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Die Urth der Neuen Sonne

Die Urth der Neuen Sonne

Titel: Die Urth der Neuen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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verteilte ihre Waffen – zwei Spieße und einen Knüttel – an Matrosen, die beteuerten, daß sie damit umzugehen verstünden. Wir eilten weiter, liefen über ein Dutzend oder mehr Tote, teils Gierer, teils Sideros Leute.
    Ein heulender Windstoß fuhr uns in den Rücken und riß mir beinahe das zerfetzte Hemd vom Leib.
     

 
Das Ende des Universums
     
    Die Matrosen waren klüger als ich und legten sogleich ihre Halsbänder um. Erst als ich sie dies tun sah, verstand ich, was geschehen war.
    Nicht weit von uns hatte die Explosion einer schrecklichen Waffe ein Leck in die Gänge gerissen, durch das die Luft aus diesem Schiffsteil ins Vakuum strömte. Als ich mein Halsband umlegte, hörte ich große Türen zuschlagen, ein langgezogenes hallendes Bummbumm wie von Kriegstrommeln von Titanen.
    Kaum hatte ich mein Halsband zusammengeklickt, legte sich der Wind anscheinend, obwohl ich ihn nach wie vor brausen hörte und Staub rasant aufwirbeln sah wie Feuerwerksraketen. Mich selbst umspielte nur eine mäßige Brise.
    Wir schlichen vorwärts – da wir in jedem Moment mit Gierern rechneten – und erreichten die Stelle. Wenn überhaupt, so könnte ich hier (wie ich glaubte) genug von der Struktur des Schiffes sehen, um seine Bauweise besser zu verstehen. Dem war nicht so. Geborstenes Holz, verbogenes Metall und verglühter Stein mischten sich mit auf Urth unbekannten Substanzen, die glatt wie Elfenbein oder Jade waren, aber eine fremdartige Farbe oder gar keine Farbe hatten. Andere Substanzen erinnerten an Linnen, Kattun oder das rauhe Fell zahlloser Tiere.
    Jenseits dieser zerstörten Schichten harrten die stillen Sterne.
    Wir hatten den Anschluß an die Truppe verloren, aber es lag für mich auf der Hand, daß das Leck im Schiffsrumpf schnellstmöglich abgedichtet werden müßte. Ich bedeutete den acht verbliebenen Leuten meiner ehemaligen Nachhut, mir zu folgen, wobei ich hoffte, daß die Reparaturarbeiten in Gang wären, bis wir das Deck erreichten.
    Auf Urth wäre es unmöglich gewesen, die zerstörten Geschosse zu erklimmen; hier war es ein Kinderspiel. Man sprang vorsichtig, fing sich an einem verbogenen Träger oder Pfosten ab und sprang abermals, wobei die beste Methode darin bestand, mit jedem Sprung über die Kluft zu setzen, was anderswo blanker Wahnsinn gewesen wäre.
    Wir erreichten das Deck, obwohl damit, wie es zunächst schien, nichts erreicht war; es war einsam und verlassen wie die Eiswüste, über die ich einst von den höchsten Fenstern des Letzten Hauses Ausschau gehalten hatte. Riesige Taue schlängelten sich übers Deck; einige wenige ragten säulengleich auf und hielten hoch droben die vertäuten Reste eines Mastes.
    Eine der Frauen winkte und deutete auf einen andern Mast, der einige Meilen entfernt stand. Ich schaute, aber konnte im ersten Moment nichts anderes sehen als ein gewaltiges Gewirr aus Segel, Rah und Tau. Dann schimmerte, bleich unter den Sternen, ein violetter Funke auf – und als Antwort auf einem andern Mast ein zweiter.
    Und dann etwas so Wunderliches, daß ich schon glaubte, meine Augen täuschten sich oder ich träumte. Ein silbernes Pünktchen, allerwinzigst und Meilen über uns, das ganz allmählich größer wurde. Es fiel natürlich; aber da es durch keinerlei Atmosphäre fiel, flackerte es nicht, und da es unter einer so geringen Anziehungskraft fiel, war das Fallen ein Gleiten.
    Bis jetzt hatte ich meine Leute geführt. Nun führten sie mich und schwärmten an beiden Masten hinauf, während ich, von jenem unglaublichen silbernen Fleck gebannt, auf Deck stand. Schon war ich allein und beobachtete die Männer und Frauen, die zu meinem Kommando gehört hatten und die wie Pfeile von Tau zu Tau flogen und im Fluge zuweilen Schüsse abfeuerten. Dennoch zögerte ich.
    Ein Mast, so überlegte ich, wurde sicherlich von den Mutisten gehalten, der andere von der Besatzung. Den falschen Mast zu besteigen, würde den Tod bedeuten.
    Ein zweiter silberner Punkt gesellte sich zum ersten.
    Das Abschießen eines einzelnen Segels mochte ein Versehen sein, aber hinter dem Abschießen von zweien nacheinander konnte nur Absicht stecken. Wären genügend Masten, genügend Segel zerstört, würde das Schiff nie sein Ziel erreichen, und das konnte nur eine Seite wollen. Ich sprang ins Takelwerk des Mastes, in dem die Segel fielen.
    Ich habe bereits geschrieben, daß das Deck an die Eiswüste von Meister Ash erinnert hat. Nun, mitten im Sprung sah ich es besser. Noch immer strömte Luft aus dem

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