Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith
Blinzelnd versuchte ich mehr von meiner Umgebung wahrzunehmen.
»Ich fühle mich schwach«, flüsterte ich und spürte, wie meine Lider erneut zuzufallen drohten.
»Du hast lange geschlafen«, erklärte mir Tom.
Ich fühlte mich elend.
Mein Magen wurde von plötzlichen Krämpfen befallen. Mit letzter Kraft drehte ich mich zur Seite und übergab mich auf die edlen Kissen zu meiner Rechten. Mit Entsetzen registrierte ich, dass sich die Kissen rot färbten. Ein neuer Krampf ließ mich einen weiteren Schwall dunklen Blutes erbrechen. Panisch begann ich zu würgen. Mir schwindelte erneut. Ich hatte eine Angst, wie ich sie selten zuvor verspürt hatte.
»Es ist in Ordnung«, hörte ich Tom flüstern. Seine Arme hielten mich fest umschlungen. Seine Hände lagen ruhig auf meinem Bauch. »Es wird dir bald besser gehen, kleine Eliza.«
Was geschah nur mit mir?
Langsam setzte mein Geist die verlorenen Bilder zusammen. Das Ritual der Vrolok im Wald und der anschließende Angriff. Die vereitelte Flucht und das Gefühl der endgültigen Aussichtslosigkeit. Wieder der Traum mit dem vermummten Reiter.
Vertraut mir
, erinnerte ich mich der Stimme, die ein Traum in einem Traum zu sein schien.
Ich werde Euch und die Euren retten. Denn ich bin al-Vathek.
Ich hörte Schritte, die sich dem Bett näherten.
»Mir ist so schwindlig«, gestand ich Tom.
Es war Doktor Pickwicks Stimme, die mir antwortete. »Das liegt am Opium, Miss Holland.«
Es bedurfte einiger Augenblicke, um diese Feststellung zu verarbeiten.
»Sie erlitten einem schweren Schock«, erklärte Pickwick.
»Nach dem Angriff der Vrolok hast du das Bewusstsein verloren«, sagte mir Tom mit ruhiger Stimme. Ich spürte seine Hand sanft durch mein Haar streichen. »Du hast am ganzen Körper gezittert und hin und wieder panisch aufgeschrien. Wir dachten, du würdest nie wieder aus diesem fiebrigen Schlaf erwachen.«
»Das Opium diente der Beruhigung Ihrer Nerven«, schaltete sich der Doktor ein. »Wir entschieden uns zu dieser Behandlung auf Anraten al-Vatheks.«
Mein Blick fiel auf das erbrochene Blut. Erneut schwindelte mir, und wilde Vermutungen bemächtigten sich meiner. Hatte mich jener Vrolok im Wald verletzt? War dies eine Folge des Opiums? Weshalb fühlte ich mich derart schwach? Die Angst, von der Krankheit infiziert worden zu sein, war übermächtig.
»War er unser Retter?«, fragte ich Tom.
»Er war ein Gast der Gräfin Hunyady«, antwortete mein Bruder. »Doch eigentlich hatte er nach uns Ausschau gehalten.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Al-Vathek und seine Jäger haben viele Vrolok getötet«, fuhr Tom fort. »Der Rest des Rudels ergriff die Flucht, als die Übermacht der Gegner offensichtlich wurde.« Tom lächelte mir zu, und ich erkannte die dunklen Ringe unter seinen Augen. Auch er wirkte erschöpft. »Nach unserer Rettung hat al-Vathek uns mit sich genommen.«
»Und hier sind wir nun.« Pickwick grinste.
»Wie lange habe ich geschlafen?«
Der Doktor warf Tom einen langen Blick zu, worauf er sich erneut mir zuwandte und gestand: »Fast drei Tage. Wie bereits erwähnt, teilten wir die Befürchtung, Ihr Zustand könne von Dauer sein. Der Vrolok im Wald hatte Sie verletzt.«
»Wir alle sind von den Biestern gebissen worden. Und selbst der kleinste Kratzer …«
Ich entsann mich benommen des Schwerthiebs, der den Kopf des Vrolok vom Rumpf getrennt hatte. »Was ist mit dem Kind passiert?«
»Dem Jungen geht es gut. Al-Vathek hat ihn vor dem sicheren Tod bewahrt.«
»Tibor?«, fragte ich fast flüsternd.
Pickwick lächelte dünn. »Sie werden ihn bald wiedersehen.«
»Es geht ihm gut«, stellte Tom fest. Dann schlug er kurz den Blick nieder, und erneut fiel mir auf, wie müde und blass er wirkte. »Von den anderen hat niemand überlebt.« Ich dachte an die Brüder Csuha, die Vályis und Herrn Tucsek, an die verzweifelten Gesichter und die Schreie des kleinen Jungen, den die Vrolok als Opfergabe für ihren Götzen auserkoren hatten. »Al-Vathek wird uns heute Abend empfangen«, erklärte Tom. »Wie man uns mitteilte, ist er noch in dringenden Angelegenheiten unterwegs.«
Ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen.
»Was geschieht jetzt mit mir?« Es fiel mir schwer, dem Doktor diese Frage zu stellen. Die Befürchtung, dass er eine Antwort darauf wissen könnte, ließ meine Stimme unsicher und brüchtig werden. Hatte er nicht gesagt, ich sei mit dem Blut der Kreatur in Berührung gekommen?
»Ich denke, wir können innere Verletzungen
Weitere Kostenlose Bücher