Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Vagabundin

Die Vagabundin

Titel: Die Vagabundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
Vom Netzwerk:
lachen.
    «Bitte, Junker Moritz, steht wieder auf. Ihr tut grad so, als sei ich ein Edelfräulein. Dabei ist dieses kostbare Kleid genauso eine Mummerei wie meine Schneidertracht.»
    Moritz von Ährenfels schüttelte heftig den Kopf.
    «Für mich bist du ein Edelfräulein. Nein, mehr noch – eine Prinzessin! Und hör endlich auf, mich Junker zu nennen.» Er umkreiste sie in seinen langen Schritten. «Weißt du eigentlich, wie schön du bist? Allein dein Mund, deine Lippen – so fein gezeichnet! Und deine blauen Augen unter den dunklen Brauen!» Er blieb stehen. «Ich schwör dir, schon nach unserer ersten Begegnung konnte ich dich nicht vergessen. So stark und stolz bist du mir damals vorgekommen, wie eine wilde Katze, und zugleich so verletzlich! Und als du schließlich hier bei uns auftauchtest, glaubte ich, eine Erscheinung zu haben.»
    Er nahm ihr Gesicht in beide Hände.
    «Sag mir nur eins: Hast du auch manchmal an mich gedacht?»
    Sie nickte, wollte etwas erwidern, da umschlossen seine Lippen ihren Mund. Ganz zart nur, als einen allerersten Versuch der Annährung, küsste er sie. Eva spürte, wie ein nie gekanntes Feuer in ihr aufloderte. Brüsk riss sie sich los.
    «Was tut Ihr da? Wenn Ihr glaubt, Ihr könntet es ausnutzen,dass wir allein sind, dann kennt Ihr mich schlecht. Ich weiß mich zu wehren.»
    Sie sah, wie er erschrocken, ja beinahe schmerzhaft das Gesicht verzog, und hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. Warum stieß sie diesen Menschen von sich, wo sie sich nichts sehnlicher wünschte, als in seinen Armen zu liegen? Alles war so anders mit Moritz, ihm vertraute sie grenzenlos, ihm gegenüber verspürte sie keine Angst mehr vor dem, was das männliche Wesen ausmachte, was sie sonst nur als hässlich und gewaltsam erfahren hatte. Im Gegenteil: Nicht nur seine Lippen, seine Küsse wollte sie spüren, sondern alles! Alles, was zwischen Weib und Mann möglich war!
    «Verzeih, Eva. Verzeih mir vieltausendmal!» Er nahm ihre Hand. «Was bin ich nur für ein Esel! Wahrscheinlich denkst du, ich sei wie mein Vater. Denkst, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Aber glaub mir, ich will nichts ausnutzen. Ich wünsche mir nur eines: dass du nicht wieder davonrennst, wie dazumal bei Neumarkt. Komm!»
    Er führte sie an den Tisch, hob einen ledernen Knappsack vom Boden auf und packte Weinschlauch, Brot, Käse und Schinken aus, dazu zwei Zinnbecher, die er randvoll goss. Dann setzte er sich ihr gegenüber.
    «Du hast gewiss noch keinen Bissen gegessen heut.» Er hob seinen Becher. «Auf dich, Eva. Darauf, dass du wahrhaftig hierher ins Jagdhaus gekommen bist. Ich hatte es gar nicht mehr zu hoffen gewagt.»
    Längst lächelte er wieder, und seine Augen strahlten sie an.
    «Jetzt iss und erzähl mir von dir. Ich möchte noch so viel über dich erfahren.» Er nahm einen tiefen Schluck. «Bis jetzt weiß ich rein gar nichts, außer dass du einen kleinen Bruder hast, der damals mit auf dem Karren saß, und dass du aus Wien kommst.»
    Wider Willen musste Eva lachen. «Aus Glatz komm ich in Wirklichkeit, allenfalls noch aus Passau. Von Wien kenn ich nur das Stadttor von außen. Aber den kleinen Niklas» – der Name versetzte ihr einen schmerzhaften Stich   –, «den gibt es tatsächlich.»
    «Siehst du! Nichts weiß ich. Und das mit dem großen Bruder in Straßburg – das war dann wohl auch geflunkert?»
    «Nein. Auch den gibt es. Adam besucht in Straßburg die Universität.»
    «Adam?»
    «Ja. Ich hab mir seinen Namen ausgesucht, für mein Leben als Schneidergesell. Und dazu Portner, nach meinem leiblichen Vater. Der war seinerzeit ein bekannter Schneidermeister am Glatzer Grafenhof.»
    Sie nahm einen Schluck von dem Wein, der wie Samt auf der Zunge lag. Von klein auf habe sie keinen anderen Wunsch gehabt, als ihr Brot mit Schneidern zu verdienen. Da eine Frau allenfalls als Näherin gehen dürfe, sei ihr vor einiger Zeit der Gedanke gekommen, sich als Bursche zu verkleiden. Zudem komme sie als Mann auch einigermaßen sicher über Land. Ihr Ziel sei Frankreich, wo ein solches Gaukelspiel dann nicht mehr vonnöten sei.
    «Dort gibt es sogar Frauenzünfte. Das weiß ich von Adam.»
    Moritz hatte ihr aufmerksam zugehört.
    «Fühlst du dich denn nicht manchmal einsam, wenn du so mutterseelenallein unterwegs bist?»
    «Ach – ich finde schnell Gesellschaft. Nur meine Geschwister vermisse ich schrecklich, vor allem den Kleinen, den Niklas. Ich denk eigentlich jeden Tag an ihn. Wir hatten beim Abschied

Weitere Kostenlose Bücher