Die Vampire
die Augen. In ihrem Kopf tanzten Blitze.
Ein kleines Orchester fing an zu spielen. Unpassenderweise brachte es als Willkommensständchen »Arrivederci Roma«.
Rufe kamen aus der Dunkelheit hinter den knallenden Lichtern. »La bella Malenka … Signorina … die Hüfte raus, Süße … bene, bene … Was für eine Wuchtbrumme!«
Kernassy half Kate zurück in den Fluggastraum. Sie nahm ihre Brille ab und rieb sich die brennenden Augen. Kodak bewarb gerade einen neuen Film zum Fotografieren von Vampiren. Die Blitzbirnchen, die dafür benötigt wurden, waren die reinsten Atombombenexplosionen.
»Wo Malenka hingeht, sind Paparazzi«, erklärte der Graf.
In mehreren Sprachen wurden Fragen gerufen.
»Kommen Sie der Liebe wegen nach Rom?« - »Was tragen Sie beim Schlafen?« - »Hat bei Ihrer Figur ein Chirurg nachgeholfen?« - »Was halten Sie von der Verlobung?« - »Schmeckt Ihnen das Blut von italienischen Männern besser?«
Malenka gab keine Antworten, sondern stellte die Blitzlichter mit ihrem Lächeln in den Schatten. Sie drehte ihren Körper, um ihre Silhouette zu betonen. Sie beugte sich vor und gab Luftküsse, was ein wahres Wolfsheulen auslöste. Wieder kam eine volle Breitseite von den Kameras.
Kate war bei Presseterminen am Londoner Flughafen gewesen. Die hatten mit dem hier nicht viel zu tun. »Werden Sie sich ein Kricketspiel ansehen, Mr. Sinatra?« - »Wie gefällt Ihnen das englische Wetter, Miss Desmond?« - »Würde es Ihnen furchtbar viel ausmachen, kurz für ein paar Schnappschüsse für unsere Leser zu posieren, Mrs. Roosevelt?«
Die Gänge füllten sich mit gepäcktragenden Passagieren, die gern aus dem Flugzeug wollten. Die Stewardess erklärte, dass sie sich noch gedulden müssten. La bella Berühmtheit ging vor.
Malenka stieg die Stufen hinab, als beträte sie einen Botschaftsball, und schwenkte die üppigen Hüften. Fotografen lagen auf dem Rollfeld, um sie von unten aufzunehmen, zappelten herum wie auf den Rücken gefallene Käfer. Kate wartete, bis Malenka aus dem Weg war und mit ihrem Pressepulk seitwärts verschwand, bevor sie erneut einen Versuch machte, das Flugzeug zu verlassen.
Das Orchester beendete seinen Willkommensabschiedsgruß an Rom und packte die Instrumente ein.
»Wir werden von einer Frau aus dem Hause Dracula abgeholt«, erklärte der Graf. »Sie arrangiert die Fahrt in die Stadt. Möchten Sie uns begleiten?«
»Das ist sehr freundlich, Graf …«
»Ich bestehe darauf. Sie haben Hotelzimmer?«
»Eine Pension, Graf. In Trastevere. Piazza Maria 24.«
»Sie werden wohlbehalten dort ankommen, Miss Reed. Ich gebe Ihnen das Wort eines Kernassy.«
Der Älteste fand wahrscheinlich nichts dabei, Bauernkinder abzuschlachten, um seinen roten Durst zu löschen, aber eine Frau würde er nicht ohne Begleitung in der Stadt herumlaufen lassen. Es war leichter, sich darauf einzulassen, als es ihm auszureden.
Malenka setzte sich weiter in Szene. Immer noch knallten Blitzbirnen, machte die Horde Fotografen und Reporter die reinste Bodenakrobatik. Jetzt vermied Kate es, direkt in die Blitzlichter zu sehen. Kameraleute von der Wochenschau waren dort und rasende Radioreporter. Hatte sie im Picturegoer ein paar Seiten zu viel überblättert? Entweder war Malenka die neue Marilyn Monroe, oder in Rom erfuhr jede Frau, die im Film ein bisschen Haut zeigte, eine solche Behandlung.
»Tangenti sind bezahlt, also wird der Zoll unsere Pässe rasch abfertigen.« Graf Kernassy steuerte Kate an Malenkas Darbietung vorbei zu einer gesitteteren Menge. »Bleiben Sie dicht bei mir, und Sie kommen unter meinem Umhang mit durch.«
Sie brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass er es bildlich gemeint hatte.
Unter den Wartenden war eine hochgewachsene, schlanke Vampirin in einem schicken violetten Zweiteiler und hob eine Hand im dazu passenden Handschuh. Sie trug eine schwarz gerahmte Sonnenbrille und ein Kopftuch mit Chinamuster, als wolle
sie nicht erkannt werden. Ihren schmalen Hals zierte eine zweireihige Perlenkette.
»Dies wird unsere galoppina sein«, sagte Kernassy. »Unsere Schmiererin, wie man bei Ihnen sagt.«
Die Frau nahm die dunkle Brille ab. Sie öffnete erstaunt ihren kleinen Mund und entblößte Piranhazähne.
»Katie Reed«, entfuhr es ihr. »Ach, du liebe Güte!«
Eigentlich hatte Kate gewusst, dass Penelope zum Haushalt des principe gehörte und sich also in Rom aufhielt. Aber da sie sich möglichst wenig mit Penny beschäftigte, wäre sie gar nicht auf die Idee gekommen,
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