Die Vampir-Dschunke
gestohlenen BMW sehen wollte, war das nicht mehr möglich.
Der Schiffsverkehr lief weiter. Hin und wieder hörte sie den dumpfen Klang eines Nebelhorn, aber kein Schiffer dachte daran, seine Fahrt zu unterbrechen.
Justine wartete. Sie schaute sich den Nebel genau an und erkannte recht schnell, dass er sich weiter verdichtete. Das andere Ufer war für sie nicht mehr sichtbar.
Wenn die Dschunke tatsächlich nach London einlaufen wollte, waren die Bedingungen ideal. So schnell würde dieses ungewöhnliche Schiff nicht entdeckt werden. Der Nebel gab sogar genügend Deckung, damit die Dschunke anlegen konnte.
Plötzlich zuckte Justine zusammen. Etwas stimmte nicht. Der Nebel hatte sich verändert. An einer Stelle war er kompakter geworden, und zwar an ihrer Uferseite.
Mit dem nach links gedrehten Kopf wartete die Cavallo ab. Auf dem starren Gesicht erschien wieder ein Lächeln. Sie hatte plötzlich das Gefühl, genau an der richtigen Stelle zu stehen.
Der Nebel sorgte auch dafür, dass ein Teil der Geräusche geschluckt wurde. Alles klang gedämpfter und das Nahe schien weiter entfernt zu sein.
Die kompakte Nebelbank blieb zunächst so dicht. Justine war es nicht möglich, sie mit ihren Blicken zu durchdringen, und sie wunderte sich auch darüber, dass dieses Gebilde nicht weiter auf sie zuwanderte. Es blieb an einer Stelle liegen.
Das wiederum sorgte für ein noch größeres Misstrauen bei ihr. Nebel machte normalerweise, was er wollte. In diesem Fall traf das einfach nicht zu.
Er blieb liegen.
Warum?
Nebel konnte ein Mantel sein, der einen entsprechenden Schutz abgab. Und so sah es hier auch aus. Der Mantel wanderte nicht. Er blieb als recht kompakte Masse so nahe am Ufer liegen, dass er von ihm aus leicht zu erreichen war.
»Okay!«, flüsterte Justine und nickte vor sich hin. »Wenn du nicht zu mir kommst, dann komme ich zu dir.« Für sie stand längst fest, dass dieser Nebelblock keine natürliche Ursache besaß.
Justine brauchte nicht weit zu laufen, um den Rand des Nebels zu erreichen. Je näher sie kam, umso mehr sah sie. Das Gebilde war nicht so dicht wie zunächst angenommen. Durch ihren scharfen Blick erkannte sie einen dunklen Umriss innerhalb des Nebels, ohne dass sie herausfand, worum es sich dabei handelte.
Sie ging weiterhin ihrem Gefühl nach, und das reizte sie zu einem Lächeln. Justine war sicher, die richtige Spur gefunden zu haben. Eine alte Dschunke nutzte die Gelegenheit und versteckte sich in einer Nebelbank.
Justine blieb stehen, als sie eine gewisse Nähe erreicht hatte. Dass Wasser ihre Füße umspielte, störte sie nicht weiter. Da war sie ebenfalls anders gepolt als ein »normaler« Vampir, dem fließendes Wasser gefährlich werden konnte und das bei manchem Blutsauger sogar tödlich war.
Justine wusste, dass sie gewonnen hatte, denn es gab diese Dschunke tatsächlich. Sie stand plötzlich vor ihr, auch wenn sie noch von der grauen Suppe umschwebt wurde.
Aufbauten, die einen feuchten und alten Geruch ausströmten. Innerhalb des Nebels breitete sich der Gestank von altem Holz und fauligem Wasser aus. Justine sah die feuchten Schiffswände wie hellen Schimmel schimmern. Schräg und hoch über ihr zeichnete sich das Segel der alten Dschunke ab. Sie hörte nur das Rauschen des Wassers. Irgendwelche Stimmen drangen dabei nicht an ihre Ohren.
Um das Schiff zu erreichen, musste sie durch das Wasser gehen. Erst wenn sie eine bestimmte Stelle erreicht hatte, war sie auch in der Lage, es zu entern.
Sie würde hochklettern müssen, was nicht mal besonders schwer sein würde, denn Justine sah die Taue, die von der Bordwand nach unten hingen.
Sie ging ins Wasser. Selbst hier am Ufer spürte sie die Strömung, was ihr nichts ausmachte. Die Cavallo war es gewohnt, Hindernisse zu überwinden.
Die Dschunke schaukelte auf den Wellen leicht hin und her, und Justine glitt auf eines der langen Taue zu. Es würde ihr helfen, an Bord zu klettern.
Ein Mensch hätte Probleme bekommen. Nicht so die Blutsaugerin. Ihre Kräfte gingen weit über die eines Menschen hinaus. Sie packte das feuchte Tau mit beiden Händen und hangelte sich geschickt daran in die Höhe, ohne auch nur einmal abzurutschen. Das Schanzkleid zu überklettern bereitete ihr ebenfalls kaum Probleme. Sie ließ sich an Bord fallen und blieb zunächst liegen.
Justine wollte alles in sich einsaugen. Nicht nur schauen, sondern auch ihren Gefühlen folgen, die in solchen Situationen sehr sensibel sein konnten.
So nahm sie auf, wenn
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