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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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und dunkel wie Seide. Ihr Körper sackte langsam in sich zusammen, es tat nicht einmal weh, und die Reste des dichten Netzes, in das sie gelaufen war, fingen ihren Sturz sachte auf. Flinke Beine benetzten ihren Körper mit filigranen klebrigen Spinnenfäden.
    Scarlet Hawthorne schloss die tränennassen Augen und begann zu träumen, während der Kokon sie umschloss wie eine schützende Hülle, so warm und weich wie die pelzigen Leiber, die nicht mehr von ihr abließen.

KAPITEL 13
    GELÖSTE RÄTSEL UND RÄTSELHAFTE LÖSUNGEN
    »Wachen Sie auf, Miss Scarlet!«
    Nur diese Worte.
    »Miss Scarlet!«
    Sie hustete, dann fasste sie sich ans Gesicht und schlug nach den Spinnen, die nicht mehr da waren.
    Scarlet Hawthorne öffnete die Augen, blinzelte und stammelte benommen und überrascht: »Mistress Atwood?«
    Ich schenkte ihr ein Lächeln. »Sie haben mich erkannt, wie schön!«
    »Wo bin ich?«, fragte sie, noch immer benommen.
    »Tief unter der Great Central Station«, gab ich ihr zur Antwort. »Sie hatten Glück. Spüren Sie noch eine gewisse Taubheit in den Armen?« Als sie nicht sofort antwortete, gestand ich ihr: »Ich selbst hatte noch etwa eine Stunde danach Kopfschmerzen. Aber das passiert. Sie haben uns nicht gefressen, und das ist gut so. Man sollte sich über das freuen, was gut für einen ist, nicht wahr?«
    »Wo sind die anderen?«
    »Ich bin hier.« Das war Jake. Er stand hinter ihr.

    Scarlet drehte den Kopf. Ihr schwindelte vor Erleichterung. Dann erstrahlte ihr Gesicht in einem Lächeln, so hell wie Abertausende frisch geschlüpfter Sterne. »Du lebst!«
    »Die Stiche schmerzen noch ein wenig«, erklärte Jake, steckte die Hände in die Hosentaschen und sah betont lässig aus. »Aber ich lebe.« Er schaukelte auf den Fersen hin und her und strahlte ebenso wie sie.
    »Was ist passiert?«, fragte Scarlet.
    Sie sah die Überreste der Spinnenkokons auf dem Boden liegen. Jemand oder etwas hatte die Fäden aufgeschnitten.
    »Die Arachniden haben Sie hierhergebracht. Jake ebenso.«
    »Und Queequeg?«
    Ich zuckte die Achseln. »Ihn haben sie nicht hergebracht.«
    »Was heißt das?« Sie setzte sich auf, hielt sich den Kopf.
    »Nichts Gutes«, antwortete Jake.
    »Vielleicht haben sie ihn getötet, wir wissen es nicht.« Ich half ihr auf die Beine.
    »Was ist das für ein sonderbarer Ort?« Sie schaute sich um. Die Halle, in der wir uns befanden, war ein Spiegelbild der großen Halle der Grand Central Station, bloß tief unter der Erde gelegen. Anders als in ihrer oberirdischen Schwester liefen hier unten keine Passanten herum. Alles war still, staubig, verlassen. Dort, wo sich normalerweise die Ausgänge befanden, waren hier nicht einmal Türen zu erkennen.
    »Wir können nicht von hier weg«, sagte ich ihr, bevor sie die Frage stellen konnte. »Jake und ich haben bereits alles untersucht. Diese Halle besitzt keinen Eingang und auch keinen Ausgang.«
    »Aber wie haben uns die Spinnen denn hierhergebracht?«
    »Ich habe keine Ahnung. Es ist ein geschlossener Raum.
Wie Sie, Miss Scarlet, bin auch ich einfach erwacht und war hier. Das ist alles. Wir können nicht hinaus.«
    »Sind wir ihre Gefangenen?«
    »Möglich.«
    »Möglich?«
    »Die Spinnen haben uns nur hergebracht. Dann sind sie wieder gegangen.«
    Scarlet stand auf und streckte die Glieder. »Was ist mit dem Kokon passiert? Sie hatten mich eingesponnen.«
    »Jake war so freundlich, Sie von den Fäden zu befreien«, antwortete ich. »Es war aber auch kein großes Problem, sich selbst dieser ekligen klebrigen Dinger zu entledigen.«
    Erst da stellte sie die offensichtlichste Frage: »Wie kommen Sie denn hierher?«
    »Ich dachte schon, Sie fragen nie.«
    »Und?«
    »Ich habe die Brooklyn Bridge besucht«, sagte ich. »Und die Spinnen waren mir gegenüber kaum weniger zuvorkommend, als es bei Euch beiden der Fall war.«
    »Aber …«
    »Sie fragen sich jetzt sicher, was ich dort zu suchen hatte.«
    Scarlet nickte.
    »Im Grunde genommen trieb mich die gleiche Neugierde wie Sie selbst dorthin.«
    »Sie suchten nach Lady Solitaire?«
    Ich zögerte. »Nein, eigentlich nicht.«
    »Weshalb waren Sie denn dort?«
    »Oh, das ist eine lange Geschichte.«
    »Wir haben Zeit, würde ich sagen.« Scarlet schaute sich um. Es gab wirklich keine Zugänge. Der gigantische Jahrhundertwende-Bau war ein Gefängnis. Die riesigen Marmortreppen
führten nirgendwohin, sie endeten vor zugemauerten Ausgängen. Die hohen Fenster ließen Licht in die Halle strömen, obwohl dort oben

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