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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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Schuss traf Kate, doch es war nur ein Bleigeschoss. Die Kugel durchschlug ihre Wade. Die Wunde verheilte in Sekundenschnelle. Der Knall gellte ihr noch in den Ohren, als der Schmerz längst abgeklungen war.
    Ein zweiter Tank spie einen brennenden Benzinstrahl nach den Alliierten und ließ Feuer zu Boden regnen. Die Männer ringsumher räumten das Feld, fielen zurück, fielen.
    Der Älteste trieb auf den zweiten Panzer zu. Da er seine Gestalt völlig in der Gewalt zu haben schien, musste er uralt sein. Älter
als Dracula oder Geneviève. Älter als das Mittelalter. Womöglich sogar älter als das Christentum. Wie es ihm wohl gelungen war, so lange unentdeckt zu bleiben? Er musste zahllose Namen haben.
    Der Flammenwerfer richtete sich auf und spie von neuem helles Feuer. Der Strahl traf den Ältesten mitten in die Brust. Er brannte wie ein Schmetterling. Jahrhunderte auf ewig unbekannten Lebens wurden in einer achtlosen Sekunde ausgelöscht, von einer grausamen Errungenschaft der modernen Welt in funkensprühende Fetzen gerissen.
    Jemand packte ihren Arm und rettete ihr jämmerliches Leben, indem er sie mit sich zerrte, einer von unzähligen Männern, die der Front den Rücken kehrten.
    »Nimm die Beine in die Hand, Kamerad«, riet jemand.

42
Die Nacht der Generäle
    I m Hauptquartier in Amiens schrien alle durcheinander. Zwei Dutzend Telefone waren besetzt, und die Stabsoffiziere beeilten sich, wichtige Neuigkeiten von den Stellungen entlang der Front weiterzugeben. Mit Rateaus bewaffnete Lieutenants schoben Modelle über einen Kartentisch von der Größe eines Tennisplatzes. Unablässiges Bombardement ließ die massiven Mauern erzittern. Die halbe Stadt stand in Flammen. In den Außenbezirken fielen in einem fort Granaten. Die Bereitschaftsstellungen entlang der Ausfallstraßen wurden in Windeseile besetzt. Dies war die große Offensive, auf die alle gewartet hatten.
    Erschöpft von einer weiteren stürmischen Fahrt über den Kanal und betrübt über Mycrofts Begräbnis, wurde Beauregard von
kopflosen Strategen in eine Ecke abgeschoben. Es war reiner Zufall, dass er sich so nah am Geschehen befand. Man hatte ihn ins Hauptquartier bestellt, um Mr. Caleb Croft eine Liste der Agenten des Diogenes-Clubs zu überreichen, die hinter den feindlichen Linien operierten. Es war seine wahrscheinlich letzte Amtshandlung in diesem Krieg. Danach durfte er in sein Haus im Cheyne Walk zurückkehren und seine Memoiren schreiben.
    Croft wurde direkt aus Maranique erwartet. Das Geschwader Condor war am Himmel, ein rot bemalter Holzpfeil auf dem Kartentisch. Ein Rateau schob den Pfeil in Richtung des schwarzen Ovals, das die Attila darstellte. Die Klötzchen, die die alliierten Truppen symbolisierten, bildeten ein wirres Durcheinander, das vermutlich ihre tatsächliche Postierung widerspiegelte. Die Mittelmächte hatten so viele Männer in die Attacke geworfen, dass dem Hauptquartier die dafür vorgesehenen schwarzen Klötzchen ausgegangen waren. Um den Mangel auszugleichen, malte ein subalterner Offizier mit schwarzer Stiefelwichse Malteserkreuze auf Papierstreifen.
    Beauregard rieb sich die müden Augen. Der Pulverdampf von hundert Zigaretten hing in dichten Schwaden über der Karte. Die Luft im Kommandoraum war zum Schneiden.
    Field Marshal Sir Douglas Haig telefonierte mit Lord Ruthven und presste sich den Hörer an die Brust, während er einem Kurier Befehle zubellte, der sie einem Telefonisten übermittelte, welcher den Offizieren im Felde Bescheid gab, die ihren Leuten sagten, was sie tun sollten. Haig hatte einen vagen Plan. Er ließ sich von dem Vorstoß nicht entmutigen. Seine roten Augen leuchteten wie Glühbirnen. Seine nadelspitzen, scharf gezackten Zähne ritzten seine Unterlippe und besudelten sein Kinn mit seinem Blut. Schäumend vor Begeisterung erteilte er Befehle.
    Winston Churchill, der aus London entsandt worden war, um dem Blutvergießen beizuwohnen, stürzte sich in Hemdsärmeln,
mit gelöstem Kragen und in den Nacken geschobenem Zylinder in den Trubel. Einen brennenden Zigarrenstummel im Mundwinkel, brüllte er Zahlen und Fakten durch den Raum. Er musste sich vor kurzem erst genährt haben, denn er war aufgebläht wie ein Ballon, seine Finger glänzten wie rote Würste, und die Adern an seinen Schläfen pochten wild.
    General Jack »Blackjack« Pershing, der Kommandeur des amerikanischen Expeditionskorps, konnte es kaum erwarten, endlich mitspielen zu dürfen. Er stand mit einer Anzahl amerikanischer

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