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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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die Augen auf und ließ sich den Flugwind ins Gesicht wehen. Gierig sog er die eisige, rauchschwangere Luft in seine Lungen und atmete den Brandgeruch des Krieges. Seinen Nachtaugen entging nichts. Ball und Kate flüsterten mit leiser Stimme auf ihn ein, trieben ihn in die Arena.
    Die Attila war riesig. Ihr Eindringen in den französischen Luftraum war eine Beleidigung, doch Winthrop machte sich nichts aus dem Zeppelin oder seinem Passagier. Sein Interesse galt einzig und allein der Kreatur, die dem Luftkriegsschiff voranflog, dem Roten Baron. Heute Nacht würden sie Richthofen zur Strecke bringen.
     
    Die Schlacht zog rasch unter der Sichtluke vorbei. Stalhein sah punktgroße Mündungsblitze, als MGs das Feuer auf die Attila eröffneten. Die Erde rückte immer näher, so dass man einzelne
Scharmützel erkennen konnte. Ein Panzer walzte über ein Bauernhaus, einen Haufen zerschossener Ziegel, hinweg. Infanteristen krochen auf eine Geschützstellung zu, Stielhandgranaten explodierten in der Nähe des Ziels.
    Dracula stand mit hinter dem Rücken gefalteten Händen im Bug der Führergondel und betrachtete das Schauspiel. Er verzog keine Miene, als die Camel-Staffel ausschwärmte und den gesamten Himmelshorizont mit Punkten spickte.
    Der Kapitän redete auf Robur ein, der sich auf seine Steuerknüppel stützte und unwirsch den Kopf schüttelte. Die beiden Luftschiffer waren geteilter Meinung. Zögernd und beklommen erteilte Strasser seiner Mannschaft weitere Befehle.
    Stalheins kraftstrotzende Unterarme platzten aus den Nähten seiner engen Ärmel.
    Die erste Camel feuerte. Winzige Blitze zuckten rings um die Propeller. Sie waren zwar noch außer Schussweite, doch die Briten zogen es vor, sich bemerkbar zu machen, ehe sie zum Angriff übergingen. Stalhein respektierte das, obwohl er es für töricht hielt.
    Die Flieger links und rechts des Zeppelins rückten zu Richthofen auf.
    Plötzlich war ein lautes Krachen zu hören. Die Luftschiffer wirbelten herum. Stalheins Waffenrock war im Rücken geplatzt. Er schüttelte die Fetzen ab und atmete tief durch. Seine Flügel fingen an zu wachsen, Hautfalten sprossen aus seinen Achselhöhlen und wucherten an den Unterseiten seiner Arme entlang.
    Die Attila hatte die deutschen Truppen hinter sich gelassen. Die Straßen wimmelten von britischen und amerikanischen Soldaten auf dem Rückzug.
    Strasser besprach sich rasch mit Reitberg, dem ersten Bordschützen. Wichtige Stellungen sollten vernichtet werden. Derlei Aktionen würden den Rückzug der Entente im Handumdrehen
in eine Flucht verwandeln. Reitberg wankte, unverständliches Zeug vor sich hin murmelnd, über einen Laufgang zum Bombenschacht.
    Eine Camel, die ihrer Staffel gleichsam als Sturmkolonne vorausflog, führte einen ersten Schlag gegen den Zeppelin. Zwei Flieger nahmen sie von oben und unten in die Zange und feuerten, was ihre Spandaus hergaben. Der Motor des Flugzeugs zerbarst in einem Feuerball, der Stalhein die Augen versengte. Die Flieger wichen flügelschlagend vor der Explosion zurück, und die brennende Maschine trudelte dem Erdboden entgegen.
    Strassers Männer brachen in laute Beifallsrufe aus, doch Roburs finsterer Blick brachte sie schlagartig zum Schweigen. Für einen Luftschiffer ziemte es sich nicht, die Taten ordinärer Flugzeugkutscher zu bejubeln. Strasser ging noch einmal zu Robur und packte ihn am Ärmel.
    »Wir fliegen zu tief«, beharrte der Kapitän, »zu nah am Boden.«
    Der Ingenieur schüttelte Strasser ab, doch seine Zweifel blieben. Robur, ebenfalls ein Zeppelin-Fanatiker, wusste um die Grenzen seiner Konstruktion.
    Dracula wandte sich halb zu ihm um und machte ihm ein Zeichen. Noch tiefer. Strasser wollte widersprechen, doch einen Befehl des Grafen infrage zu stellen war undenkbar. Zu keinem klaren Gedanken fähig, trat er zurück, und Robur riss das Kommando an sich und erteilte die entsprechenden Befehle. Die Steuerleute nahmen Haltung an, zogen Hebel und Drähte, die einen Teil des Traggases entweichen ließen, so dass die Attila weiter an Höhe verlor. Strasser rang verzweifelt die Hände.
    Stalhein ging um die Sichtluke herum. Obgleich er kaum größer war als in seiner menschlichen Gestalt, hatte er sich in ein fliegendes Ungeheuer verwandelt, halb Mensch, halb Fledermaus. Um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, spreizte er die Schwingen.

    Er trat neben Dracula und beobachtete, wie seine Kameraden die Camels in einen Hahnenkampf verwickelten. Eine Maschine nach der anderen explodierte,

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