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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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dessen Winkeln Hautfetzen baumelten, hämisch anzugrinsen.
    Ich stieß einen verzweifelten Schrei aus.
    Mühsam richtete ich mich auf. Mir schwindelte, als ich die Pistole auf das Wesen richtete und abdrückte. Der Vrolok krümmte sich augenblicklich zusammen und ging aufheulend in die Knie.
    Die anderen Vrolok kamen auf mich zugestürmt.
    »Eliza.« Es war Tom, der neben mir in Eile sein Gewehr nachlud.
    »Es geht mir gut«, log ich gekonnt.
    Pickwick und Tibor schlossen zu uns auf.
    »Wir müssen einen Kreis bilden«, schrie der Doktor, und ich fragte mich, was uns das bringen sollte. Im Wald vor und hinter uns wimmelte es nur so von diesen Kreaturen. Das fürchterliche Heulen erfüllte die Nacht um uns herum. Die Pferde waren tot. Ebenso Herr Vályi. Es gab keinen Unterschlupf, wo wir uns hätten verschanzen können. Da war nur der Wald mit der Übermacht auf uns zustürmender Kreaturen.
    Tom schoss zwei der Vrolok, die den armen Tamás verfolgt hatten, nieder.
    Dann überstürzten sich die Ereignisse.
    Die Vrolok schienen überall zu sein. Ich roch den fauligen Atem eines der Wesen, noch bevor ich den harten Griff der Klauen an meinem Arm spürte. Etwas hob mich hoch in die Luft, schleuderte mich gegen einen Baumstamm. Ein heißer Schmerz explodierte in meinem Bewusstsein. Ich schrie laut auf und sah, wie Tom einem der Wesen seinen Gewehrkolben mitten ins Gesicht hieb. Zwischen dem Fauchen und Knurren der Kreaturen hörte ich die Stimmen Pickwicks und Tibors. Eines der Wesen kam flink auf mich zugesprungen. Der Aufprall stieß mich tief ins Dickicht hinein. Lange Dornen zerkratzten mir das Gesicht. Blindlings griff ich nach dem Kopf des Vrolok und versuchte schreiend und zappelnd zu verhindern, dass er die spitzen Zähne in meinen Hals grub. Scheinbar mühelos entwand sich der Vrolok meinem Griff, und ich spürte einen harten Schlag an meinem linken Arm.
    Dann brach der Vrolok überraschenderweise tot über mir zusammen, und ein Schwall warmen Blutes ergoss sich über mich. Ich erkannte, dass ihm etwas mit einem einzigen Hieb den Kopf vom Leib getrennt hatte.
    Mein Schreien war nurmehr ein hysterisches Winseln, als ich die hoch gewachsene vermummte Gestalt auf einem Pferd erkannte, deren stechende helle Raubtieraugen auf mich herabblickten. Dieses Bild vor Augen, verließ mich meine Kraft, und die vom Mond erhellte Welt wurde zur finsteren Nacht.
    Am Ende konnte ich nicht einmal vermuten, wie lange ich geschlafen hatte. Mein Bewusstsein kehrte nur langsam zurück, als sei ich in den Tiefen eines berauschenden Ozeans ertrunken und müsste mich nun unter Aufbietung all meiner Kräfte hinauf zur Oberfläche treiben lassen. Ein Schleier umgab meine Augen, und nur äußerst trüb nahm ich die Umgebung, in welcher ich erwachte, wahr. Ein süßlicher Geschmack benetzte Mund und Nase, und mir schwindelte. Ich führte meine Hände zum Gesicht und ertastete vorsichtig seine Konturen. Alles schien in Bewegung zu sein, bis ich beide Hände fest gegen das Gesicht presste und mich zwang, langsam und kontrolliert zu atmen.
    Ich befand mich in einem Zelt, und draußen schien es bereits Tag zu sein. Dunkle Träume hatten mich gequält, in welchen ich vor Schmerz laut aufgeschrien und geweint hatte. Der Mann mit den Raubtieraugen war in meinem Traum gewesen und hatte mir aus einer blutenden Wunde, die er selbst seinem Arm mit einem Dolch beigebracht hatte, zu trinken gegeben.
Ihr müsst dies tun, wollt Ihr nicht zu einer der ihren werden.
Ich hatte der Stimme, die so vertrauenserweckend geklungen hatte, geglaubt.
    Ich atmete tief durch.
    »Du hast bloß geträumt.« Da war meines Bruders Stimme, dicht neben mir. Sie klang eigenartig. Mühsam versuchte ich den Kopf zur Seite zu drehen und mich langsam aufzusetzen. »Kleine Eliza«, flüsterte mir Tom zu, und ich spürte seine Hand durch mein Haar gleiten. Seine vertraute Stimme klang seltsam entrückt und heiser. »Wir sind gerettet, liebe Schwester.«
    Im Zelt herabhängende Schleier erweckten in mir den Eindruck, wir befänden uns in einer fremden, exotischen Welt. Ein dichter, würziger Rauch ließ mich nur Konturen des Raumes erkennen.
    Meine Hand fiel müde zur Seite und tastete nach dem Bruder, dessen Stimme ich vernommen hatte. Erleichterung machte sich breit, als ich ihn neben mir spürte.
    »Was ist geschehen?« Es war kaum mehr als ein kraftloses Hauchen.
    »Man hat uns gerettet«, wiederholte er.
    Also gab es doch ein gutes Ende für die Helden dieser Geschichte.

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