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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Ägypten, um in den Vereinigten Staaten eine Vorlesungsreise zu beginnen.« Eliza seufzte. »Mein Bruder war bereits nach England zurückgekehrt, bevor Carter die Niederlage erfuhr. Und ich? Hielt mich kurz in Kairo auf.« Sie sah Aurora an. »Dort sprach mich eines Tages, kurz vor meiner Abreise in die englische Heimat, eine Frau an.«
    Auroras Hände zitterten.
    »Eine Araberin. Ich hatte sie bereits zuvor mehrere Male gesehen.« Die Ringe an Elizas Fingern klimperten leise, als sie sich müde die Augen rieb. »Wisst ihr, es war für Engländer nicht gerade schicklich, sich mit Einheimischen einzulassen.«
    Wir alle ahnten, worauf sie hinauswollte.
    »Sie nannte mir keinen Namen, doch hatte ich sie zu oft in der Gegenwart Master Micklewhites gesehen, um ihre Rolle misszudeuten.«
    »Maurice Micklewhite hatte eine Liaison gehabt?«
    »Mehr noch. Die Frau hielt ein Bündel in ihren Händen.« Erneut warf Eliza Aurora einen langen Blick zu. »Ein Kind war es, eingewickelt in schmutzige Tücher. Es schlief, als ich es das erste Mal in meinen Armen hielt.«
    »Das ist eine Lüge«, murmelte Aurora. »Das kann nicht sein.«
    Unbeirrt fuhr Eliza fort: »Es war ein kleines Mädchen, das ich mit nach England nehmen sollte, um es dort seinem leiblichen Vater zu übergeben.«
    Dem Vater, den Eliza Holland kannte, weil er lange in Ägypten geweilt hatte.
    »Er wüsste nichts von einem Kind, teilte mir die Frau mit, doch wolle sie, dass es bei ihm in der Stadt der Schornsteine aufwächst. Genau diese Worte hat sie damals gebraucht. Die Stadt der Schornsteine, eine Formulierung, die ich zuvor nur zwei Menschen hatte benutzen hören.«
    Aurora hatte die Hände vor den Mund geschlagen.
    Tränen liefen ihr über das Gesicht.
    »
Er
ist mein Vater?«
    Eliza nickte.
    »Du hast es geahnt, nicht wahr?«
    »Ich hatte Träume«, flüsterte Aurora. »Von einem sonnigen Land und einem Schiff.«
    »Du bist ein Wechselbalg.«
    »Deshalb verstehe ich die Ratten.«
    »Und vieles mehr.«
    »Weil er mein Vater ist. Maurice Micklewhite.«
    Das, dachte ich, ist in der Tat eine Neuigkeit.
    »Weiß er davon?«
    »Nein, Wittgenstein. Er ahnt es nicht einmal.«
    Emily war fassungslos. »Du warst diejenige, die Aurora nach London gebracht hat?«
    »Ja.«
    »Aber sie ist niemals ihrem Vater übergeben worden.«
    »Nein.«
    Jemand hatte sie ausgesetzt.
    In einem Stadtteil Londons namens Fitzrovia.
    Eliza senkte schuldbewusst den Blick.
    »Ja, ich habe Aurora in die Stadt der Schornsteine am dunklen Fluss gebracht.« Unruhig ging sie im Raum auf und ab. »Wir reisten mit dem Schiff und erreichten London an einem Herbsttag anno 1924. Al-Vathek, der ein Anwesen in Moorgate bezogen hatte, empfing mich in seinem Haus. Er war es, der mich erkennen ließ, wer Aurora wirklich war.« Es schien ihr schwer zu fallen, darüber zu sprechen, und nur langsam tropften die Worte in die Stille des Krankenzimmers. »Nachdem wir Rumänien verlassen hatten, war uns Carathis bis nach Ägypten gefolgt, wo sie versteckt gelebt hatte, um zu beobachten, was es mit den Grabungen auf sich hatte. Deswegen und …« Ihre Stimme versagte.
    »Nun sagen Sie es schon!«, herrschte ich sie ungeduldig an.
    »Und um ein Kind zu empfangen.«
    Entsetzt sah mich Emily an.
    War dies die Wahrheit?
    Konnte das sein?
    »Die Frau, mit der Maurice Micklewhite eine Liaison gehabt hat, …«
    Aurora Fitzrovia zitterte am ganzen Leib. »Nein, das glaube ich einfach nicht!« Nahzu gelähmt, saß sie auf dem Bett und sah einen nach dem anderen an, als erwarte sie die Bestätigung, dass es sich bei all diesen Enthüllungen um Lügen handelte. »Emmy, das kann doch nicht sein. Du kennst mich.«
    Traurig erwiderte Emily ihren Blick und erinnerte sich an die langen Nächte im Waisenhaus, in denen sie sich ausgemalt hatten, wie es wohl wäre, zu erfahren, wer ihre leiblichen Eltern waren. Nein, so hatte sich Aurora den Moment der Erkenntnis sicherlich nicht vorgestellt.
    Eliza betonte mit fester Stimme: »Es war Carathis, mit der sich Master Micklewhite eingelassen hat. Und sie hat das Kind nur zu einem Zweck empfangen.«
    Emily trat neben Aurora und ergriff ihrer Freundin Hand. Es war ihr egal, ob die Gefahr bestand, erneut gebissen zu werden. Aurora war ihre Freundin, schon immer gewesen.
    Und niemand würde daran etwas ändern!
    »Bereits in Budapest hatte mir al-Vathek offenbart, was es mit unseren Kindern auf sich hat.« Tränen traten Eliza in die Augen. »Wir nähren uns vom Blut, um zu überleben. Um

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