Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Titel: Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
Vom Netzwerk:
stimmte ihrer Freundin zu. »Und grausam.«
    »Es ist, wie es ist.« So einfach war es für Lucia del Fuego. »Wir sind nicht dazu auserkoren, die Natur der Welt zu ändern. Darum schlage ich vor, wir gehen den Nekir aus dem Weg.«
    Keines der Mädchen brachte diesbezüglich einen Einwand vor.
    Stattdessen folgten sie Lucia del Fuego durch die endlosen Stollen und Gänge.
    Immer wieder passierten sie kleine Höhlen, in denen sonderbare Gerätschaften aufgebaut waren, die aus dem wildesten Sammelsurium von Drähten, Rohren, Metallträgern, Holzverstrebungen und Plastikteilen bestanden, das man sich vorstellen konnte. Manche dieser Maschinen arbeiteten schnaufend wie lebendige Wesen, stießen rußige Wolken oder zischenden Wasserdampf in die Luft, wodurch sich am Boden der Höhlen infolge der Eisschmelze tiefe Pfützen gebildet hatten, durch die die Kinder mit den Spiegelscherbenaugen wateten. Andere Maschinen wiederum standen einfach da, scheinbar ohne Verwendungszweck und Sinn.
    »Als hätte man die Dinger aus dem Müll der Stadt zusammengeklaubt«, hatte Aurora ihrer Freundin zugeflüstert, als sie die erste dieser Höhlen passiert hatten.
    »Lycidas lässt tief in die Eingeweide der Erde graben, um die Kreise der Hölle zu verbinden. Wie bereits erwähnt, ist es sein Ziel, den Limbus zu öffnen. Die Nekir sind nur ein Vorgeschmack auf das, was dort unten darauf wartet, endlich entfesselt zu werden.«
    Emily schluckte.
    Sie mochte sich nicht ausmalen,
was
dort unten der Entdeckung harrte.
    Während es unaufhörlich weiterging, versuchte sie an ihre Mutter zu denken. Würde diese sie aufnehmen und als ihre Tochter akzeptieren? Zaghaft sah Emily zur Seite, wo Aurora neben ihr den Stollen entlangtrottete. Auch ihr schienen die Füße wehzutun.
    Was würde mit Aurora geschehen? Würden sie es schaffen, ihre Freundschaft zu bewahren?
    Es waren einfach zu viele Fragen. Zu viele Ungewissheiten.
    Dinsdale leuchtete ihnen geduldig den Weg.
    Emily musste beruhigt lächeln, wenn sie das Irrlicht beobachtete. Dinsdale strahlte eine gesunde Ruhe aus. Es tat einfach gut, ihn in ihrer Nähe zu wissen, wenngleich die Stollen und Tunnel hier unten in der Hölle so gut beleuchtet waren, dass die Funktion des Irrlichts als Leuchtquelle kaum mehr vonnöten war. Dennoch wich er nicht von der Seite der Mädchen.
    So näherten sie sich langsam, doch stetig dem Ziel, in dessen Richtung die Jägerin ihrer aller Schritte lenkte.
    Zweimal mussten die Reisenden Deckung suchen, einmal hinter Schutthalden und ein anderes Mal in einem dürftigen Schuppen voller Arbeitsgeräte, der sich inmitten einer großen Höhle befand.
    Ansonsten kreuzten die Nekir nicht mehr ihren Weg.
    Lucia del Fuego war nun wachsamer denn je.
    Hier und da legte sie sich auf den Boden und lauschte, indem sie das Ohr aufs Eis presste. Sie schnupperte, wenn ihnen der kalte Wind in die Gesichter schlug, und suchte immerzu auf dem Boden nach Fährten und Hinweisen. »Die Nekir lauern ihrer Beute oft in Felsspalten auf.«
    Auf eine unbestimmte Art bewunderte Emily diese Frau. Sie schien keinerlei Schwäche zu zeigen, abgesehen von derjenigen, von der sie den Kindern im Cheshire Cheese berichtet hatte. Dessen eingedenk wunderte sich Emily allenfalls darüber, dass sie diese Schwäche ihnen gegenüber überhaupt zugegeben hatte.
    »Sie ist seltsam«, hatte ihr Aurora zugeflüstert.
    »Sie hat uns das Leben gerettet!«
    Wem konnte man denn wirklich trauen in diesen Tagen?
    Während die Jägerin an manchen Wegbiegungen vorausgegangen war, um den Pfad zu erkunden, hatte Emily mit ihrer Freundin des Öfteren getuschelt.
    »Es ist, als würde sich niemand für uns interessieren«, hatte Emily geflüstert. »Für Mara ebenso wenig. Wir sind wichtig, solange wir die Rollen spielen, die man uns zugedacht hat.«
    Aurora war der gleichen Meinung. »Die Welt ist eben gierig.«
    Jedermann, mit dem die Mädchen es seit der Flucht aus dem Waisenhaus zu tun bekommen hatten, verfolgte hartnäckig sein eigenes Ziel. Und seltsamerweise war Emily der gemeinsame Nenner. Jeder wollte auf die eine oder andere Art und Weise mit ihr zu tun haben. Doch wie viele Wahrheiten mochte es geben? Wer hatte Recht und wer Unrecht? Drehte sich die Welt tatsächlich so überaus schnell, wie alle behaupteten?
    Was Emily verstand, war, dass die Welt, die man ihr als die uralte Metropole vorgestellt hatte, aus den Fugen geraten war.
    »Sie haben Jack the Ripper erwähnt.«
    »Seltsam, nicht wahr?«
    Emily hatte

Weitere Kostenlose Bücher