Die Vampir-Polizei
»Hier und jetzt?«
»Klar.«
»Und du?«
»Keine Fragen, habe ich gesagt.«
Ich schaute ihn an. Dabei fraßen sich unsere Blicke praktisch ineinander. Er hatte etwas zu verbergen, das wußte ich inzwischen. Mit dem Mann stimmte etwas nicht. Äußerlich gab er sich ruhig, innerlich war er aufgewühlt und nervös.
»Es hängt mit diesem Haus zusammen, nicht?«
»Keine Fragen!«
»Ich steige nicht aus!«
Seine Wangenmuskeln arbeiteten. »Dann muß ich dich zwingen, Sinclair. Du wirst mich allein weiterfahren lassen. Ich muß etwas erledigen. Diese Nacht ist eine andere, das spüre ich.«
»Hängt es mit den Vampiren zusammen?«
Diesmal bekam ich keine barsche Antwort. Dafür duckte sich Zingara, als hätte er einen Hieb von mir bekommen. Seine linke Hand ballte sich zur Faust.
»Vampire!« flüsterte er. »Verdammt, Sinclair, was weißt du darüber?«
»Vielleicht mehr, als du denkst.«
»Und?«
»Ich kenne die Blutsauger.«
Er wollte grinsen, aber dieses Lächeln gefror auf seinen Lippen. »Du willst die Vampire kennen?« höhnte er.
»Wenn ich es dir sage.«
Er überlegte, schaute mir in die Augen, und ich bewegte ruhig meine Fland. Die beiden oberen Knöpfe der Jacke öffnete ich und griff unter mein Hemd.
Chet Zingara beobachtete mich. Er sah zu, wie ich mein Kreuz hervorholte und es auf die offene Handfläche legte. »Da, schau es dir an!«
Er senkte den Blick. »Verdammt, das ist ja…«
Ich nickte. »Ein Kreuz. Und es besteht aus geweihtem Silber. Wenn du etwas über Vampire weißt, wirst du auch wissen, daß es…«
Er schaute aus dem Fenster und drehte sich dabei ab. Ich hatte vorhin schon gespürt, daß etwas mit ihm nicht stimmte. Seine Handflächen waren mir so kalt vorgekommen. Plötzlich riß er den Wagenschlag auf. Er war nicht mehr angeschnallt. Bevor ich noch zugreifen konnte, hatte sich Chet bereits aus dem Patrol Car gerollt. Er landete auf der Straße, sprang hoch und rannte davon.
Vor der Kühlerschnauze sah ich ihn in der Dunkelheitverschwinden. Ich vernahm nur mehr seine hallenden Schritte, die allmählich leiser wurden. Weshalb war er verschwunden? Hatte ich es mit einem Vampir zu tun? Daran wollte ich nicht glauben, er hätte sich sonst noch abwehrender und ängstlicher benommen.
Warum aber die Flucht?
Ich dachte darüber nach, als ich mich an die Verfolgung machte. Diese Gegend besaß tausend Augen, wahrscheinlich würden wir, wenn wir zurückkamen, nur mehr die Karosserie des Fahrzeugs vorfinden. Alles andere war dann abmontiert und gestohlen worden. Ich kannte den Namen der Straße nicht, aber sie gehörte zu den typischen Bronx Roads. Leer und trotzdem mit einem geheimnisvollen geisterhaften Leben gefüllt, das sich hinter den Fassaden der Blocks abspielte, die als kastenartige Schatten in die Höhe wuchsen. Ich hielt mich auf der Sraßenmitte, die nie glatt war. An zahlreichen Stellen war der Belag aufgerissen. Schlaglöcher und Querrillen behinderten meinen Lauf. Ich sprang über die Hindernisse hinweg, schaffte es aber nicht, aufzuholen. Dann war Chet Zingara verschwunden. Er mußte sich in einem der Häuser versteckt halten oder war bis zu seinem ursprünglichen Ziel gelaufen, von dem wir ja nicht mehr weit entfernt waren.
Vor mir sah ich das Licht.
Es schimmerte dort, wo die Straße vor einem Haus endete. Ich wunderte mich, daß dort noch eine Laterne brannte.
War das Chets Ziel gewesen?
Da mir keine anderen Möglichkeiten blieben, ging ich davon aus und rannte weiter.
Vor dem Haus standen einige Fahrzeuge. Alte Kisten, die kaum jemand mehr stehlen würde. Nun erkannte ich auch, daß nicht nur ein Licht brannte. Mehrere der zahlreichen Fenster waren erleuchtet. Dieses Gebäude zählte mit seinen sechs Stockwerken nicht zu den Hochhäusern. Es war ein Backsteinbau der frühen vierziger Jahre. Zudem war es noch nicht völlig verslumt. Eine sehr breite Tür sah ich. Sie war in eine Nische gebaut worden und besaß zahlreiche Macken, die wahrscheinlich von Schlägen oder Stichen herrührten. War das Zingaras Ziel gewesen?
Ich lehnte mich keuchend an die Tür und entdeckte ein großes Klingelbrett.
Licht gab es nicht. Ich hakte meine Lampe ab und leuchtete das Schild an.
Es waren noch einige Namen gut lesbar. Unter anderem auch ein ganz bestimmter.
ZINGARA
Und das im vierten Stock.
Jetzt kannte ich das Ziel meines Kollegen, wußte aber nicht, ob er hier wohnte oder seine Verwandten?
Mein Finger wollte sich schon auf den grauen Knopf der Klingel legen, als
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