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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Urieliten geführt werden. Lord Uriel, der den einstigen Lichtlord empfängt. Der versteht, dass nicht nur Menschen, sondern auch Engel sich zu ändern vermögen. Der in den Augen Lucifers alte Welten verbrennen und neue entstehen sieht. Uriel, der dem Anliegen lauscht. Der einwilligt, die Scharen vom Piccadilly Circus anzuführen. Denn London, das versteht nun auch Emily, ist die Stadt der Engel.
    Alle Engel bilden eine Einheit, und als Sariel in der Hölle sein Leben ließ, da hatten alle Urieliten seinen Schmerz gespürt. Sie hatten geahnt, dass Gabriel sie nicht in Frieden leben lassen würde. Und so hatten sie den Himmel am Oxford Circus verlassen, um einen neuen Ort zum Mittelpunkt ihres Lebens zu machen. Jenen Ort, an dem einst Rahel gearbeitet hatte. An dem die Menschen den Göttern der Gegenwart huldigten und niemand einen Himmel der alten Engel vermuten würde: Piccadilly Circus.
    Und als die Mala’ak ha-Mawet den Himmel am Oxford Circus betreten hatten, da waren die Lichtengel längst schon nicht mehr dort gewesen. Nichts hatten sie dort zurückgelassen.
    Keine Spuren.
    Keine Hinweise.
    Nichts.
    »Das ist es, was wir getan haben«, hörte Emily Lilith sagen.
    Und sah.
    Lucifer, wie er vor Uriel kniete. Uriel, der erkannte, dass Lucifer aus freien Stücken kein Engel mehr war. Der verstand, wie stark die Liebe sein musste, wenn ein Engel für sie der Ewigkeit entsagte.
    »Nun sind wir hier«, sagte Lucifer, der jetzt neben dem Mädchen stand, »und bringen zu Ende, was niemals hätte beginnen dürfen.«
    Hoch am Himmel wurden die letzten der Mala’ak ha-Mawet von den Urieliten in die Enge getrieben.
    Schwarze Federn schwebten mit den Schneeflocken auf London herab.
    Schreie wie die sterbender Vögel hallten über die Themse.
    Lucifer, der ein Mensch war, sagte: »Wenn sich Engel ändern, dann kann dies alles verändern.«
    Mara stand dicht neben Emily.
    Tristan Marlowe, der aufgestanden war, lief zu seinem Gehstock und hob ihn auf. Steckte die Klinge hinein und betrachtete das Firmament, an dem die Engel brannten.
    Adam Stewart schaute auf seine Stiefelspitzen. »Ich …«
    Er trat zwei Schritte zurück.
    »Wittgenstein.« Er klang besorgt.
    Überaus besorgt.
    Alle Anwesenden wendeten sich dem jungen Mann zu, der wie angewurzelt auf dem Eis stand und die Risse betrachtete, die sich immer schneller ausbreiteten.
    Auch das noch!
    »Wir sollten von hier verschwinden«, schlug ich vor.
    Tristan Marlowe warf Emily einen besorgten Blick zu.
    Doch es war Adam, der des Mädchens Hand ergriff und sie mit sich zog.
    »Der Himmel«, schrie uns Lucifer zu, »ist ganz nahe.«
    Ich drehte mich zu ihm um.
    Was meinte er damit?
    Laut berstendes Eis krachte wie Donner über den Frostfluss.
    »Lauft!«, schrie Lilith.
    Mitten in der Themse brach das Eis entzwei, und eine Fontäne eisig kalten Wassers erhob sich weit in den Himmel hinauf und wanderte über das Firmament wie ein riesiges Fegefeuer aus eisigem Nass. Und dort, wo sie die Lichtengel berührte, da starben die Lichtwesen mit gurgelnden Lauten und fielen, toten Vögeln gleich, zu Boden, wo sie sterbend in der Tiefe versanken.
    Schreie erklangen.
    Von dort, wo das Eis gebrochen war.
    Rabenwesen erhoben sich aus der Tiefe, kreischend und zischend. Hunderte von Mala’ak ha-Mawet stiegen aus den Schlünden der Themse empor und stürzten sich auf die Urieliten.
    Hoch oben auf der Fußgängerbrücke der Tower Bridge stand Gabriel, in all seiner dunklen Pracht, und lachte schallend über den Frostfluss hinweg. »Dies ist das Ende«, kreischte er wie ein Raubvogel, der den Verstand verloren hatte. »Es ist das Ende und gleichsam ein neuer Anfang.« Einen langgezogenen Schrei stieß er aus, der aus hunderten von Kehlen beantwortet wurde.
    »Wittgenstein?«
    Furchtsam wendete sich Emily an mich. »Laufen Sie,« riet ich ihr nur.
    Mara rannte neben ihr her.
    Schaute zurück.
    Kreischte.
    Das Eis brach ihr unter den Füßen weg.
    Auch Emily sah es jetzt.
    Schrie auf.
    Sie sah, wie Tristan Marlowe die Arme in die Höhe riss und in dem Meer aus Eis verschwand.
    Dann verschwand der Boden auch unter ihren Füßen.
    Sie stürzte.
    Sah nichts mehr.
    Nur Dunkelheit.
    Sie fiel in die Tiefe, weiter und weiter. Irgendwo in der Finsternis hörte sie Mara schreien. Oben am Himmel fielen die Mala’ak ha-Mawet mit Schwertern, Zähnen und Klauen über die Lichtengel her. Wieder einmal stand der Himmel in Flammen, und die Engel trugen den alten Zwist untereinander aus. Die Stadt der

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