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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Hinweisen in der Gralslegende und war davon überzeugt, dass der Heilige Gral an einem geheimen Ort in England verborgen wurde.«

    Scarlet kannte diese Legende.
    Wer tat das nicht?
    Der Heilige Gral – jener Kelch, der das Blut des sterbenden Christus aufgefangen hatte. Wer aus ihm trank, sollte das ewige Leben erhalten. Eine uralte Geschichte.
    »Aber«, murmelte ich während des Hin-und-her-Laufens, »aber, aber, aber, aber …« Ich blieb stehen. »Der Heilige Gral wird nicht in allen Kulturen als Kelch angesehen. Die französischen Ritter bezeichneten ihn als Sangréal, was so viel wie Sang Réal bedeutet, was wir wiederum als Königsblut übersetzen können. Und es gibt noch ein weiteres Symbol für das Blut des Menschenkönigs.« Ich erhob den Finger, sagte: »Den Wein.«
    Jake wirkte skeptisch. »Der Wein?«
    »Ja, genau. Der Wein ist das Blut, und das Blut ist das Leben.« War das denn nicht deutlich? »Der Ursprung des Weines ist der Weinstock. Pairidaezas Stock, wie in den Zeilen Miltons deutlich wird.« Ich beobachtete die beiden. »Nun, sehen Sie die Zusammenhänge?«
    »Milton hat diese Pflanze in seinem Verlorenen Paradies erwähnt.«
    »Sie sagen es.«
    »Und was hat die Pflanze mit dem Verschwinden der Kinder zu tun?«
    »Geduld, Geduld«, erbat ich mir. »Es ist ganz einfach.«
    Jake dachte laut nach. »John Dee sucht die Formel für das ewige Leben. John Milton schreibt über Pairidaezas Stock.«
    »Es geht noch weiter«, sprudelten mir die Worte aus dem Mund. »Denn John Milton, der Verfasser von Das verlorene Paradies , schrieb im Jahre 1637 noch ein längeres Gedicht, in welchem er um einen guten Freund mit Namen Edward
King trauerte, der in der Irischen See ein feuchtes Grab gefunden hatte. Dem Gedicht gab er den Titel Lycidas .«
    »Und?«
    »Vor etwas mehr als zehn Jahren, als blutige Unruhen die uralte Metropole von London heimsuchten, da tauchte dieser seltsame Name in den Chroniken der Tunnelstreicher auf.«
    » Lycidas ?«
    »Ja, Master Lycidas. Wer immer er auch war, er hatte eine Rolle gespielt in den Konflikten, die heute nur noch als die Manderley-Krise bezeichnet werden.«
    »Aber was hat das alles mit uns zu tun?«, fragte Jake.
    »Was hat das mit den Kindern zu tun?«, schloss sich Scarlet an.
    »Oder den Eistoten?«
    »Langsam, langsam«, begann ich die Erklärung. »Jetzt kommt das ins Spiel, was wir von Queequeg erfahren haben.«
    »Warten Sie«, sagte Scarlet, die wach zu werden schien. Sie berichtete mir in wenigen Worten von dem, was sie von Queequeg in der Pequod erfahren hatte. »Zur Zeit der großen Pest verschwanden viele Kinder in London.«
    Sie hatte es erfasst. »Das war im Jahre 1563. John Dee lebte in London.«
    Scarlet nickte. »Der nächste Kinderraub«, fuhr sie fort, »ereignete sich dann im Jahre 1666.«
    »John Milton lebte in London.«
    »Queequeg berichtete von ähnlichen Vorfällen in Leuven und Brüssel, Paris und Warschau.«
    »Alles Orte, an denen John Dee sich aufgehalten hat«, sagte ich.

    Jake schaltete sich jetzt ein: »John Dee und John Milton hingen den gleichen Gedanken nach. Sie waren beide der Meinung, dass unschuldige Kinder der Schlüssel zur ewigen Jugend sind. Überall, wo sie sich aufgehalten haben, wurden Kinder gestohlen.«
    »Kleine Kinder.«
    »Und …«, ich hob den Finger, »ihre Handschrift ist identisch.«
    Beide sahen mich an, als hätte ich etwas durch und durch Verrücktes gesagt.
    »Wie, in aller Welt, kommen Sie denn darauf?«
    »Internet«, sagte ich nur.
    »Bitte?«
    »Google!«
    »Ist nicht Ihr Ernst.«
    »Suchen Sie nach den Werken Miltons und Dees in Bildern, und Sie werden fündig.«
    Die beiden starrten mich noch immer an.
    »Ich bin durchaus fähig, einen Computer zu bedienen«, stellte ich klar. »Dies ist New York. Es lebe die Renaissance. Die dunklen Zeiten sind vorbei. Wir sind zivilisiert.«
    »Natürlich«, sagte Scarlet.
    »Klar«, sagte Jake.
    Ich zog es vor, einfach weiterzureden. »Wir haben es hier mit einem uralten Wesen zu tun, das seit dem Anbeginn der Zeit unter uns weilt. Alle Hinweise deuten darauf hin. Die Spur des Wesens kann allein in London bis zur römischen Besetzung der Stadt zurückverfolgt werden.«
    »Aber«, fragte Jake, »was ist mit der Gegenwart?«
    »Die Theorie der vielen Johns «, sagte ich.
    »Wie meinen Sie das?«

    Ich hob die Hand und lief weiter im Raum herum. »Wenn wir uns die Frage nach der Gegenwart stellen, führt uns das auch wieder nach London. Zu den letzten Vorfällen

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