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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Steinboden, schnüffelte hier und da, kehrte um, lief in eine neue Richtung. Dann hob er den Blick zu einem der Fenster. Mal schauen … Er kletterte die roten Vorhänge zu einem der Buntglasfenster hinauf, sprang auf das Fensterbrett und balancierte mutig dort entlang, presste seine Nase gegen das Buntglasfenster mit dem Einhornmotiv und starrte nach draußen.

    »Lasst uns nachdenken«, murmelte Christo Shakespeare. »Wo kann es einen Zugang geben?« Er ging einige Alternativen durch. »In der Krypta. Am Altar. Am Taufbecken.« Sein Blick glitt unruhig im Raum umher. »Vielleicht findet sich ein Hinweis im Muster der Steine.« Er prüfte die Bodenplatten.
    Nichts.
    Da ist etwas! , rief Buster zu uns herunter.
    »Was?«
    Ein Engel.
    Alle schauten zu ihm auf. Ich trat unter das Fenster, breitete die Arme aus, und Buster sprang hinein.
    Da draußen , bellte er, ist ein riesiges Granitbecken, ein ausgetrockneter Brunnen. Mitten im Brunnen steht eine Skulptur. Die schwarzen Knopfaugen blinzelten. Ein Engel ist es, ganz klar. Aus Bronze.
    Ein Engel.
    War es denn möglich …?
    »Lasst uns nachschauen.«
    Viel Zeit blieb uns nicht mehr.
    Wir liefen nach draußen ins Schneegestöber.
    Scarlet war die Erste, die draußen war. Wir hielten uns links. Und da war er.
    Peace Fountain , las Buster auf einem Schild, das halb vom Schnee verdeckt war.
    Der Friedensbrunnen.
    Die Bronze-Skulptur in der Mitte zeigte einen stolzen Erzengel, wie er mit bloßen Händen den Teufel bekämpfte. Die Flügel waren majestätisch ausgebreitet. Eiswasser tropfte an ihnen herab. Ins Gesicht des Engels waren filigrane Muster eingraviert, Tätowierungen gleich. Und um ihn herum
schlangen sich Pflanzen an einem Baumstamm empor, der auf einer Seite sogar ein Gesicht besaß, das einem Harlekin ähnlich sah. Lange und spitze Eiszapfen hingen an ihm herab.
    Scarlet lief um den Brunnen herum.
    Berührte ihn.
    Doch nichts passierte.
    Dafür kam das Heulen immer näher.
    Es hörte sich an, als dränge es aus den Kehlen von Wesen, die über den Campus der Columbia hetzten. Es wirbelte durch die Nacht und wurde lauter und lauter, bis es ein schrilles Kreischen war, das um die Ecke der Kathedrale geweht kam.
    »Verdammt, verflucht und Dreck!«
    Scarlet warf mir einen kurzen Blick zu.
    »Was jetzt?«, wollte Christo Shakespeare wissen.
    Buster kletterte an Scarlet herauf und verbarg sich in ihrem Haar, das unter dem Hut hervorlugte.
    Der Schnee, der bisher leicht zur Erde gefallen war, verdichtete sich zu einem leichten Gestöber, und das leichte Gestöber wurde schnell zu einem schneidenden Sturm, der uns kratzend wie Dornen in die Gesichter schnitt und Deckung hinter der Engelsstatue suchen ließ.
    Der Engel regte sich nicht.
    »Mist!«, fluchte jetzt auch Christo Shakespeare.
    Vor uns bildeten sich mehrere große Körper aus dem Schnee.
    Ihre langen Schnauzen wurden sichtbar. Sie nahmen Witterung auf. Sie zogen die Lefzen aus Eis und Schnee zurück und bleckten die weißen Zähne, noch bevor sie richtig Gestalt angenommen hatten. Die Tatzen scharrten im Schnee,
und die Augen glühten rot, sobald sie in den Höhlen entstanden. Stück für Stück traten die Wesen aus dem Schneewirbel heraus.
    »Was nun?«, fragte Christo Shakespeare, schon wieder.
    Scarlet wusste keinen Rat.
    Sollte es so enden?
    Immer noch mehr Wendigo entstanden aus dem Schneesturm. Sie umringten den Brunnen.
    Ein Entkommen würde es diesmal nicht geben.
    Christo Shakespeare zog ein langes Messer aus dem Mantel heraus, eine Art Machete.
    »Ich lenke sie ab«, sagte er mutig, »und ihr versucht, wieder in die Kathedrale zu gelangen.«
    »Aber dort sind wir nicht sicher.«
    Nirgendwo sind wir sicher, dachte Scarlet.
    »Die Kathedrale ist sicher«, sagte ich. »Heiliger Boden.«
    »Den Blödsinn glauben Sie doch nicht etwa, oder?« Scarlet war verärgert.
    »Nein, ehrlich gesagt … nein.«
    Die Wendigo tauschten Blicke – und knurrten einander verschwörerisch zu.
    Christo Shakespeare trat vor.
    Dann hatte Scarlet eine Idee. »Nein, nicht das Messer«, sagte sie schnell. Sie brach mit aller Kraft einen der riesigen Eiszapfen ab, die von den Flügeln des Engels herabhingen. »Als wir die beiden Jäger trafen, Mr. Fox und Mr. Wolf, da hatten sie Messer aus Eis, um die Wendigo zu töten.« Genau, das war die Lösung. Man konnte Eis nur mit Eis bekämpfen, wie man Feuer nur mit Feuer und wilde Fluten nur mit wilden Fluten bekämpfen konnte. Das war das überaus Elementare an den Elementen, wie

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