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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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hatte einen sehr engen Vertrauten. Al-Vathek war der Name dieses Edelmannes. Und er wusste von einer Stadt zu berichten, die sich anschickte, nach Rom zu kommen.«
    Man mochte mir die Skepsis angesehen haben, denn Maurice Micklewhite schaltete sich ein. »Genau das war der Wortlaut. Die Stadt, die sich anschickt, nach Rom zu kommen.«
    »Eine Stadt, die wandert?«
    »Wenn wir den griechischen Begriff der Polis zugrunde legen, dann ist damit kein Ort gemeint, sondern eine Gemeinschaft.«
    »Eine Gemeinschaft kranker Wiedergänger?«
    »Vielleicht.«
    Jetzt war es wieder Aurora, die sprach: »Es war jedenfalls jener al-Vathek, der Elagabal dazu bewogen hat, den Sonnenkult ins Leben zu rufen.«
    Es gibt keine Zufälle, dachte ich nur, verkniff es mir aber, die anderen erneut mit dieser Weisheit zu behelligen.
    »Am Stadtrand von Rom ließ Elagabal einen orientalischen Sonnentempel errichten. Elagabal war der Oberpriester der neuen Religion.«
    Sacerdos dei solis Elagabali.
    Das war der Name, den der Kaiser selbst auf Münzen prägen ließ.
    Priester des Sonnengottes.
    »Er brachte Blutopfer dar«, fuhr Aurora fort, »um den Sonnengott gnädig zu stimmen, doch vermuteten seine Landsleute, dass er statt des Sonnengottes einer dunklen Göttin huldigte, da der Sonnengott ihn nicht erhört hatte.«
    Emily flüsterte: »Carathis.«
    »Im Grunde genommen«, meinte Maurice Micklewhite, »haben wir es hier mit der gleichen Entwicklung wie im alten Ägypten zu tun. Die alten Götter werden verjagt, und ein Sonnenkult entsteht, der hier jedoch in die Anbetung der dunklen Göttin übergeht. Die Übereinstimmung ist nicht zu leugnen. Mysteriös bleibt, warum der Name al-Vathek in den Papyri der 18. Dynastie auftaucht und ebenso in Berichten über die römische Politik anno 218. Und lasst mich noch einen Schritt weitergehen.«
    »Denn wir haben noch eine Quelle gefunden«, entfuhr es Aurora, die ganz aufgeregt war ob all dieser Entdeckungen.
    »Elagabal war besessen von allem Orientalischen«, sagte Maurice Micklewhite. »Er war zügellos in seinem Privatleben und neigte dazu, die prächtigsten Tempelanlagen bauen zu lassen.« Der Elf sprang auf und begann wieder unruhig zwischen den Tischreihen umherzulaufen. »Es gab auch in unserem Land jemanden, auf den diese Beschreibungen zutreffen.«
    »Du machst es spannend«, bemerkte ich.
    »Einst war er der wohlhabendste Mann im englischen Königreich«, erklärte Maurice Micklewhite, »und er war besessen von der Idee, ein Kalif zu sein. Er verwirklichte seinen arabischen Traum und baute Paläste wie jene aus Tausendundeiner Nacht. In Mittelengland. Im achtzehnten Jahrhundert.«
    »William Beckford«, nannte uns Aurora den Namen des Mannes. »Er hat ein Buch geschrieben. Eine überaus orientalische Schauergeschichte mit dem Titel
Vathek
. Eines der geächteten Bücher, die den Verbrennungen zum Opfer gefallen sind.«
    Ein Moment des Schweigens erfüllte den altehrwürdigen Lesesaal.
    »Du glaubst«, sprach Emily die Vermutung schließlich aus, »dass William Beckford und Elagabal die gleiche Person gewesen sind?«
    Maurice Micklewhite war sich ganz sicher: »Ja.«
    »Aber das würde bedeuten, dass Elagabal ein Wiedergänger gewesen ist.«
    »Ein Wiedergänger, der durch al-Vathek zu dem gemacht worden ist, was er heute immer noch ist«, sagte Maurice Micklewhite. »Angeblich benutzte Beckford die Beschreibung des Kalifen, die sich auch in den römischen Dokumenten findet. Außerdem sehen sich Beckford und Elagaban, sofern man dies anhand der Gemälde und römischen Münzen erkennen kann, alles andere als unähnlich.«
    »Gibt es noch Exemplare von
Vathek
?«, wollte ich wissen.
    »Nein«, antwortete Aurora.
    Und Maurice Micklewhite fügte hinzu: »Auf den verbotenen Märkten vielleicht. Doch haben wir keines zur Hand, um uns vom Wahrheitsgehalt der Fachbücher, die wir zurate gezogen haben, zu überzeugen.«
    Wirklich viele Schlussfolgerungen für einen verregneten Wintertag.
    »Die alles entscheidende Frage aber ist doch«, gab ich zu bedenken, »was uns dieses neue Wissen bringt. Was genau haben diese Dinge mit dem zu tun, was sich gerade in London zuträgt?«
    »Wenn al-Vathek den römischen Kaiser zum Wiedergänger gemacht hat, dann könnte es doch sein, dass er Wesen wie die Vinshati zeugt.«
    »Und nicht Carathis?«
    »Wer weiß?«
    »Vielleicht sind beide gemeinsam nach London gekommen«, gab Emily zu bedenken. Carathis und al-Vathek, wäre dies möglich? Hatte der Shah-Saz nicht

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