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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Nein, nur ich bin hergekommen, weil ich einen letzten Blick auf euch beide werfen möchte.« Sie trat vor, und ihr Gesicht war das einer Schlange. »Einen Vorschlag könnte ich euch noch unterbreiten.« Sie deutete zu den Black Friars und stellte verschwörerisch klar: »Der Orden nimmt noch immer Trickster auf, Mortimer. Das hat er schon immer gern getan.« Sie lächelte zuckersüß. »Wie gern du doch von allein dahinter gekommen wärst, habe ich Recht?«
    Die beiden Black Friars zogen die Kapuzen zurück, und mit einem Mal starrte ich in die Gesichter zweier Schüler, die vor Jahren einmal meine Alchemiekurse am Whitehall College besucht hatten.
    »Es gibt nur äußerst wenige Absolventen der Whitehall Schule, die Trickster sind und keine Black Friars werden.«
    Mein Atem ging schneller.
    Emily stand neben mir und beobachtete mich.
    »Dann sind Sie der Drahtzieher hinter all dem, was in London geschieht?«
    Jetzt lachte sie noch lauter als vorhin. »Du siehst nicht, was offensichtlich ist, Mortimer. Das war schon immer dein Fehler. Diejenigen, die allem und jedem aufs Ärgste misstrauen, misstrauen auch der Wahrheit, selbst dann, wenn sie ihnen begegnet.« Sie presste die Lippen zusammen, und die Black Friars zogen die Kapuzen wieder über.
    »Warum sind wir hier?«, wollte Emily wissen.
    »Er hat Sie gelehrt, konkrete Fragen zu stellen, das ist gut.«
    »Und werden Sie mir die Frage auch konkret beantworten?«
    »Du bist schnippisch, Kind. Das warst du von Anfang an.« Sie sog die kalte Luft ein und zischte: »Doch werde ich deinem Wunsch nachkommen und dir eine Antwort geben, die hoffentlich konkret genug ausfällt.« Mit ihren grünen Augen funkelte sie das Mädchen an, und Emily fragte sich, warum die alte Frau sie so zu hassen schien. Genüsslich sagte Miss Monflathers: »Ihr seid hier, weil man noch etwas mit euch beiden vorhat.«
    »Hätte ich mir ja denken können«, murmelte Emily und hoffte, dass die Frau ihre Angst nicht spürte.
    »Und um uns das zu sagen, haben Sie den langen Weg hierher gemacht.«
    »Wir befinden uns mitten in der City«, gab sie zur Antwort.
    Nun denn.
    Sie betrachtete uns, wie ein Kind gefangene Insekten in einem Glas ansieht.
    »Warum?«, wollte Emily wissen.
    Miss Monflathers’ Gesicht schwieg sich aus.
    »Warum müssen es Trickster sein?«
    Jetzt lächelte sie.
    Gerade so, als habe Emily etwas durch und durch Dummes von sich gegeben.
    »Sie stehen in Verbindung mit dem Nyx. Mehr müsst ihr nicht wissen.«
    »Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet.«
    »Du willst also wissen, weshalb ich hier bin, Mortimer?«
    »Hätte ich sonst gefragt?«
    »Du bist unhöflich.«
    »Was habe ich zu verlieren?«
    Sie seufzte. Gab sich mütterlich. »Hast du eine Ahnung, wie viele Trickster ich in meinem Leben rekrutiert habe? Nein? Lass dir gesagt sein, es waren viele. Und alle sind sie dem Orden beigetreten, um für das Wohl Londons einzustehen.«
    »Das Wohl Londons?«
    »Ah, Mortimer, denke nach, bevor du sprichst!«, herrschte sie mich böse an. »Mach dich nicht lustig über Dinge, von denen du keine Ahnung hast.« Sie fasste sich wieder. »Die Black Friars erfüllen ihre Aufgabe, und sie tun dies seit Jahrhunderten schon.«
    Das war es also, was seit Anbeginn der Zeit geschah. »Sie dienen dem Nyx.«
    »Es ist ein ehrenwertes Ziel, und es hätte mich gefreut, wenn du dich uns angeschlossen hättest. Dieser Wunsch schließt Sie, Miss Laing, natürlich mit ein. Als Erbin Manderley Manors wären Sie von großem Wert für uns gewesen.« Sie lächelte wie ein Raubtier, das mit seiner Beute spielt. »Doch nun ist Ihre Schwester an die Stelle getreten, die Sie hätten einnehmen können.«
    Emily schüttelte den Kopf.
    Nie und nimmer würde sie das tun.
    »Sie spielen die großen Häuser der Stadt gegeneinander aus, stimmt’s?«
    »Es ist eine Kunst, dies zu tun. Filigrane Arbeit.«
    »Es ist böse.«
    Sie verzog das Gesicht. »Böse? Ha, Sie sollten sich hören. Was ist schon böse? Wir dienen der Stadt der Schornsteine, wie wir es schon immer getan haben. Das Böse liegt, wie das Gute, ganz im Auge des Betrachters. Wer sind Sie, dass ausgerechnet Sie es sich anmaßen wollen, dies zu bestimmen.«
    »Sie sind eine Lügnerin.« Emily spie ihr förmlich die Worte entgegen.
    Miss Monflathers verbesserte sie geduldig. »Nein, mein Kind. Ich bin eine wahre Meisterin der Lüge. Nichts Geringeres. Ich errichte ein Gespinst aus Lügen, und wenn ich die Fäden ziehe, dann geschehen Dinge in London.

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