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Die Vagabundin

Die Vagabundin

Titel: Die Vagabundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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eine Frau!
    «Der Reingschmeckte hat mit der Spitalmutter obandlt», hörte sie alsbald hinter sich jemanden raunen. Und von anderer Seite: «Der soll sich ja auch bei den Pfeffersäcken einschleimen. Beim Winklmair geht er schon ein und aus.»
    «Wär Gott nicht mit uns diese Zeit, wir hätten musst verzagen», sang Eva lauthals mit, um das Geschwätz rundum nicht mit anhören zu müssen. Sie war froh, als der Gottesdienst ein Ende hatte und sie und die Barreiterin diesen Maulaffen entfliehen konnten.
    «Gehen wir ein Stückerl?», fragte Kathrin.
    «Gern.»
    Eva kannte noch nicht allzu viel von der Stadt. Als die Spitalmutter sie nun durch enge Gässchen und über weitläufige Plätze führte, vorbei an Kirchen und Klöstern, Kaufherrenhöfen und Stadtpalästen, am Bischofssitz und an der herzoglichen Pfalz und schließlich an den Mauerresten der allerersten Stadtherren, den Römischen, da lauschte Eva begierig ihren Erklärungen.
    «Wärst du ein Mann, wärst du ganz sicher ein Gelehrter», sagte sie irgendwann.
    «Niemals!», wehrte Kathrin ab, doch es war ihr anzusehen, wie sehr diese Anerkennung sie freute.
    An diesem Nachmittag erfuhr Eva auch, dass in der Stadtwaage zwei berühmte Männer namens Philipp Melanchthonund Johannes Eck nach einem Ausgleich zwischen den verfeindeten Glaubensrichtungen gesucht hatten. Der Kaiser selbst hatte diesen wochenlangen Disput in die Wege geleitet, an dem alle Welt Anteil genommen und in dessen Folge sich die Regensburger Stadtväter zu Luther bekannt hatten, der hier unter den Bürgern schon immer großen Widerhall gefunden hatte.
    «Das war eine recht wagemutige Entscheidung, musst du wissen», erläuterte Kathrin. «Schließlich haben wir rundum die katholischen Baiern, mittendrin den Bischof. Und der Kaiser, dem wir als Reichsstadt alleinig unterstehen, ist ja erst recht altgläubig.»
    Sie waren auf der Haid angelangt, diesem weitläufigen, sorgsam begrünten Platz, auf dem früher berühmte Ritterturniere stattgefunden hatten.
    «Vor ein paar Jahren dann, ich wurd grad zur Spitalmutter berufen, fand man eine wunderbare Lösung. Kein Kloster wurde aufgelöst, kein Kirchenbesitz angerührt, jeder in der Stadt, der irgendwie dem Herzog oder dem Bischof diente, durfte seinem Glauben treu bleiben. Deshalb also leben in dieser lutherischen Stadt bald grad so viel Altgläubige wie Lutheraner. Und jeder hat sein eigenes Kirchenoberhaupt: wir unseren Bischof, ihr Lutherische den Stadtrat. Wir leben und arbeiten miteinander, ohne jede Feindseligkeit.»
    «So wie wir beide.» Eva stieß ihre Freundin in die Seite. «Gehst mit mir sogar in einen lutherischen Gottesdienst.»
    Kathrin nickte beinahe ernst. «Genau so sollte es sein.»
    «Und wie haltet ihr es dann drüben im Spital?»
    «So wie mit der Schule, dem Armenkasten oder der Gerichtsbarkeit: Es ist alles irgendwie zweifach vorhanden. Genau weiß ich das nur für unser Spital: Die acht Herren des Spitalrats sind zur Hälfte geistliche Vertreter des Bischofs, zur Hälfte Patrizier und damit lutherisch. Der Spitalmeister auch, während ich jaaltgläubig bin. Bei allen anderen geht es bunt durcheinander, je nachdem, bei wem wir in Lohn und Brot stehen.»
    Eva fand diese Einigung durchaus weise. Wie viel mehr Frieden im Land gäbe es, würde allerorten so gehandelt!
    Als das Abendläuten die Bürger daran erinnerte, dass die Tore bald geschlossen würden, brachte Eva ihre Freundin zur Brücke. Es war ein herrlicher Tag gewesen, fast so wie früher, wenn sie des Sonntags mit Josefina zusammen gewesen war.
    «Sehen wir uns nächsten Sonntag wieder?», fragte Kathrin und strahlte sie erwartungsvoll an.
    Eva wurde mit einem Mal unsicher. Sie hatte das Gefühl, sich auf dünnem Eis zu bewegen, womöglich auf etwas zuzusteuern, was sie nicht mehr im Griff hatte.
    «Ich weiß nicht – ich hab sehr viel Arbeit.»
    «Dann vielleicht nur auf eine Stunde, nach dem Kirchgang?»
    Eva kämpfte mit sich. Sie dachte an ihre Kammer, in der sie tagaus, tagein ihre Stunden allein verbrachte, an ihre hastigen Mahlzeiten bei den Gesellen, wo sie noch immer eine Fremde war. Endlich nickte sie.
    «Gut. Bis nächsten Sonntag also.»
    Sie vereinbarten, sich zur elften Stunde auf dem Krauterermarkt zu treffen.
    Verwirrt sah Eva ihr nach, wie sie wenig später unter dem Bogen des Brückentors verschwand. Und spürte dabei noch immer den scheuen Kuss, den Kathrin ihr zum Abschied auf den Mund gedrückt hatte.
     
    Von nun an trafen sie sich jeden

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