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Die Vagabundin

Die Vagabundin

Titel: Die Vagabundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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ihr
Adam Auer
auf das Papier, nicht ohne dem Mann einen triumphierenden Seitenblick zuzuwerfen, dann machte sie sich auf den Heimweg.
    Vor dem Rathaus begegnete sie dem Bader.
    «Da ist ja unser kleiner Veitstänzer.» Meister Hasplbeck grinste schief und wies auf das Paket unter Evas Arm. «Scheinst dich ja in unserem schönen Regensburg festsetzen zu wollen.»
    Statt einer Antwort zuckte Eva die Schultern. Der Mann war ihr inzwischen von Herzen zuwider.
    «Die Spitalmutter hat ja einen schieren Narren an dir gefressen!», fuhr der Bader fort. «Na ja, jetzt kümmert sie sich wenigstens wieder um die andren Siechen, wurde auch Zeit.»
    «Pfiad’s Euch Gott», murmelte Eva und beeilte sich weiterzukommen.
    Es war wahrhaftig kein Hexenwerk, was der Tuchschneider von ihr verlangte. Schon drei Tage später war sie dabei, einkostbares Wams aus gewirkter Seide zuzuschneiden. Die Arbeit machte ihr Spaß, auch wenn der Stücklohn geradezu lächerlich war. Aber das kümmerte Eva wenig, sie war sich sicher, schon bald mehr verlangen zu können. Dann nämlich, wenn Alfons Winklmair von der Qualität ihrer Arbeit überzeugt war und sie nicht mehr würde missen wollen.
    So waren ihre Tage angefüllt mit Arbeit, nur unterbrochen von kurzen, hastigen Mahlzeiten in der Gesellentrinkstube. Von Anfang an machte sie es sich zur Gewohnheit, sich nach Feierabend, wenn ihr der Rücken schmerzte, die Beine zu vertreten. Von ihrem Haus zur Stadtmauer längs der Donau war es ein Katzensprung. Durch das Lederertörle hindurch erreichte sie in wenigen Minuten die Donaulände mit ihren Lagerhäusern und Stadeln. Dort stand sie dann am Ufer und sah zu, wie die letzten Kähne entladen und die Flöße vertäut wurden, und am Ende schweifte ihr Blick über den mächtigen Strom hinweg, hinüber zur Oberen Wöhrd, dieser langgestreckten Insel mit ihren Mühlen und armseligen Fischerhütten. An schönen Tagen konnte sie dahinter die Türme von Stadt am Hof im Abendlicht schimmern sehen, erahnte linker Hand die Mauern des Spitals.
    Eine tiefe Sehnsucht nach Kathrin Barreiterin erfasste sie dann jedes Mal, und es graute ihr vor dem Alleinsein der bevorstehenden Nacht. Vor allem vor den Albträumen, die sie längst wieder quälten.

38
    Am ersten Sonntag im neuen Jahr klopfte es morgens gegen Evas Tür. Sie hatte sich eben für den Kirchgang fertig angekleidet. Hastig glättete sie ihr Haar, während sie rief: «Wer da?»
    «Ich bin’s. Die Kathrin Barreiterin.»
    Als Eva diese Worte vernahm, öffnete sie zunächst zögerlich die Tür, doch als sie die Spitalmutter dann vor sich sah, in ihrem grünen Sonntagskleid, die Schürze und hellblaue Haube makellos sauber wie immer, die Wangen von der Kälte gerötet und die hellbraunen Augen groß und strahlend vor Wiedersehensfreude – da konnte sie nicht anders, als diese Frau zu umarmen.
    «Dann freust dich also?», hörte sie Kathrin murmeln.
    «Ja!»
    «Ich auch!»
    Verlegen ließ Eva sie los und trat einen Schritt zurück.
    Kathrin zog sich den Umhang fester um die Schultern. «Es war so trist und still ohne dich. Dann hab ich vom Spitalmeister erfahren, dass du seinem Bruder zuarbeitest.» Sie stockte. «Ich musste dich einfach wiedersehen.»
    «Dann – dann komm doch rein. Ich richte mich grad zum Kirchgang.»
    Neugierig sah sich die Spitalmutter in der Kammer um, die inzwischen mehr einer Schneiderwerkstatt glich als einer Schlafkammer. Überall lagen Stoffteile und Papierstreifen herum, die Strohmatratze hatte Eva auf den Boden verfrachtet, das Bett unter dem Fenster zum Schneidetisch zweckentfremdet.
    «Wenn du nichts dagegen hast, Adam, begleit ich dich in die Neupfarrkirche.»
    «Gern! Nur – ich dachte, du würdest dem alten Glauben anhängen?»
    Kathrin lachte fröhlich. «Der Herrgott wird es mir schon nachsehen.»
    Im Kirchenschiff hatte jede Zunft ihren angestammten Bereich, wobei den Meistern mit ihren Söhnen die vorderen Bänke vorbehalten waren, die Gesellen dahinter Platz nehmen und die Lehrknechte stehen mussten. Als Eva sich der Gruppeder Schneider und Schuster näherte, von denen sie die meisten aus der Zunftherberge kannte, klebten deren Blicke an ihr und ihrer Begleiterin.
    «Bis nachher dann», flüsterte Kathrin und gesellte sich auf die Seite der Frauen. Eva ertappte sich dabei, wie ihr das Getuschel und Gegaffe der Leute peinlich wurde und sie sich ärgerte, dass Kathrin mitgekommen war. Im selben Augenblick schalt sie sich eine dumme Gans. Schließlich war sie doch selbst

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