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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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wunderbar. Die Eiszapfen waren wie
kleine Speere, die man vor sich halten konnte. Und wenn man damit die Wendigo zurückhalten konnte …
    Christo Shakespeare grinste breit und voller Tatendrang. »Eine gute Idee, Miss Scarlet.« Er brach sich einen großen Zapfen ab.
    Dann trat er den Wendigo entgegen.
    Buster kletterte auf die Skulptur und blieb auf dem Kopf des Engels sitzen.
    Die Wendigo hatten nun allesamt vollständig Gestalt angenommen. Das war der Moment, auf den sie gewartet hatten.
    Sie knurrten.
    Bleckten die Zähne.
    Verloren keine Zeit.
    Ihre Gliedmaßen waren lang und spinnenhaft, und die Krallen schoben sich aus dem Fleisch ihrer Finger, die noch menschlich aussahen. Ihre Fersen waren, ähnlich wie bei Hunden, in der Mitte der Hinterläufe, fast dreißig Zentimeter über dem Boden. Sie wirkten insektenhaft, fast wie die Kreaturen, die in Hell Gate aufgetaucht waren.
    Einer von ihnen näherte sich Christo Shakespeare.
    Der hieb mit dem Eiszapfen nach der Kreatur, traf sie an der Seite. Jaulend sprang das große Tier zurück.
    Heulte.
    Die anderen beobachteten alles sehr genau.
    Dann griffen sie an.
    Alle auf einmal.
    Es ging sehr schnell.
    Mehr als zwanzig Leiber näherten sich dem Brunnen, alle zugleich.
    Scarlet spürte, wie ihre Hände zitterten.

    Sie hielt den Eiszapfen fest in der Hand, und in diesem Moment stellte sie fest, dass sie noch nie ein Lebewesen getötet hatte, nicht mit Absicht.
    Sie erinnerte sich an den Wendigo, der sich ihr genähert hatte und der bei der Berührung allein gestorben war. Aber das hatte sie nicht gewollt. Das Amulett hatte sie beschützt, doch dieser Zauber existierte jetzt nicht mehr. Sie war nicht diejenige gewesen, die getötet hatte.
    Sie hatte kein Leben genommen. Es war nicht ihre Absicht gewesen, das zu tun.
    Doch jetzt stand sie hier und hielt eine Waffe in der Hand und dachte an Keanu und Jake und spürte ein Gefühl, das dunkel und beharrlich an ihren Eingeweiden zerrte, ein Gefühl, so dumpf und schrecklich, dass es bitterster Rachedurst sein musste.
    Ja, sie würde diese wüsten Kreaturen töten. Sie hatten es nicht besser verdient. Die Wendigo hatten Keanu auf dem Gewissen und Jake womöglich auch. Sie verdienten den Tod, das war es, was sie dachte.
    Sie trat vor und stach dem ersten Wendigo, der sich ihr näherte, den Eiszapfen ins Auge, zog ihn dann aber schnell wieder heraus.
    Der Wendigo schlug sich kreischend mit den Tatzen ins Gesicht, fügte sich dadurch selbst noch tiefere Wunden zu und brach dann zusammen. Zuckend lag er für Augenblicke, die wie eine kleine Ewigkeit waren, im Schnee, und schließlich löste er sich auf.
    Christo Shakespeare war auch nicht zimperlich.
    Buster fauchte die Wendigo von seinem Platz auf dem Engelskopf aus an.
    Und ich schleuderte die Kreaturen fort von uns, so gut es
ging. Doch meine Kräfte begannen nachzulassen. Mehr und mehr. Ich war eben doch nicht mehr die Jüngste.
    »Wir müssen in die Kathedrale zurück!«, schrie Christo Shakespeare. »Und zwar alle.«
    Keiner hatte etwas dagegen einzuwenden.
    Überall waren Krallen und Zähne, Fell und Schneegestöber.
    Wir verließen den Platz bei dem Engel und kämpften uns in Richtung der Kathedrale vor.
    Die Wendigo gaben sich alle Mühe, uns daran zu hindern, das Portal zu erreichen, also mussten wir dort drinnen in Sicherheit sein. Die Aussicht auf einen sicheren Platz gab uns Mut.
    Uns allen.
    Wir stachen wie wild mit den spitzen Eiszapfen nach den Wendigo, konnten sie zumindest damit verletzen.
    Rücken an Rücken kämpften wir uns vor.
    Dann fiepte etwas.
    »Verflixt, verflucht und …!«
    Buster Mandrake saß noch immer auf dem Kopf des Engels. Ein Wendigo hatte ihn erblickt, löste sich vom Rest des Rudels und rannte auf allen vieren zum Brunnen zurück.
    »Mistress!«, schrie Scarlet.
    Sie überlegte nicht lange. Sie rannte zurück zum Brunnen, stolperte, rappelte sich auf.
    Eine Horde Wendigo folgte ihr.
    »Auch das noch«, grummelte ich.
    Ich konzentrierte mich, spürte ihre Präsenz und schleuderte zwei von ihnen zur Seite. Den Wendigo, der auf Buster zusprang, warf ich aus der Bahn, so dass er neben dem Brunnen in den Schnee stürzte.

    Ehe ich mich’s versah, rannte ich Scarlet hinterher. Keine Ahnung, warum ich das tat. Es war töricht und dumm.
    Trotzdem!
    Mit letzter Kraft wehrte ich einen weiteren Wendigo ab.
    Dann war ich beim Brunnen angelangt.
    Scarlet war schon da.
    »Schön, wir sind wieder hier«, bemerkte ich.
    Sie schwieg.
    Buster sprang von

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