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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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sich aus der Schussbahn. Stachel versuchte auszuweichen, doch eine der letzten Kugeln streifte seine Flügelspitze. Rasend vor Zorn, stürzte er sich auf den Briten. In seinem Schmerz schoss er übers Ziel hinaus, verschwand in den Wolken, fiel mehrere Hundert Fuß.

    Nun waren Stalhein und Bigglesworth allein. Seelenruhig umkreiste er die Snipe und warf einen Blick ins Cockpit. Der Kopf des Piloten schnellte herum, und das kraftspendende Mondlicht spiegelte sich in seiner Brille. Bevor er ihm den Garaus machte, wollte Stalhein seinem tapferen Widersacher Anerkennung zollen. Dies war ein lohnenswerter Sieg.
    Die anderen Flieger hatten eine vage Formation gebildet und würden jeden Moment bei ihm sein. Er hatte keine Zeit, den Kampf gebührend zu genießen. Er nahm den Heckflügel der Snipe zwischen die Kiefer und schlug die Zähne in Holz und Stoff. Dann warf er den Kopf in den Nacken und riss dem Kampfflugzeug das hintere Ende ab. Er spuckte das trockene Zeug aus und bahnte sich, nach englischem Vampirblut dürstend, mit spitzen Klauen einen Weg zum Cockpit. Mit diesem Sieg würde er sich die Tapferkeit seines Rivalen zu eigen machen. Mit jedem Sieg gewann er neue Kraft. Dies war die Macht, die Faustina ihm durch Draculas geweihtes Blut verliehen hatte.
    Mit erstaunlicher Gelassenheit wandte Bigglesworth sich um und richtete eine Faustfeuerwaffe mit großem Lauf auf ihn, eine Signalpistole. Stalhein lachte. Bigglesworth grinste. Die anderen Flieger waren überall. Bigglesworth schoss Stalhein in den Mund. Feuer explodierte auf seiner Zunge, und Flammen loderten um seine Schnauze, versengten ihm das borstige Gesichtsfell und verbrannten ihm die Augen. Der Gestank war schlimmer als der Schmerz. Er spie die brennende Patrone aus, doch die zerfetzte Snipe war ihm entglitten. Sein Körper lechzte nach Blut. Sein Mund brannte noch immer, und vor Begierde schlug sein Herz wie eine Kriegstrommel. Er hatte den Sieg errungen, und nun musste er sich nähren. Mehr noch als den Triumph, mehr noch als einen Orden, mehr noch als den Kampf brauchte er Blut!
    Die Snipe geriet ins Trudeln und sank wie ein Bleigewicht. Sie hatte ihre Flügel verloren. Der Pilot wurde aus dem Cockpit geschleudert
und stürzte in freiem Fall zur Erde. Bei einem Sturz aus dieser Höhe würde er in tausend Stücke gerissen und sein süßes Blut über einen Quadratkilometer verteilt.
    Nur noch von einem Gedanken besessen, ging Stalhein in den Sturzflug und stach mit scharfen Krallen in die Tiefe. Um den Widerstand zu verringern, legte er die unteren Flügel an und durchschnitt die Luft wie eine Lanze. Der Flugwind pfiff um seine Schwingen. Vor seinen Augen tanzten Explosionen, während er sich auf den fallenden Piloten konzentrierte. Es hatte keinen Zweck. Bigglesworth war ihm entwischt.
    Wenn er nicht rasch etwas unternahm, würde er sich mit dem Kopf voran in den gefrorenen Boden bohren und, wie sein Opfer, in Stücke gerissen. Er bemühte sich nach Kräften, die Herrschaft über die Luft wiederzugewinnen. Schließlich bremste er seinen Sturz, indem er die Flügel spreizte wie Segel. Es war, als würden ihm die Arme ausgekugelt. Sein Schwanz peitschte gegen seinen Bauch, während er in die Waagerechte zu finden versuchte. Endlich gelang es ihm, den Sinkflug zu beenden. Er ließ sich mit dem Luftstrom aufwärts treiben und suchte die schwarze Landschaft nach Lichtpunkten ab. Da er sich diesseits der Linien befand, war kein Feuerschein zu sehen. Er spitzte die Ohren, hörte jedoch keinen Aufprall. Sein Rivale lag irgendwo dort unten, mit zerbrochenen Knochen. Die Schlacht war vorbei, und Erich von Stalhein war enttäuscht. Er begann grollend zu knurren.

20
Wanderer zwischen beiden Welten
    D er Knüppel glitt ihm aus der Hand. Ein Windstoß schüttelte ihn durch. Das gesamte Vorderteil der RE8 war abgerissen, weggebrochen. Ihm blieben nur noch wenige Sekunden. Der glühend heiße Motor war keine drei Fuß mehr entfernt. Wenn sich die Verkleidung löste, würde er ins Cockpit krachen und sein weiches Fleisch durchschlagen wie ein riesiges Geschoss.
    Die Wucht des Aufpralls schleuderte Winthrop erst in seinen Sitz und dann Hals über Kopf in die Dunkelheit hinaus. Gefrorene Erdklumpen peitschten seine Brust und sein Gesicht. Er krallte reflexartig die Finger in den Boden wie in Eiderdaunen.
    Das Tosen des Windes und das Knirschen der entzweigehenden Maschine gellten ihm noch immer in den Ohren. Irgendetwas fiel ihm auf den Rücken und presste ihn noch tiefer

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