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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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sein.« Er drehte den Kopf wie eine Eule nach hinten, wo sich Lord Mushroom vor Schmerzen auf dem Eis krümmte. »Und Mushroom Manor wird ebenso verwaist sein.« Er lachte. »Die Karten werden neu gemischt in der Stadt der Schornsteine. Die Mala’ak ha-Mawet und die Black Friars werden weiterhin die Geschicke der Stadt bestimmen.«
    Emily stöhnte.
    Adam kniete neben ihr.
    Doch was er sagte, hörte sie schon gar nicht mehr.
    Es war, wie Lord Mushroom es vorhergesagt hatte.
    Gabriel wollte sie alle tot wissen.
    Punktum.
    Der Mann, der ihrer armen Mutter Gatte gewesen war, hatte es dem Mädchen gesagt. Noch in der Kajüte der Cutty Sark. Hatte ihr seine Pläne offenbart, uns allen. Erzählt, wie er lange Zeit im Abgrund gelebt hatte und das Herz des Nyx hatte schlagen hören. Stimmen hatten zu ihm gesprochen, und er hatte den Auftrag erhalten, die Mala’ak ha-Mawet auszuschalten. Zu lange schon waren sie dem Nyx ein Dorn im Auge. Zu sehr hatten McDiarmid aus Islington und seine Black Friars an Macht gewonnen. Einen Körper wollte der Nyx sein Eigen nennen, und diesen Körper sollte Lord Mushroom ihm besorgen. Was er auch zu tun gedachte. Und nebenbei würde er Manderley Manor ausschalten, womit er seine Ziele vollauf erreicht hätte.
    Dann war allerdings Tristan Marlowe mit dem Tagebuch erschienen.
    In den Zeilen hatte Lord Mushroom sich mit den Augen Mia Manderleys gesehen. Hatte mit einem Mal all das gefühlt, was er so lange Zeit nicht mehr gefühlt hatte. So lange hatte das alles schon zurückgelegen, und doch war in seiner Erinnerung kaum ein Tag vergangen, seit er Mia begegnet war. Inzwischen war sie tot. Und alles, wofür er lebte, war ebenfalls nur Tod.
    »Sie hat mich nicht gehasst«, hatte er Emily gesagt. »Sie hat mich nur nicht geliebt.«
    Das war alles gewesen.
    Viel zu spät hatte er das erkannt.
    Und an seinen Plänen hatte es nichts geändert.
    Jetzt sah Emily ihn mit zerschmetterten Knochen auf dem Eis in ihre Richtung kriechen. Gabriel, der die Pläne des Nyx durchschaut hatte, war ihm zuvorgekommen.
    Ja, Gabriel würde Mara töten.
    Emily sah es in den kalten Rabenaugen.
    Der dunkle Engel führte eine Klauenhand zum Hals des Mädchens.
    »Mara!«, schrie Emily verzweifelt.
    Wie von Sinnen.
    Da schlitzte Gabriel dem Mädchen die Kehle auf und sah zu, wie ihr das Blut in einer Fontäne aus der klaffenden Wunde sprudelte und den Schnee und das Eis zu seinen Füßen so rot färbte, wie es der Himmel im Limbuslondon gewesen war.
    »Alles wird bleiben, wie es immer schon gewesen ist«, sagte er und schaute in die sterbenden Augen von Mara Manderley, die glasig und weit geöffnet waren. Dann warf er sie in den Schnee.
    Emily kroch auf allen vieren zu ihrer Schwester.
    Sie schrie.
    Wütend.
    Hilflos.
    Verzweifelt.
    Gabriel stand nur da und sah sich amüsiert das Schauspiel an, das sich ihm da bot.
    Weiter hinten schlachteten die Mala’ak ha-Mawet ohne Mühe die Tyler-Söldner aus Blackheath ab. Flammenschwerter wüteten unter den Menschen und ließen niemanden davonkommen.
    Tristan Marlowe, der das Bewusstsein wiedererlangte, kroch auf Emily und ihre Schwester zu. Das Mädchen sah dem jungen Alchemisten in die Augen, die so hell und blau funkelten, als könne es keine Nacht in dieser kalten Welt mehr geben.
    Gabriel bemerkte ihn auch. »Na los, Tristan, hilf dem Mädchen.«
    Der junge Alchemist beachtete den Engel nicht einmal.
    »Bitte!«, flehte Emily ihn an. »Sie können es tun.«
    »Er wird sie wieder töten«, murmelte Tristan.
    Und doch presste er beide Hände auf die Wunde ihrer Schwester. Emily sah ihm dabei in die Augen, und Tristans Blick begegnete dem ihren. Nein, sie hatte sich nicht in ihm getäuscht. Tristan Marlowe stand zu seinem Wort. Holcroft war wirklich in jener Nacht bei ihm gewesen und hatte ihm das Angebot unterbreitet, doch hatte er abgelehnt. Stattdessen war er über das Tagebuch gestolpert und war damit nach Blackheath gegangen. Dies alles in der Hoffnung, dass sich Menschen zu ändern vermochten.
    Und nun war er hier.
    Heilte ihre sterbende Schwester.
    »Tristan, Sie …«
    Mara hustete.
    Die Wunde an ihrem Hals war verschwunden. Sie öffnete die Augen und sah in den sternenlosen Nachthimmel.
    »Was ist passiert?«
    »Sie werden leben«, sagte Tristan Marlowe.
    Gabriel lachte. »Ja, und du wirst sterben.«
    Der junge Alchemist kniete im Schnee und wusste, dass der Engel Recht hatte.
    Aber Emily war bei ihm.
    Sagte man nicht, dass niemand, der im Beisein eines Menschen starb,

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