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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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explodierte. Er sah, wie der siegreiche Udet auf dem Schwall heißer Luft nach oben segelte, auf samtenen Schwingen sanft dahinglitt. Stalhein hörte den erstickten Schrei eines britischen Piloten. Udet war mit Stalhein gleichgezogen.
    Als die Beobachter gemeldet hatten, in Maranique sei ein Schwarm Flugzeuge gestartet und halte Kurs auf Malinbois, hatte Stalhein angenommen, Karnstein werde wieder eine ruhige Nacht anordnen. Das JG1 hatte den Kampf bislang gemieden, weil es noch nicht an der Zeit war, die Karten auf den Tisch zu legen. Kretschmar-Schuldorff, ein berufsmäßiger Geheimniskrämer, warnte in einem fort vor verfrühter Entfaltung zum Gefecht. Die Männer unter dem Kommando des Barons wären mit Freuden in die Schlacht gezogen, doch sie kannten ihre Pflicht. Wenn die Zeit gekommen war, würden sie dem Kaiser dienen, wie es sich für sie geziemte.
    Die brennende Snipe verglomm noch in der Luft zu Asche. Udet vollführte eine Siegesrolle und wich mühelos einer Feuersalve aus. Noch zogen mehrere Briten ihre Kreise. Das JG1 spielte mit ihnen.
    Nach reiflicher Überlegung war Karnstein zu dem Schluss gelangt, dass es nunmehr an der Zeit sei, die kriegerischen Fledermäuse aus dem Sack zu lassen. Er befahl Baron von Richthofen, mit acht Fliegern aufzusteigen und die Streife zu vernichten.
    »Lasst uns den Feind das Fürchten lehren«, hatte der Vampirälteste erklärt.
    Richthofen hatte den Befehl gelassen aufgenommen, Stalhein und die anderen hingegen waren vor Begeisterung ganz aus dem Häuschen. Noch ehe er wusste, ob er zu den Auserwählten gehören würde, begann Stalhein die Gestalt zu wandeln und schwoll
und dehnte sich in seinem Waffenrock, bis die Messingknöpfe absprangen.
    »Nehmt euren Mann ins Visier«, instruierte Richthofen die Flieger, »und tötet ihn.«
    Aus luftiger Höhe beobachtete Stalhein, wie das JG1 seinen Befehl ausführte. Richthofen hatte seinen Bruder auf das Flugzeug an der Spitze des Verbandes angesetzt und sich den Aufklärer reserviert. Ein Außenstehender hätte dies für Feigheit halten können, doch Stalhein verstand Richthofens Entscheidung. Für sich genommen, war die RE8 leichte Beute, zugleich jedoch war sie das wichtigste Ziel. Die Snipes hatten die Aufgabe, den Aufklärer zu decken, und das würden sie auch tun. Indem er die RE8 angriff, bot Richthofen sich auf dem Präsentierteller dar. Er musste darauf vertrauen, dass seine Männer ihre Aufgabe erfüllten und ihm den Rücken freihielten.
    Lothar von Richthofen schnappte sich seine Snipe, ohne zu schießen, sondern näherte sich dem Geschwaderkommandeur von hinten, riss ihm den oberen Flügel ab und wirbelte das Flugzeug durch die Luft. Wild um sich feuernd, trudelte die Snipe dem Erdboden entgegen. Lothar folgte dem abstürzenden Briten und zerrte den Piloten aus dem Cockpit. Stalhein hörte einen Schrei, als Lothars Kiefer den Schädel des Geschwaderkommandeurs zermalmten.
    Der zur Untätigkeit verdammte Stachel heulte verzweifelt auf. Seildicke Speichelfäden wehten aus seinem Haifischmaul. Seine irren Augen leuchteten wie flammende Sterne. Stalhein wusste, dass sein Kamerad sich nicht würde beherrschen können. Er dachte einzig und allein an Bruno Stachel, nie an das JG1, den Kaiser oder die Ehre seines Vaterlandes.
    Groß und träge wie ein fliegender Pfannkuchen plumpste Emmelman auf seine Snipe. Er rammte seine Hauer in das Flugzeug und zerfetzte mit Zähnen und Klauen Leinwand und Metall. Für
ihn war die Maschine die harte Schale einer Nuss und der Pilot ihr zarter, weicher Kern. Er pflegte unbewaffnet aufzusteigen. Sein riesiger, massiver Leib war nahezu unverwundbar und schwitzte verbrauchte Kugeln aus wie Blut und Wasser.
    Das Gefecht würde vorbei sein, noch bevor Stalhein eingreifen konnte. Er war enttäuscht, doch seine Pflicht verlangte es, mit derlei Enttäuschungen zu leben. Dies war ein Gemeinschaftssieg.
    Manfred von Richthofen machte die zweisitzige RE8 auf elegante Art und Weise kampfunfähig, indem er den Piloten aus dem Cockpit riss und den Beobachter seinem tödlichen Schicksal überließ. Es war eine nahezu künstlerische Geste und ein sicherer Beweis dafür, dass sich auch im eisigen Gemüt des roten Kampffliegers ästhetische Impulse regten. Träge über dem verlorenen Aufklärer schwebend, blickte Richthofen auf den entsetzten Beobachter hinab. Der Arme kam vor Angst fast um.
    Schleichs Snipe war dem Baron dicht auf den Fersen und versuchte ihn mit einem Kugelhagel einzudecken. Wer auch

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