Die Vampir-Polizei
sie ein Zucken, und dieser zweite Vorgang innerhalb kürzester Zeit glich einem Kraftstrom, der durch den Toten schoß.
Er konnte sich bewegen — und aufrichten.
Sehr langsam drückte er sich in die Höhe. Der Mund stand dabei ebenso offen, wie seine Augen. Roboterartig schob er sich weiter vor, bis er wieder seine normale Sitzposition eingenommen hatte. Nur fiel er diesmal nicht mehr mit dem Kopf auf die Schreibtischplatte, er blieb so sitzen, wie es früher der lebende Lieutenant Ralston getan hatte. Jetzt hockte dort ein Zombie, der einen geladenen Revolver mit der rechten Hand festhielt.
Ralston rührte sich nicht. Mit seinen leeren grauen Augen starrte er die Tür an, als gäbe es dort etwas Besonderes zu sehen. Manchmal bewegte er auch den Mund, an dessen Oberlippe einer der beiden Blutstreifen sein Ende gefunden hatte. Eine halbe Minute verging.
Zwischendurch drückte sich die lebende Leiche mal nach vorn, kippte wieder zurück und wurde von der Stuhllehne gehalten. Die linke, freie, bleiche Hand drehte Ralston herum und stützte sie auf die Schreibtischplatte. So stemmte er sich hoch. Dabei schob er den Stuhl nach hinten, der das Übergewicht bekam und zu Boden polterte. Niemand hörte das Geräusch.
Der Zombie aber stand.
Die Tür behielt er im Auge. Aus der tiefen Wunde am zerstörten rechten Ohr sickerte eine dünne Flüssigkeit allmählich in den Kragen der Uniformjacke. Das machte ihm nichts. Als Zombie konnte er nicht denken und auch nicht fühlen.
Da war er wie eine Maschine.
Und so ging er auch, als er sich am Schreibtisch vorbeischob. Die ersten Schritte bereiteten ihm große Mühe. Er mußte sich stets fangen, weil er mit dem Gleichgewicht große Schwierigkeiten bekam. Manchmal diente ihm auch der Schreibtisch als Stütze. Zuletzt nahm er sogar die Kante, um sich den nötigen Halt zu geben.
Danach stand er frei im Raum. Eine Gestalt des Schreckens, mit toten Augen, trotzdem lebend, denn er setzte seinen rechten Fuß vor und ging auf die Tür zu.
Die anderen sollten ihn auch sehen.
Schlurfend und schwankend näherte er sich dem ersten Ziel. Die Schritte und Gehbewegungen wirkten wie die eines Kleinkindes, einmal stolperte er über seine eigenen Beine und klatschte voll aufsein Gesicht. Er spürte es nicht einmal. Mit abgehackt wirkenden Bewegungen zog er die Arme an, und es gelang ihm, wieder auf die Beine zu kommen, damit er seinen Weg fortsetzen konnte.
Drei Schritte waren es nur mehr, bis er die Tür erreichte und gegen sie fiel. Seine linke Hand rutschte am Holz entlang nach unten. Die Finger klatschten auf die Klinke.
Man hatte die Tür nicht verschlossen. Niemand wäre auf die Idee gekommen, daß eine Leiche in der Lage war, das Zimmer zu verlassen. Doch wo eine mächtige Schwarze Magie vorhanden war, da wurden die Gesetze von Leben und Sterben manchmal auf den Kopf gestellt. Hinter ihm war es zu sehen. Genau dort, wo er gesessen hatte, bildete sich eine grüne geisterhafte Spirale, die sich sehr schnell drehte und aus dem Boden gestiegen war, ohne daß sie eine Lücke hinterlassen hätte. Mazara kam…
Und der Zombie ging. Mit seinem Gewicht drückte er die Tür nach außen. Sie preßte sich in den Gang, der Zombie ließ sie los, er ging mit einer unsicheren Bewegung über die Schwelle, hörte die schwachen Stimmen aus dem Revierraum und drehte sich nach links. Genau in diese Richtung mußte er.
Als wäre durch den Gang ein Windstoß gefahren, so schwankte der Zombie plötzlich, fiel gegen die rechte Gangwand, schleifte daran entlang, setzte seinen Weg fort, und keiner der noch versammelten Polizisten kam in diesen Teil des Turms.
Ralston hatte freie Bahn.
Er kannte sich aus. Obwohl er kein Gedächtnis mehr besaß, gab es bei ihm so etwas wie einen Instinkt. Und der führte ihn dorthin, wo sich die Menschen aufhielten.
Als Zombie mußte und wollte er töten. Opfer genug gab es!
Der Gang teilte sich. In der anderen Richtung ging es zu den Zellen, wo niemand mehr saß. Rechts führte der Weg in den eigentlichen Revierraum. Den schlug Ralston ein.
Die Tür war geschlossen.
Er öffnete sie fast so glatt wie ein Lebender, stand auf der Schwelle, schwankte ein wenig, schaute in den Revierraum hinein, sah die Polzisten und hob seine rechte Hand mit dem Revolver. Auf ihn hatte bisher niemand geachtet.
Bis Sergeant Pick den Kopf drehte. Er hatte sich wieder auf seinen Stammplatz setzen wollen, um noch einmal ein Telefongespräch zu versuchen. Sein Blick war dabei auch durch das
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