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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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fragte sie: »Warum?«
    »Die Stadt ist gefährlich geworden. Etwas geht da drau ßen vor«, sagte er ernst. »Und Mistress Atwood ist um dich besorgt.«
    »Und wenn ich wirklich gehen möchte?«
    »Du bist ein freier Mensch, Scarlet Hawthorne. Ich werde dich bestimmt nicht aufhalten.«
    Scarlet rollte mit den Augen.
    »Ich würde dich aber bitten, zu bleiben.«
    Sie hielt inne, ballte heimlich die Fäuste.
    Dann drehte sie sich wütend um. »Was ist das für ein Spiel?« Sie stapfte zurück. »Was ist hier los?«
    Er breitete die Arme aus. »Hey, ich bin nur gebeten worden, so lange hier zu sitzen, bis du wach wirst.«
    »Das hat Mistress Atwood dir aufgetragen?«
    Er seufzte. »Nein, Buster.«
    »Das kleine Tier.«
    Jake fuhr sich mit der Hand durch das struppige kurze Haar. »Er mag es nicht besonders, wenn man ihn als Tier bezeichnet.« Er setzte die Brille kurz ab und rieb sich die Augen.
    »Aber er ist eins.«

    Jake starrte sie an. »Er ist ein Mandrake.« Die Brille landete wieder auf seiner Nase.
    »Das heißt?«
    »Seine Mutter war eine Rose und sein Vater ein Streifenschwanzmungo. Und die Alraune, die er einmal war, wurde zu dem, was jetzt Buster Mandrake ist.«
    Scarlet starrte ihn an.
    »Die Alraune ist eine magische Pflanze«, erklärte Jake geduldig. »Wenn man sie pflanzt und umhegt und einen Wunsch äußert, dann ist sie zu Verwandlungen fähig.«
    Sie wusste natürlich, was eine Alraune war. Nur wusste sie nicht, woher sie es wusste.
    »Aber warum konnte ich ihn verstehen?«
    Jake zuckte die Achseln. »Warum hättest du ihn nicht verstehen sollen? Nach allem, was er mir gesagt hat, bist du ein Tricksterkind.«
    Scarlet starrte in den schwarzen Kaffee. »Das hat sie auch gesagt. Mistress Atwood, meine ich.«
    Jake lächelte fröhlich. »Na, dann wird es wohl stimmen.«
    »Aber was ist ein Tricksterkind?« Erst jetzt wurde Scarlet bewusst, dass sie mit einem fremden Mann an einem Tisch auf einer Wiese im Inneren einer alten Mühle saß, während draußen dicke Schneeflocken über New York niedergingen. Und das Gespräch, das sie führten, war mehr als nur seltsam.
    »Das Leben kann sehr verwirrend sein«, sagte Jake. » Unser Schicksal ist es, dass wir allen anderen ein Geist und uns selbst die einzige Wirklichkeit sind . Das ist von Thomas Wolfe. Schau heimwärts, Engel . Ein Buch, das ich nie zu Ende gelesen habe.« Er lachte. »Ich lese nicht viel, eigentlich gar nicht. Ich zeichne nur. Entwerfe Dinge. Repariere Dinge. Baue Dinge.«
    »Dinge?«

    »Ja, Dinge.«
    Scarlet fragte sich, ob sie gern Bücher gelesen hatte. Sie wusste es nicht.
    »Aber zurück zu deiner Frage.« Er nippte am Kaffee, schlürfte ihn langsam und geräuschvoll. »In einem Trickster, musst du wissen, fließt menschliches und elfisches Blut gleichermaßen.«
    Sie starrte ihn an. Hatte sie richtig gehört? »Elfisches Blut?«
    »Ja, Blut von Elfen.«
    Sie starrte weiter. »Ist das dein Ernst?«
    »Was?«
    »Das mit den Elfen.«
    Er nickte, schien nicht recht zu verstehen, was sie meinte. »Du weißt nichts von ihnen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Du weißt nichts von der Stadt?«
    »Welcher Stadt? New York?«
    »Die Stadt darunter.«
    »Darunter?«
    Jake stellte die Kaffeetasse ab. »Die Stadt unter der Stadt.« Er hielt inne und schien sich zu fragen, was er ihr alles erzählen sollte.
    »Was meinst du damit?«, hakte sie nach. »Was ist das für eine Stadt unter der Stadt?« Etwas in ihr begann zu klingen. Ergab eine Melodie, die sie, wie derzeit alles um sie herum, nicht recht fassen konnte.
    Die Stadt unter der Stadt.
    Was ging hier nur vor?
    »Dazu die elfischen Familien, die aus der Alten Welt hierherkamen.« Er nannte ihr Namen, die sie alle schon einmal gehört hatte, irgendwo, weit, weit entfernt, in einem Leben,
das ihr entronnen war. »Die Astors und Carnegies, die Vanderbilts und Montagues, die Knickerbockers und Heckwelders, die Millars und die Micklewhites und all die anderen alten Häuser eben.« Jake schüttelte verwundert den Kopf. »Du hast nie davon gehört?«
    Nachdenklich murmelte sie: »Doch, irgendwie schon.« Sie hob den Blick und sah ihm in die Augen. »Ich kann mich nur nicht mehr daran erinnern. Ich kann mich an gar nichts mehr erinnern.«
    »Ich weiß, Buster hat es mir gesagt.«
    »Aber irgendwie spüre ich, dass es die Wahrheit ist.«
    Jake zuckte die Achseln. »Es ist die Welt, in der wir leben. Sie offenbart sich nicht allen Menschen. Nur denjenigen, die ihre Augen öffnen. Aber die Stadt, von

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