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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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den er liebte, jemals in Vergessenheit geraten würde?
    Die Zeit auf dem Frostfluss schien stillzustehen. Da war nur Emily Laing, der er zum ersten Mal in dem alten Raritätenladen begegnet war. Die an der Kasse gesessen und in einem Buch gelesen hatte. Die … aber an diesem Punkt brachen die Erinnerungen ab.
    »Ich …«
    Emily sah die Furcht in den stahlblauen Augen.
    Sie biss sich auf die Lippen, weil sie nicht weinen wollte.
    Nein, sie wollte lächeln.
    Das Letzte, was Tristan Marlowe sehen würde, sollte ihr Lächeln sein. An den wunderbaren Gedanken musste sie denken, den er einst fortgegeben hatte. An die Augenblicke, die so rasend schnell verstrichen waren, bevor sie erst zu richtigen Augenblicken hatten werden können.
    »Tristan«, flüsterte sie nur.
    Sah mit Entsetzen, wie sich die Wunde, die Gabriel ihrer Schwester zugefügt hatte, jetzt an seinem Hals öffnete. Blut quoll aus dem Schnitt hervor und tränkte den Stoff des Mantelkragens und den Schal.
    Schnell knöpfte Emily ihm den Kragen auf.
    Tristan hustete.
    Spuckte Blut.
    Sie ergriff seine Hand und hörte, wie Mara zu weinen begann.
    Am Rande nur registrierte sie Adam Stewart, der regungslos dastand und in den Himmel starrte.
    Dann bemerkte sie, dass Gabriel verschwunden war.
    Adam rief ihr etwas zu, doch Emily hörte nicht auf das, was er sagte.
    Ihre Welt war mit einem Mal viel kleiner geworden.
    Dann spürte sie eine Hand an ihrer Schulter.
    Sie schaute zur Seite.
    Lord Mushroom lag neben ihr auf dem Frostfluss. Er keuchte und schnappte nach Luft. Beide Beine schienen gebrochen zu sein. »Ich habe Mia Manderley geliebt, aber sie hat nur Richard Swiveller geliebt.« Er packte Tristans Hand und hielt sie fest. Sah Emily dabei fest in die Augen. Ein langer Schnitt öffnete ihm den Hals. Blut quoll aus der Wunde hervor. Dennoch ließ er Tristans Hand nicht los. Er hielt sie fest, als hinge sein Leben davon ab. Und Emily verstand, dass es das in gewisser Weise auch tat.
    Tristan Marlowes Atem begann gleichmäßiger zu werden.
    Sein Blick klärte sich.
    Er betrachtete Mara, die ganz sprachlos war angesichts dessen, was sie da gerade gesehen hatte. »Geht es Ihnen gut, kleine Miss Manderley?«
    Sie nickte.
    Flüsterte benommen: »Danke.«
    Erst jetzt bemerkte Emily die Engel, die am Himmel miteinander rangen.
    Und verstand, dass der Kampf gerade erst begonnen hatte.
    Lord Uriel und die Lichtengel fielen am nächtlichen Firmament über die Mala’ak ha-Mawet her.
    Die dunklen Engel sahen sich plötzlich einer Übermacht gegenüber, mit deren Auftauchen sie niemals gerechnet hatten. Feuer glomm in den Augen der Urieliten, die wie ein zorniges Flammenmeer über die Gabrieliten herfielen. Laute Schreie wie die von Raubvögeln trug der Wind zu uns herab, und wir erschauderten bei diesen Lauten, die seit einer Ewigkeit niemand mehr vernommen hatte.
    »Miss Laing!« Ich rannte zu den Mädchen. Der Mala’ak ha-Mawet, der mich hatte anfallen wollen, während Gabriel sich Mara gewidmet hatte, war in die Lüfte aufgestiegen, als er die nahenden Lichtengel gewittert hatte. »Sie sind beide unversehrt«, stellte ich überaus erleichtert fest und sah auf den Leichnam Lord Mushrooms hinab, an dessen Hals eine tiefe, lange Wunde klaffte.
    »Menschen können sich ändern«, sagte Emily.
    Schwer wog dieser Satz.
    Gewaltig wie die Himmel, die einst zerstört worden waren, weil die Engel zu fragen gelernt hatten.
    Die ganze Welt schien sich um diese wenigen Worte zu drehen.
    »Es gibt keine Zufälle«, murmelte ich nur.
    Dann erblickten wir Lucifer und Lilith.
    Sie kamen vom Tower her über die Eisfläche auf uns zugelaufen.
    Lilith, die nicht mehr Eliza war, trug einen langen schwarzen Mantel und sah darin aus wie ihr Gefährte. Nur das wallende schneeblonde Haar, das ihr bleiches Gesicht umrahmte, erinnerte noch an Madame Snowhitepink. »Emily, wir haben sie gefunden.« Sie schnappte nach Luft.
    »Wir hatten gehofft, dass …«
    Lilith ergriff ihre Hand. »Sieh hin, Emily. Und verstehe!«
    Und in dem Augenblick, in dem sich ihrer beider Hände berührten, fluteten die Bilder den Verstand des Mädchens. Blitzlichtartige Eindrücke von dem, was Lucifer und Lilith in London widerfahren war. Eine Statue, die Emily kannte: der Engel der Barmherzigkeit. Lucifer, wie er den Engel küsst und die Statue zum Leben erwacht. Ein Wirbel aus Schnee und Eis, der den Verkehr am Piccadilly Circus zum Erliegen bringt. Lucifer und Lilith, die inmitten des Sturms zum neuen Himmel der

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