt mehr zu Emily gesucht hatten.
    »Nachdem Wittgenstein ihnen versprochen hatte, sich der Sache anzunehmen«, war Emily fortgefahren, »haben sie kein Wort mehr mit mir gewechselt. Nicht einmal am Telefon haben sie mit mir reden wollen.«
    Natürlich hatte auch Emily sich davor gesträubt, mit ihren Pflegeeltern sprechen zu müssen. Mit Grauen erinnerte ich mich an das Telefongespräch, das ich an ihrer statt mit den beiden ehrenwerten Bürgern aus Hampstead hatte führen dürfen. Doch wäre Emily insgeheim nicht froh darüber gewesen, ein Wort des Trostes zu empfangen? Irgendeine Geste, die ihr geholfen hätte, mit ihrem Fehler fertig zu werden? War sie nicht noch ein Kind, und hatten die Quilps sie bisher nicht auch so behandelt?
    Zu erfahren, wie Aurora vom Museum aus in Hampstead angerufen hatte und in dem kleinen Haus grenzenlose Freude ausgebrochen war, weil sie endlich wieder die Stimme der totgeglaubten Pflegetochter vernahmen, war ein schönes Gefühl gewesen und dennoch schmerzhaft. Es tat weh, weil sich die Quilps noch immer weigerten, mit ihr zu sprechen. Sie hätten Emily die Tat bisher noch nicht verzeihen können, teilten sie Aurora mit.
    »Von Anfang an«, hatte Emily geflüstert, »haben sie dich mehr gemocht.«
    Aurora hatte dagegen protestiert. »Das stimmt nicht.«
    Doch ihre Stimme hatte verraten, dass sie es auch so sah.
    Dass sie es gespürt hatte, wie Emily es gespürt hatte.
    »Was werden wir tun, wenn dies alles vorüber ist?«
    Emily würde nicht zu den Quilps zurückkehren. Dessen war sie sich gewiss. Nicht nach Hampstead mit seinen gepflegten Rasenflächen und den symmetrischen Vorgärten. Auch würde sie niemals nach Manderley Manor gehen. Nie mehr wollte sie nach Manderley zurückkehren.
    Dies war nicht ihre

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