Die Vampir-Dschunke
die Fahrt fort. Es gab niemand an Deck, der sich um Justine gekümmert hätte. Aber alle standen auf ihren Plätzen. Sogar den Mast war jemand hochgeklettert und hockte in einem Aussichtskorb.
Träge schaukelte die Dschunke dahin. Justine wusste nicht mal, ob sie die Wasserfläche berührte oder über sie hinwegschwebte. Inzwischen traute sie ihr alles zu.
Plötzlich drehte das Boot bei.
Nicht sehr flott. Alles ging ein wenig langsam und auch schwerfällig. Wellen schoben sich rollend heran und schoben die alte Dschunke schräg gegen das Ufer.
Dort musste das Ziel liegen.
Justine blieb cool, wie es ihre Art war. Sie lief nur auf die Steuerbordseite, um einen ersten schnellen Blick auf das Ufer zu werfen. Was sie sah oder nicht sah, war schon enttäuschend. Auf einer Kuppe oder vielleicht dahinter schimmerte ein schwaches Licht, das war auch alles.
Noch hatte die Dschunke nicht angelegt. Wenn das geschehen war und die verfluchte Besatzung die Dschunke verlassen hatte, würde auch Justine gehen und sich mit John Sinclair in Verbindung setzen.
Sie schwebte dem Ufer entgegen, über das die Wellen schwappten und die zahlreichen Steine beleckten. Der Nebel schloss sie weiterhin wie ein dichter Vorhang ein. Justine fragte sich, wann er aufreißen würde, aber der Gefallen wurde ihr nicht getan.
Plötzlich drängte die Dschunke nach steuerbord. Sie war gegen irgendetwas gestoßen, aber den Ruck spürte Justine kaum. Das Schiff fuhr nicht mehr weiter.
»Endlich«, flüsterte sie und griff zum Handy. Jetzt war es wichtig, dass auch John Sinclair Bescheid bekam.
Die Nummer hatte sie gewählt, nur bekam sie keinen Anschluss. Es war ein Rauschen zu hören, nicht mehr und nicht weniger. Sie konnte sich damit nicht länger aufhalten, denn jetzt fingen die ersten Gestalten damit an, die Dschunke zu verlassen. Sie gingen nicht normal von Bord. Sie enterten die Reling, konzentrierten sich, blieben immer nur für einen Moment stehen und sprangen in den Nebel hinein.
Keinen anderen Weg wollte auch Justine Cavallo gehen. Für sie war es ebenfalls ein Kinderspiel, auf das Schanzkleid zu klettern. Jetzt hätte sie gesehen werden müssen, doch keine der zerlumpten, schwer bewaffneten Gestalten drehte sich um.
Und so sprang auch sie an Land...
***
Brett Toffy überraschte mich mit einer Meldung. Seine Ruhe hatte er verloren, als er mit hastiger Stimme meldete: »Wir haben einen Störung im Radar.«
»Wie?«
»Es ist so gut wie ausgefallen.«
»Kann ich mir das ansehen?«
»Bitte, kommen Sie mit, Mr. Sinclair.«
Ich war kein Fachmann auf diesem Gebiet, aber ich ging davon aus, dass dieser Ausfall keine natürliche Ursache besaß. Da steckte mehr dahinter.
Eine andere Kraft oder Macht, die von uns Menschen so gut wie nicht beherrschbar war.
Hinter Toffy betrat ich den Steuerstand. Der Bildschirm leuchtete in einem fahlen Grün. Eine Linie bewegte sich kreisförmig über ihn hinweg. Aber die Fläche war nicht mehr klar, sie sah sehr milchig aus, als hätte jemand Wolken darauf gemalt. Selbst als Laie sah ich, dass da etwas nicht stimmte.
Ein Warrant Officer in unserer Nähe telefonierte. Ich wollte eine Frage stellen und wartete darauf, dass er aufhörte zu sprechen. Dann erst erkundigte ich mich: »Kennen Sie den Grund?«
»Nein, es ist uns ein Rätsel. Ich habe mit unserer Zentrale gesprochen. Man sagte mir, dass sich der Ausfall nur auf ein Gebiet beschränkt. Es ist uns ein Rätsel.«
»Das denke ich auch«, murmelte ich.
Brett Toffy schaute auf den Schirm. »Es ist also nur zu einem lokalen Ausfall gekommen«, bestätigte er, bevor er sich an mich wandte. »Kann es mit der Dschunke Zusammenhängen?«
»Es steht in einem Zusammenhang«, war ich überzeugt. »Auch wenn ich Ihnen den genauen Grund nicht nennen kann. Wir haben es mit einer anderen Macht zu tun.«
»Nebel!«
»Genau.«
Toffy hätte sich wohl gern die Haare gerauft. Seine Mütze verhinderte dies. »Wir haben unsere Erfahrungen mit Nebel, Mr. Sinclair, aber ich muss Ihnen sagen, dass ich so etwas noch nicht erlebt habe.«
»Kann ich mir denken. Der ist auch nicht natürlich.«
»Sie meinen künstlich?«
»So ähnlich.«
»Und weiter?«
»Somit sind uns die Hände gebunden. Aber ich sage Ihnen, dass sich innerhalb des Nebels unser Zielobjekt verbirgt. Wenn wir es sehen wollen müssen wir warten, bis er sich auflöst. Mehr kann ich Ihnen auch nicht sagen.«
»Glauben Sie denn, dass dies geschehen wird?«
»Ganz sicher. Nur sind wir nicht in der
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