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Die Urth der Neuen Sonne

Die Urth der Neuen Sonne

Titel: Die Urth der Neuen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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sicher, daß die Matrosen die Kammer, in der wir sie gefunden hatten, sobald wie möglich verließen, da diese ihnen nichts mehr zu bieten hatte, sobald sie einander die Wunden verbunden und Atem geschöpft hatten. Wie sich zeigte, blieben sie so lange aus, daß ich fast schon überzeugt war, wir hätten sie verpaßt – weil sie zum Kampfplatz zurückkehrten oder durch eine abgehende Passage verschwanden, die wir übersehen hatten. Zweifelsohne hatten sie lange diskutiert vor dem Aufbruch.
    Wie auch immer, zuletzt erschienen sie doch. Ich legte den Finger an die Lippen, um Zak zu warnen, eine wohl überflüssige Geste. Als uns alle fünf Mann passiert hatten und uns gute hundert Ellen voraus waren, schlichen wir hinaus.
    Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir ihnen folgen müßten, bis Purn am Schluß ginge, oder ob er überhaupt je am Schluß ginge; schlimmstenfalls war ich darauf gefaßt, unsere Hoffnung auf unseren Mut und ihre Angst zu setzen und ihn aus ihrer Mitte zu entreißen.
    Das Glück war uns hold – bald hinkte Purn um einige Schritte nach. Seit meiner Nachfolge als Autarch habe ich oftmals Angriffe geführt im Norden. Nun gab ich vor, einen solchen Angriff zu führen, wobei ich die Panduren anfeuerte, die lediglich aus Zak bestanden. Wir rannten gegen die Matrosen an wie an der Spitze eines Heeres und zückten unsere Waffen; und sie wirbelten herum und ergriffen geschlossen die Flucht.
    Ich hatte gehofft, Purn von hinten zu erwischen und damit meinen verbrannten Arm möglichst zu schonen. Zak ersparte mir die Mühe und flog mit einem gewaltigen Weitsprung gegen Purns Kniekehlen. Ich brauchte nur noch die Messerspitze auf den Hals zu setzen. Er machte ein entsetztes Gesicht, wozu er allen Grund hatte: Ich wollte ihn töten, sobald ich ihm möglichst viele Informationen entrissen hätte.
    Ein, zwei Atemzüge lang lauschten wir regungslos den verhallenden Schritten der vier Fliehenden. Zak hatte Purns Messer aus der Scheide gerissen und wartete nun mit einer Waffe in jeder Hand, wobei er den gestürzten Seemann unter buschigen Brauen hervor anfunkelte.
    »Du bist auf der Stelle tot, wenn du versuchst wegzulaufen«, flüsterte ich Purn zu. »Antworte mir, und du lebst noch eine Weile. Deine rechte Hand ist verbunden. Wie hast du sie dir verletzt?«
    Obwohl er ausgestreckt auf dem Rücken lag und mein Dolch gegen seinen Hals drückte, trotzte er meinem Blick. Ich kannte diesen Blick, diese Augen, die ich oftmals hatte brechen sehen.
    »Ich habe keine Zeit zu verschwenden«, erklärte ich ihm und ritzte ihn mit der Spitze, daß er blutete. »Sag, wenn du nicht antworten willst, und ich töte dich, und der Fall ist erledigt.«
    »Beim Kampf gegen die Gierer. Du warst dabei. Hast alles gesehen. Ich wollte dich erledigen, klar, das stimmt schon. Ich dachte, du wärst auch so einer. Mit diesem Gierer …« Sein Blick fiel auf Zak. »Mit dem würde dich jeder für einen solchen halten. Du bist unverletzt, es ist dir nichts passiert.«
    »Sprach die Natter zur Sau. So hat ein gewisser Jonas immer gesagt. Er war auch Matrose, Purn, und genauso verlogen wie du. Diese Hand war bereits verbunden, als Zak und ich in den Kampf einstiegen. Nimm den Verband ab!«
    Er tat es widerwillig. Die Wunde war von einem tüchtigen Medicus behandelt, sicherlich in der Krankenstube, die Gunnie erwähnt hatte. Obwohl das klaffende Fleisch genäht war, ließ sich durchaus deutlich erkennen, um welche Wunde es sich handelte.
    Und während ich mich bückte, um sie zu betrachten, schürzte Zak, der sich gleichfalls bückte, die Lippen und bleckte die Zähne, wie ich es gelegentlich bei zahmen Affen beobachtet habe. Nun wußte ich, daß die kühne Vermutung, die ich zu verwerfen geneigt gewesen war, schlicht und innig der Wahrheit entsprach: Zak war der zottige hopsende Apport gewesen, den wir im Frachtraum jagten.
     

 
Das Ebenbild
     
    Um meine Verwirrung zu verbergen, pflanzte ich Purn den Fuß auf die Brust und bellte: »Warum wolltest du mich umbringen?«
    Wer sich mit dem sicheren Tod abfindet, der verliert zuweilen seine Todesangst. So erging es auch Purn: die Wandlung war unübersehbar wie ein Augenaufschlag. »Weil ich weiß, wer du bist.«
    »Du bist also von meinem Volk. Du bist mit mir an Bord dieses Schiffes gekommen.«
    »Ist Gunnie auch mit dir an Bord gekommen?«
    »Nein, Gunnie arbeitet schon lange hier. Sie ist dir nicht feindlich gesonnen, Autarch, wenn du das meinst.«
    Zu meinem Erstaunen sah Zak mich an und nickte.

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