Die Vampire
Bei sich führte sie zwei kleine Mädchen, an Leinen wie Hunde. Sie dufteten nach warmem Blut.
»Gnädiger Herr«, sagte die Frau mit ausgestreckter Hand, »möchten Sie wohl …«
Godalming fand es widerwärtig, dass jemand so weit sinken konnte, das Blut seiner eigenen Kinder feilzubieten. Er hatte die Frau früher schon dabei beobachtet, wie sie unerfahrenen Neugeborenen die Münzen aus dem Beutel schnorrte, indem sie ihnen die verschorften Kehlen ihrer stinkenden Lumpenbälger bot. Unvorstellbar, dass ein Vampir, der älter war als eine Woche, an ihrem dünnen Blut Gefallen finden könnte.
»Scher dich weg, sonst rufe ich die Polizei.«
Krummbucklig schlich die Frau davon und zog ihre Kinder mit sich. Wie sie fortgezerrt wurden, wandten sich die beiden Mädchen nach ihm um und starrten ihn mit Tränen in den großen, hohlen Augen an. Ob die Frau sich frische Kinder suchen würde, wenn diese verbraucht waren? Einen Augenblick lang glaubte er, eines der Mädchen sei womöglich neu, und erwog die Möglichkeit, dass es sich bei dieser Frau nicht um ihre Mutter, sondern um eine neue, grauenvolle Sorte von Kupplerinnen handelte. Er musste sich einmal mit Ruthven über dieses Thema unterhalten. Der Premierminister war sehr beunruhigt, was die Ausbeutung von Kindern betraf.
Der Diener, den er vom Ring, dem Landsitz der Holmwoods, mitgebracht hatte, öffnete die Tür und nahm ihm Hut und Mantel ab.
»Eine Dame wartet im Salon auf Sie, Mylord«, meldete ihm der Lakai. »Eine Miss Churchward.«
»Penny? Was, um alles in der Welt, könnte sie von mir wollen?«
»Das hat sie nicht gesagt, Mylord.«
»Sehr schön. Vielen Dank. Ich werde mich ihrer annehmen.«
Er ließ den Mann in der Halle zurück und trat in den Salon. Penelope Churchward hockte artig in einem hohen Lehnsessel. Sie hatte zum Obst gegriffen - ein verstaubter alter Apfel, denn Speisen hielt er nur für seine seltenen warmblütigen Gäste bereit - und schälte es mit einem kleinen Messer.
»Penny«, rief er aus, »was für eine freudige Überraschung!«
Beim Sprechen hatte er sich mit einem scharfen Zahn versehentlich die Lippe geritzt. Wenn der rote Durst ihn überkam, musste er auf seine Worte achten. Sie legte Apfel und Messer beiseite und schickte sich an, ihn zu begrüßen.
»Arthur«, sagte sie, indem sie aufstand und den Arm ausstreckte.
Sanft küsste er ihr die Hand. Sofort erkannte er, dass sie heute Abend anders war als sonst. Etwas in ihrer Haltung ihm gegenüber trieb seit geraumer Zeit schon Knospen; nun stand es in voller Blüte. Seine Beute war zu ihm gekommen.
»Arthur, ich wünsche …«
Ihre Stimme verlor sich, ihr Wunsch jedoch war unmissverständlich. Ihr Kragen stand offen, ihre Kehle war entblößt. Er erblickte eine blaue Ader unter ihrer weißen Haut und glaubte, sie pochen zu sehen. Eine lose Haarsträhne fiel auf ihren Hals herab.
Mit wohlüberlegter Entschlossenheit gestattete sie ihm, sie zu
umarmen. Sie neigte den Kopf zur Seite, und er küsste ihren Hals. Gewöhnlich stöhnte seine Beute auf, wenn er beim ersten Biss mit den Zähnen sachte ihre Haut durchbohrte. Penelope war willig und entspannt, gab aber keinen Laut von sich. Als ihr Blut in seinen Mund quoll, riss er sie an sich. In diesem Moment der Vereinigung schmeckte er nicht nur ihr Blut, sondern auch ihren Geist. Er verstand ihren maßvollen Zorn und spürte, wie ihre Gedanken in geordnete Bahnen zurückfanden.
Er schluckte gierig, entnahm ihr mehr als nötig. Es war nicht leicht, von der Quelle zu lassen. Wen wunderte es, dass so viele Neugeborene ihre erste Liebe töteten. Penelopes Blut war vom Feinsten. Ungetrübt und rein floss es seine Kehle hinab wie honigsüßer Likör.
Sie legte ihre Hand auf seine Wange und stieß ihn von sich. Der Fluss versiegte, und er sog eisige Luft durch die Zähne. Nun gab es kein Halten mehr. Er hob sie von den Füßen und warf sie auf das Kanapee. Knurrend drückte er sie nieder und zerrte an ihrem Kragen. Ihr Hemd zerriss. Er murmelte eine Entschuldigung und stürzte sich auf sie. Mit den Lippen bekam er eine Falte an ihrem Brustansatz zu fassen. Ihr Blut machte ihn erbeben. Seine Zähne tauchten in den Biss an ihrem Hals, und Blut sickerte daraus hervor, als er an der Wunde nagte. Sie leistete nicht den geringsten Widerstand. Blut sprudelte in seinen Mund, und vor seinen Augen ereigneten sich violette Sonnenexplosionen. Es gab keine vergleichbare warmblütige Empfindung. Es war mehr als bloße Nahrung, mehr als ein
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