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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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bei dir?« Er berührte ihr Gesicht, ganz besorgt.
    Sie lächelte leise.
    Schaute nach oben.
    Gut zwei Meter über ihnen schwebte der Teppich nun, und sie sahen die nahezu unsichtbare Luftbewegung, die nur ein Flimmern war in der schattigen Eiseskälte und die den Teppich in der Luft hielt.
    El-Khamsin.
    »Was jetzt?«
    Neil klopfte sich den Schnee von der Jacke. »Lass uns hier abhauen.«
    »Das ist dein Plan?«
    »Hast du einen besseren?«
    »Nein, aber …«
    Er ergriff ihre Hand. »Dann komm! Alles ist besser, als auf diese … Dinger da oben zu warten.«
    Der Schnee reichte ihnen bis zu den Knien, und es war mühsam, sich darin vorwärts zu bewegen.
    »Wir werden das hier nicht überleben.« Aurora dachte an die Geschichte, die sich die Engel am Oxford Circus erzählen. An die Nekir und das andere Gezücht, das hier unten anzutreffen war. Zweimal war sie bereits in der Hölle gewesen, und keiner dieser Besuche rief angenehme Erinnerungen in ihr wach.
    »Dieser Pickwick war hier unten und hat überlebt.« Neil schien da zuversichtlicher zu sein, als sie es im Augenblick war. »Wir müssen uns nur vor diesen Engelwesen verstecken.«
    Er schaute sich hastig um.
    Zu beiden Seiten erstreckten sich mit Schnee bedeckte Dünen, die hoch hinaufragten.
    Genau über ihnen schwebte der Teppich.
    Von ihm erhob sich Sariel mit einem grellen Schrei in die Lüfte.
    Sie konnten seine Schwingen sehen, die ihn hoch hinauftrugen, den Mala’ak ha-Mawet entgegen. Sie konnten sie hören, so mächtig schlugen sie. Sariel hatte ihnen allen vom Limbus berichtet und davon, wie man ein Tor dorthin öffnen konnte. Doch bezweifelte Aurora insgeheim, dass die Lösung so einfach war, wie er es geschildert hatte.
    Es war Neil, der seine Freundin aus ihren Gedanken riss und ihr einen Weg aufzeigte, den er soeben entdeckt hatte. Anfangs war es nur ein Schattenspiel gewesen, doch dann hatte er entdeckt, dass es sich um etwas handelte, das ihnen Unterschlupf gewähren konnte.
    »Dort hinein!«, drängte er, und Aurora sah etwas, das wie eine Höhle aussah, nur kleiner. Von weiter oben mochte der Eingang im schattigen Schnee nicht zu erkennen sein, da er wirklich sehr klein ausfiel. »Ein besseres Versteck werden wir wohl kaum finden.« Er zog sie hinter sich her, und mit großen Schritten wateten sie durch den dichten Pulverschnee.
    Über ihnen begann Sariel derweil zu singen.
    Etwas, das Aurora kannte.
    Somewhere over the Rainbow.
    Die ersten Takte nur, dann erstarb die Melodie.
    Beide spähten sie vorsichtig hinauf zum Teppich. Der Unterschlupf war nicht groß, und so mussten sie so eng zusammenrücken, dass Aurora des Jungen Herz schlagen zu hören glaubte.
    »Da, siehst du es?«
    Aurora war wie gelähmt.
    Auch ihre Augen konnte sie einfach nicht schließen, so gern sie dies auch getan hätte. Sie musste hinsehen, und das, obwohl sie wusste, dass Neugierde der Katzen Tod ist.
    Sie zitterte am ganzen Leib.
    »Ich habe Angst, Neil.«
    Was er flüsterte, war kein Trost. »Ich auch.«
    Immerhin war er ehrlich.
    »Da, schau!« Dort, wo der Stoff eine Delle aufwies, musste Eliza stehen. Man konnte die Abdrücke ihrer Stiefelabsätze erkennen. Etwas, das erkannte Aurora, prallte von oben auf den Teppich. Ein lautes Krächzen erklang, gefolgt von einem schrillen Schrei. Zu dem Paar Stiefelabsätze gesellte sich ein weiteres Paar Füße. Eliza schrie so laut, dass Aurora augenblicklich die böse Madame Snowhitepink vergaß. So viel Angst und Schmerz waren in dem Schrei verwoben, jenem Schrei, der viel zu schnell zu einem Würgen wurde.
    Dann wurde das Mädchen des Körpers gewahr, der scheinbar mühelos durch die Luft geschleudert wurde und unweit von dem Unterschlupf im Schnee landete.
    »Eliza!«
    Auch Neil hatte es gesehen.
    Hoch oben auf dem Teppich verschwanden die Fußabdrücke, und der Engel, der Eliza Holland in die Tiefe geschleudert hatte, erhob sich, um seinen Brüdern im Kampf gegen den Lichtengel beizustehen.
    »Wir müssen ihr helfen.« Aurora kroch bereits aus dem Loch heraus.
    »Nicht so schnell«, warnte sie Neil. »Es könnte eine Falle sein.«
    Doch das Mädchen sah den reglosen Körper der Lichtlady im Schnee liegen und wusste, dass sie helfen musste. »Alles«, presste sie hervor, »ist eine Falle.«
    So kämpfte sie sich durch den Schnee.
    Und Neil folgte ihr.
    »Ist sie tot?«
    Der Junge betrachtete die junge Frau.
    Eliza lag auf dem Rücken und hatte die Augen geschlossen. Das blonde Haar hatte sich wie eine Decke um ihren Kopf

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