Die Vampir-Polizei
mehr gewußt. Nicht umsonst war er zu diesem Haus gefahren.
Auch ein dunkelhäutiges Gesicht kann blaß werden. Nur anders als bei einem Weißen. Da sieht die Haut dann grau aus, als hätte man sie mit Asche eingerieben.
Ich nickte ihm zu. »Geht es dir wieder besser?« fragte ich ihn.
»Leidlich.«
»Und du kannst auch Fragen beantworten?«
»Ich versuche es.«
»Okay, Chet, alles klar. Du bist nicht ohne Grund hierhergekommen. Wußtest du Bescheid?«
Er schluckte, bewegte seine Hände und wischte das Blut an der Uniformhose ab. »Ich… ich ahnte etwas.«
»Daß deine Mutter und deine Schwester zu Blutsaugern geworden waren?«
»Ja, so ähnlich.«
»Was war der Grund?«
»Meine Schwester hieß Rose. Sie… sie war mit einem Kollegen von mir befreundet. Er hat sich sehr um sie gekümmert. Sie waren oft zusammen, dann verschwand der Kollege plötzlich für einige Tage. Als er zurückkam, wollte er nur noch Nachtschicht machen. Ich hörte zufällig, daß es Vampire geben sollte. Man hatte den Fall der beiden toten Kollegen zwar geheimhalten wollen, so ganz war es nicht gelungen. Mein Freund benahm sich auch so komisch. Ich habe auch mit Rose darüber gesprochen. Sie war der gleichen Meinung. Ich riet ihr, Schluß zu machen. Das hatte sie auch an diesem Abend gewollt. Er hatte sich mit ihr in der Wohnung verabredet. Und er ist dagewesen. Wir kamen zu spät.« Chet begann zu weinen. Dabei schüttelte es ihn. »Es… es ist allein meine Schuld. Ich hätte früher hinfahren sollen, nein, wir…«
»Du hast mir nichts gesagt!«
Er lachte bitter. »Was hätte ich dir, einem Fremden, denn alles erklären sollen?«
»Sorry, wahrscheinlich hätte ich an deiner Stelle nicht anders gehandelt.« Ich legte meine Stirn in Falten. »Wir müssen nun davon ausgehen, daß es die Blutsauger tatsächlich gibt. Leider wissen wir nicht, in welcher Zahl sie herumlaufen?«
Ich hatte ihn fragend angesehen, und Chet nickte. »Das kann ich dir auch nicht sagen.«
»Und auch wohl nicht, was sie für Pläne verfolgen?«
»Nein.«
»Jedenfalls werden sie Blut brauchen. Jeder New Yorker kann zu einem Vampiropfer werden.«
»Ich weiß.«
Allmählich bekam ich auch das Hosenflattern. Die Vorstellung, New York von Vampiren überschwemmt zu wissen, zerrte an meinen Nerven. Wenn sie hineinstachen in die Ghettos und die Slums oder am Times Square auf ahnungslose Opfer lauerten, zubissen und dann verschwanden, um sich einem nächsten Opfer zuzuwenden, das alles trieb mir den kalten Angstschweiß auf die Haut.
»Du denkst ähnlich wie ich?« fragte Chet.
Ich nickte. »Was können wir tun?«
»Verdammt wenig, mein Junge, verdammt wenig. Es müßte uns gelingen, sie schon jetzt zu stoppen, aber wo halten sie sich auf? Wer zählt alles zu ihnen? Sind es drei, vier oder zehn Cops, die sich zu einer Vampir-Polizei formiert haben?«
»Da fragst du mich zuviel.«
Ich hatte, bevor ich auf dem Revier meinen Dienst antrat, von Captain Hamilton eine Telefonnummer bekommen, unter der ich ihn Tag und Nacht erreichen konnte. Hamilton saß gewissermaßen Gewehr bei Fuß und wartete auf meinen Anruf.
Jetzt war es soweit.
Ich fand das Telefon neben der Glotze. Es besaß noch eine altmodische Wählscheibe und eine Gabel.
Es dauerte etwas, bis ich die achtstellige Nummer gewählt hatte, aber Hamilton schien tatsächlich neben dem Apparat gelauert zu haben, denn er hob sofort ab.
»Sinclair!«
»Ah, John…« Er sprach sehr laut, ich mußte den Hörer ein wenig vom Ohr halten. »Es ist soweit, Captain!«
»Reden Sie!«
Ich berichtete ihm von unseren Erlebnissen. Erhörte schweigend zu. Als ich mit meiner Erzählung fertig war, vernahm ich das Stöhnen des Polizeioffiziers.
»Das kann doch nicht wahr sein.«
»Doch, Captain. Wir müssen damit rechnen, daß sich zahlreiche Vampire in New York herumtreiben.«
»Nur als Polizisten?«
»Wahrscheinlich.«
»Aber sicher sind Sie nicht?«
»Nein, Captain. Sie kennen sich doch ebenfalls aus. Vampire brauchen Blut. Sie haben es beim Vampir hier in Manhattan erlebt, der vor Jahren herumgeisterte. Sie wollen den Lebenssaft, nur so können sie auch überleben.«
»Ja, das sehe ich ein.« Hamilton sprach sehr langsam. Er überlegte wahrscheinlich, was er tun konnte. »Kennen Sie Namen, John?«
»Nein.«
»Jedes Revier hat Listen. Sie sollten zum Turm fahren und sich diese dort geben lassen. Zingara kennt sich aus, Pick ebenfalls. Die beiden müssen Sie unterstützen. Wir können erst eingreifen,
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