Die Vampir-Dschunke
aber es gab Probleme mit seinem rechten Arm, den Justine ausgekugelt hatte. Er konnte ihn nicht mehr bewegen wie er es sich vorstellte.
Es sah schon lächerlich aus, wie er sich bewegte und auf die Vampirin zutorkelte.
Justine grinste ihn an.
Sie präsentierte vor allen Dingen ihren Oberkiefer, und dort schauten die beiden spitzen Zähne hervor.
Der andere wusste Bescheid.
Er wich zurück, aber Justine ließ ihn nicht weit kommen. Wieder schleuderte sie ihn zur Seite, sodass er mit dem Kopf gegen die Laterne prallte, die in heftige Schwankungen geriet und ihren Flackerschein wie eine zuckende Welle über den Boden warf.
Bevor die Gestalt zu Boden sank, griff Justine wieder zu. Sie drückte ihn mit dem Rücken gegen die Bordwand und sprach ihn mit zischender Stimme an. »Kannst du mich verstehen?«
Eine Antwort bekam sie nicht. Abgesehen davon, dass der Blutsauger seinen Mund weit aufriss, als wollte er die Zähne in den Hals der Blonden schlagen.
»Verstehst du mich?«
Der Blutsauger keuchte Justine die Antwort entgegen. Aber sie bestand nur aus diesem Laut, und damit konnte Justine Cavallo nichts anfangen. Das machte sie wütend.
Sie fegte ihren Gegner mit einem Schlag zu Boden und dachte jetzt ernsthaft daran, John Sinclair Bescheid zu geben. Es hatte schon etwas Besonderes an sich, in einer archaischen Umgebung wie dieser mit einem Handy zu telefonieren, aber da spielte das Schicksal nicht mit, denn auch für die anderen alten Blutsauger war die Zeit des Erwachsens gekommen.
Die Dschunke hatte sie, durch welche Macht auch immer, einem neuen Ziel entgegengetrieben. Alles wies darauf hin, dass die letzte Etappe nun begann, und sie fing an mit dem Erwachen der wie Leichen aussehenden Personen.
Es gab keine mehr, die sich nicht bewegte. Das Zucken der Glieder, das leise Aufstöhnen, das Kratzen harter Fingernägel über den Boden, das Stöhnen, das wie eine Musik klang, die dafür sorgte, dass sich die Mannschaft erhob.
Justine Cavallo hatte sich in den Hintergrund zurückgezogen, wo sie nicht so leicht entdeckt werden konnte und mit der Dunkelheit verschmolz.
Keiner blieb liegen. Alles bewegte sich. Sie erhoben sich von ihren Pritschen, sie rollten sich zur Seite hin, und sie krochen oder stemmten sich in die Höhe.
Justine hatte sie nicht gezählt. Es waren mehr als ein Dutzend, und sie wollte sich ihnen nicht unbedingt zeigen, auch wenn sie im Prinzip zu ihnen gehörte.
Deshalb wartete Justine ab. Als blinder Passagier auf einer alten Dschunke zu sein, hätte auch etwas für sich. Nach ein paar Schritten sah sie das Loch über sich, dass sie durch ihr Gewicht gerissen hatte. Mit einem Sprung war es zu erreichen.
Was einen Menschen viel Kraft gekostet hätte, war für Justine ein Kinderspiel. Sie sackte nur kurz in den Knien ein, stieß sich ab und fuhr geradewegs nach oben. Sie durchdrang die Öffnung und drehte sich noch, damit sie gut auf dem Deck aufkam.
Es klappte perfekt, wobei Justine nach einer guten Deckung Ausschau hielt. Es war wichtig, jetzt weiterhin die stille Beobachterin zu spielen, und tatsächlich ereignete sich genau das, womit sie gerechnet hatte. In der Nähe des Hecks hielt sich die Cavallo nun auf. Mit dem Rücken berührte sie sogar das Schanzkleid und schaute zu, wie die Gestalten aus ihren Löchern krochen.
Das traf im wahrsten Sinne des Wortes zu. Sie verließen ihre Plätze unter Deck, und Justine konnte sich nur wundern, wo es überall diese Ausstiege gab.
Sie waren Zweibeiner und nicht mehr. Gestalten, die sich bewaffnet hatten. Säbel, Schwerter und Dolche. Waffen, die sie aus ihrer Zeit mitgebracht hatten und die nicht eben neu aussahen. Trotzdem waren sie für Menschen tödlich.
Die Cavallo wartete. Sie sah keinen Grund einzugreifen, und sie war froh darüber, dass man sie noch nicht entdeckt hatte. So konnte sie in Ruhe abwarten, was geschehen würde.
Lange raten musste sie nicht. Es lag auf der Hand, dass die Dschunke ihren Liegeplatz verlassen würde, um in Richtung London zu segeln. Auch gegen die Strömung, so etwas würde sie locker schaffen.
Die Gestalten bewegten sich über das Deck des Schiffes. Manche hatten noch Probleme, mit ihren Bewegungen zurechtzukommen. Es bereitete ihnen Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten.
Sie nahmen das Deck für sich ein und verständigten sich dabei mit keuchenden Lauten. Zu sprechen brauchten sie nicht, denn jeder wusste, was er zu tun hatte. Das Ruder wurde besetzt, und wenn Justine in den Nebel schaute, sah
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